Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 154
Ist die Ehe endgültig gescheitert, findet danach ein Zugewinnausgleich nicht – mehr – statt. Gescheitert ist eine Ehe nach dem Gesetz endgültig erst, wenn ein Scheidungsverfahren mit rechtskräftigem Scheidungsbeschluss abgeschlossen ist. Zuvor ist es immer noch – wenn auch theoretisch – denkbar, dass sich die Beteiligten wieder versöhnen.
Diese Sichtweise ist jedoch eine rein formale Auffassung einer Ehe. Haben beide Ehepartner nach Ablauf der notwendigen Trennungszeit jeweils Scheidungsantrag gestellt bzw. dem Scheidungsantrag des anderen zugestimmt und liegen die Voraussetzungen zur Scheidung vor, ist es eine ausschließlich formale Frage, wann die Rechtskraft der Scheidung eintritt.
Die Rechtsfolge sollte aber nicht vom Zufall abhängig sein, ob eine Ehe bereits rechtskräftig geschieden ist oder die Rechtskraft noch auf sich warten lässt. Es ist nicht vorstellbar, dass im Falle des Ablebens eines der Beteiligten nach dessen Willen zu diesem Zeitpunkt Zugewinnausgleichsansprüche des überlebenden "Noch-Ehegatten" gegeben sein sollen. Mit der Beendigung der Ehe durch Scheidung ist in der Regel nicht der formale Akt des Scheidungsbeschlusses gemeint, sondern der Zeitpunkt des endgültigen Scheiterns der Ehe, wie ihn § 1933 BGB vorsieht.
Rz. 155
Trotz der Formulierung "Beendigung auf andere Weise als den Tod" ist deshalb ein solcher Ehevertrag dahingehend auszulegen, dass mit der Scheidung, auf die sich die Formulierung bezieht, ein Scheitern i.S.d. § 1933 BGB gemeint ist. Nach § 1933 BGB ist das Erbrecht des überlebenden Ehegatten und das Recht auf den sog. Voraus ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte. Dies führt bei der gesetzlichen Erbfolge zum Wegfall des Ehegattenerbrechts.
Voraussetzungen: Zum Zeitpunkt des Todes muss ein Scheidungsantrag bei Gericht eingereicht und/oder dem Scheidungsantrag des Ehegatten zugestimmt worden sein (§ 1566 Abs. 1 BGB) und es müssen die jeweiligen Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe zum Zeitpunkt des Todes vorgelegen haben.
(1) Formelle Voraussetzungen nach § 1933 BGB
Rz. 156
Ist der Verstorbene der Antragsteller des Scheidungsverfahrens gewesen, muss das Verfahren, dies ist erste Voraussetzung, vor seinem Ableben rechtshängig geworden sein. Es muss also der Scheidungsantrag dem Ehegatten zugestellt worden sein, §§ 124, 133 FamFG i.V.m. § 253 ZPO.
Hinweis
Die Einreichung – und auch Zustellung – lediglich eines auf ein Scheidungsverfahren bezogenen Verfahrenskostenhilfeantrags reicht nicht aus. Mit der Beantragung von Verfahrenskostenhilfe wird nur dieser Antrag, nicht der Sachantrag, rechtshängig gemacht, auf den sich das Ersuchen bezieht.
Rz. 157
Zweite Voraussetzung ist die Erfüllung der formellen Zulässigkeitsvoraussetzungen nach §§ 124, 133 FamFG. Dies bedeutet, dass zwingend bestimmte – formelle – Angaben im Scheidungsantrag enthalten sein müssen:
(1) |
Namen und Geburtsdaten der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder sowie die Mitteilung ihres gewöhnlichen Aufenthalts, § 133 Abs. 1 Nr. 1 FamFG; |
(2) |
die Erklärung, ob die Ehegatten eine Regelung über die elterliche Sorge, den Umgang und die Unterhaltspflicht gegenüber den gemeinschaftlichen minderjährigen Kindern sowie die durch die Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht, die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und an den Haushaltsgegenständen getroffen haben, § 133 Abs. 1 Nr. 2 FamFG; |
(3) |
die Angabe, ob Familiensachen, an denen beide Ehegatten beteiligt sind, anderweitig anhängig sind, § 133 Abs. 1 Nr. 3 FamFG. |
Fehlen Erklärungen zu den drei notwendigen inhaltlichen Bereichen, ist der Scheidungsantrag unzulässig.
Hinweis
"Vergisst" der beauftragte Rechtsanwalt eine der Angaben und verstirbt sein beteiligter Ehegatte, haftet der Anwalt für die etwaigen erbrechtlichen Folgen der Säumnis.
Zwar hat das Gericht den Antragsteller auf eine unterbliebene Erklärung hinzuweisen, § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 139 Abs. 3 ZPO. Stirbt der Antragsteller jedoch vor der Nachholung, führt dies nicht mehr zur Heilung.
Beispiel
Ein reicher Unternehmer (80 Mio. EUR schwer) lernt auf dem Flug in die Schweiz eine Stewardess kennen, die er auf ihr Bitten spontan heiratet, bevor man sich näherkommt. Ein Ehevertrag wird nicht geschlossen. Am nächsten Tag verstirbt er.
Folgen:
Sie erbt insges. 40 Mio. EUR, 20 Mio. aus § 1931 Abs. 1 BGB, 20 Mio. aus § 1371 Abs. 1 BGB.
Abwandlung:
Nach einiger Zeit versteht man sich nicht mehr. Es wird ein – zulässiger – Scheidungsantrag gestellt. Inzwischen hat er einen Zugewinn von 1 Mio. EUR erwirtschaftet.
Folgen:
Ausschluss nach § 1933 BGB, Anspruch auf hälftigen Zugewinn: 500.000 EUR.
Rz. 158
Ist der Erblasser im Scheidungsverfahren Antragsgegner, muss er, dies ist dritte Vorauss...