Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
a) Definition "Ehewohnung"
Rz. 195
Unter den Begriff der Ehewohnung fallen alle Räumlichkeiten, die die Ehegatten vor ihrer Trennung überwiegend zum gemeinsamen Wohnen benutzt haben bzw. die dafür bestimmt waren. Nebenräume und Grundstücksflächen gehören dazu. Ehewohnung kann eine nicht abgeschlossene Wohneinheit, ein Einzimmerraum, ein möbliertes Zimmer, ein Gartenhaus, ein Wohnmobil oder eine Schiffskajüte sein.
Wenn die Ehegatten ein Ferien- oder Wochenendhaus bzw. eine Zweitwohnung unterhalten, kann es sich dabei um eine (weitere) Ehewohnung handeln, wenn diese nicht nur als vorübergehender Tagesaufenthalt, sondern auch zum Wohnen benutzt wurde. Ob und inwieweit dabei verlangt werden kann, dass diese Zweitwohnung den räumlichen Mittelpunkt des familiären Lebens dargestellt hat und nicht etwa nur zu bestimmten Jahreszeiten bewohnt wurde, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
Auf die rechtlichen Grundlagen der Nutzung der Ehewohnung, also insbesondere auf die konkrete Gestaltung der Eigentumsverhältnisse oder eines Mietvertrages, kommt es nicht an.
b) Feststellung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung
Rz. 196
Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Überlassung der Ehewohnung variieren je nach den Rechtsverhältnissen an der Ehewohnung:
aa) Miteigentum
Rz. 197
Wenn die Ehewohnung im Miteigentum der Ehegatten steht, gilt die Grundvorschrift des § 1568a Abs. 1 BGB.
Der Anspruch auf Überlassung der Ehewohnung setzt also voraus, dass der anspruchstellende Ehegatte auf der Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße auf die Nutzung der Ehewohnung angewiesen ist als der andere Ehegatte. Anspruchsvoraussetzung kann darüber hinaus sein, dass die Überlassung aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht.
Beide Ehegatten können nach § 1568a Abs. 5 BGB im Falle der Überlassung der Ehewohnung an einen der Miteigentümer-Ehegatten verlangen, dass ein Mietverhältnis zu den ortsüblichen Bedingungen abgeschlossen wird. Dieses Mietverhältnis kann nach § 1568a Abs. 5 S. 2 BGB befristet werden, wenn die Begründung eines unbefristeten Mietverhältnisses unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters, also hier des weichenden Miteigentümer-Ehegatten, unbillig ist oder die Voraussetzungen des § 575 Abs. 1 BGB vorliegen, unter denen der Abschluss eines Zeitmietvertrages zulässig ist.
Diese Voraussetzungen werden für den Miteigentümer-Ehegatten aber nur selten begründet werden können.
§ 575 Abs. 1 Ziff. 1 BGB (Eigenbedarf) scheidet aus, weil die Bedarfsprüfung im Rahmen des Wohnungszuweisungsverfahrens gerade für den anderen Ehegatten ausgefallen ist; Ziffer 2 (vorgesehene Umbaumaßnahmen) setzt ohnehin Mitwirkung und Zustimmung des anderen Miteigentümer-Ehegatten voraus.
In Betracht kommt also allenfalls Ziffer 3, d.h. die Absicht, die Räume an einen Mitarbeiter zu vermieten.
bb) Alleineigentum
Rz. 198
Besteht Alleineigentum eines Ehegatten an der Ehewohnung, gilt § 1568a Abs. 2 BGB.
Der andere Ehegatte kann die Überlassung nur verlangen, wenn dies dringend notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Die Regelungen gelten selbstverständlich auch, wenn ein Ehegatte alleine Wohnungseigentum oder ein Dauerwohnrecht hat, § 1568a Abs. 2 S. 2 BGB.
Wird ein Überlassungsanspruch an den anderen Ehegatten aus Billigkeitsgründen zuerkannt, gilt wiederum § 1568a Abs. 5 BGB. Jeder der Ehegatten kann die Begründung eines Mietverhältnisses, im Zweifel die ortsübliche Vergleichsmiete, verlangen. Das Mietverhältnis kann aus Billigkeitsgründen oder unter den Voraussetzungen des § 575 Abs. 1 BGB zeitlich befristet werden.
In dieser Fallkonstellation wird die Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters sehr viel eher als bei Miteigentum der Ehegatten zu einer Befristung des Mietverhältnisses führen können.
cc) Ehewohnung im Miteigentum eines Ehegatten mit einem Dritten
Rz. 199
Hat nur ein Ehegatte Eigentum (oder Nießbrauch, Erbbaurecht, dingliches Wohnrecht) an der Ehewohnung, aber zusammen mit einem Dritten, gilt § 1568a Abs. 2 BGB.
Der an der Ehewohnung nicht dinglich berechtigte Ehegatte kann deren Überlassung nur verlangen, wenn dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Wird die Ehewohnung aus Gründen der Billigkeit dem nicht dinglich berechtigten Ehegatten überlassen, haben alle drei Beteiligten nach § 1568a Abs. 5 BGB das Recht, den Abschluss eines Mietvertrages zu verlangen. Der Mietvertrag ist auch in diesem Fall im Zweifel unbefristet, aber unter den Voraussetzungen des § 575 Abs. 1 BGB oder aus Gründen der Unbilligkeit zu befristen. Im Zweifel wird die ortsübliche Vergleichsmiete geschuldet.
dd) Dienst- oder Werkwohnung
Rz. 200
Handelt es sich um eine Dienst- oder Werkwohnung, ist festzustellen, mit welchem Ehegatten das Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis besteht, das Grund für die Überlassung der Wohnung gewesen ist, und ob das Dienst- oder Arbeitsverhältnis fortbesteht. Nach ...