Sachverhalt:
Die Eheleute Dörte und Martin B. wenden sich an Sie als Notar/Notarin und erklären: Wir sind seit 2005 miteinander verheiratete Eheleute. Aus unserer Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. Wir wünschen die Übertragung unserer Eigentumswohnung im Wert von 100.000 EUR, die uns zu gleichen Teilen gehört, auf die Ehefrau.
Dabei soll der Zugewinn, der in unserer Ehe entstanden ist, in die Ausgleichsberechnung einbezogen werden.
Ich, der Ehemann, war zu Beginn der Ehe mit 80.000 EUR verschuldet. Diese Schulden sind bis auf 10.000 EUR abgebaut. Vermögen besitze ich außer einem Lebensversicherungsvertrag auf Rentenbasis nicht. Die Lebensversicherung weist einen Rückkaufwert incl. unverfallbarer Gewinnanwartschaften in Höhe von 20.000 EUR auf. Gemeinsam besitzen wir einen gemeinsam privat genutzten Pkw im Wert von 20.000 EUR bei dem ich, der Ehemann, als Halter eingetragen bin. Das Restdarlehen für den Pkw valutiert noch in Höhe von 5.000 EUR.
Ich, die Ehefrau, habe zu Beginn der Ehe über ein Sparguthaben in Höhe von 30.000 EUR verfügt. Das haben wir während unserer Ehe verwendet, um die vorehelichen Schulden meines Mannes abzubauen. Auch ich verfüge über einen Lebensversicherungsvertrag mit einem entsprechenden Wert von 20.000 EUR, jedoch auf Kapitalbasis, für das ich ein Rentenwahlrecht habe. Dies habe ich bisher nicht ausgeübt. Ich besitze noch ein Mofa im Wert von 500 EUR.
Die Eheleute bitten Sie, den Übertragungsvertrag an die Ehefrau zu entwerfen und dabei als Gegenleistung denjenigen Wert einzusetzen, der sich unter Berücksichtigung der Zugewinnausgleichsansprüche ergibt.
Bestimmen und erläutern Sie den von Ihnen einzusetzenden Wert.
Lösung:
Zugewinn Ehemann |
Anfangsvermögen Ehemann |
|
Voreheliche Schulden |
– 80.000 EUR |
Endvermögen Ehemann |
½ Anteil Eigentumswohnung |
50.000 EUR |
Restschulden |
– 10.000 EUR |
Endvermögen insgesamt |
40.000 EUR |
Abzüglich Anfangsvermögen |
– 80.000 EUR |
Zugewinn |
120.000 EUR |
Erläuterung:
1. Verbindlichkeiten sind in vollem Umfang vom Vermögen abzuziehen. Lediglich "Zuverlust" statt Zugewinn in der Saldierung ist nicht auszugleichen und wird mit 0 bewertet.
2. Die Lebensversicherung auf Rentenbasis ist Teil des Versorgungsausgleichs. Sie ist bei der Bestimmung der zu übertragenden Rentenanwartschaften im Scheidungsfall von Amts wegen zu berücksichtigen.
3. Ein privat genutzter Pkw ist Haushaltsgegenstand und ist deshalb nicht im Rahmen des Zugewinnausgleichs zu berücksichtigen, sondern bei der Verteilung der gemeinsamen Haushaltsgegenstände einzubeziehen. Die Zuordnung ist davon unabhängig, wer Halter des Fahrzeugs ist.
Zugewinn Ehefrau |
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Anfangsvermögen |
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Sparguthaben |
30.000 EUR |
Endvermögen |
|
½ Anteil Eigentumswohnung |
50.000 EUR |
Lebensversicherung |
20.000 EUR |
Endvermögen insgesamt |
70.000 EUR |
Abzüglich Anfangsvermögen |
30.000 EUR |
Zugewinn |
40.000 EUR |
Erläuterung:
1. Die Ehefrau hat zwar ihr Anfangsvermögen verwendet, um die Schulden des Ehemannes abzubauen. Eine Rückforderung des Gesamtbetrages von 30.000 EUR ist aber nur nach den Grundsätzen zur Rückforderung erbrachter Zuwendungen nach bereicherungsrechtlichen Vorschriften möglich. Eine Rückforderung ist aber nur dann möglich, wenn die Zuwendung "im Vertrauen auf den Fortbestand der Lebensgemeinschaft" getätigt wurde. Dies bedarf aber einer entsprechenden Zweckabrede anlässlich der Zuwendung. An einer solchen Zweckabrede fehlt es im Regelfall, auch im vorliegenden Fall. Ausnahmsweise gilt etwas anderes, wenn es sich um bedeutsame Zuwendungen handelt; davon ist hier nicht auszugehen. Eine andere Lösung dieser Frage im Rahmen der Klausur ist aber in gleicher Weise akzeptabel. Dann müsste der volle Betrag zugunsten der Ehefrau berücksichtigt werden und nicht nur der im Wege des Zugewinnausgleichs entstehende hälftige Anspruch.
2. Die Lebensversicherung ist im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen, da sie – bisher – auf Kapitalbasis abgeschlossen ist.
3. Das Mofa gehört zu den – übrigens nicht verteilungsfähigen – Haushaltsgegenständen. Fahrräder, ebenso Fahrräder mit Hilfsmotor oder sog. Elektrofahrräder, da solche Gegenstände zum persönlichen Gebrauch bestimmt sind.
Berechnung der Gegenleistung zur Übertragung des ½ Anteils:
Zugewinnausgleich |
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Zugewinn Ehemann |
120.000 EUR |
Zugewinn Ehefrau |
40.000 EUR |
Differenz |
80.000 EUR |
½ Anspruch Ehefrau |
40.000 EUR |
Übertragung ½ Anteil Ehewohnung: |
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Wert Wohnung |
50.000 EUR |
Anspruch Zugewinn Ehefrau |
40.000 EUR |
Verbleibender Betrag |
10.000 EUR |
Die Gegenleistung für die Übertragung des ½ Anteils der Eigentumswohnung lautet daher auf 10.000 EUR.
Gleichzeitig ist von den Eheleuten der Verzicht auf die Geltendmachung weiterer Zugewinnausgleichsansprüche – auch für die Zukunft – zu erklären oder alternativ ggf. auch in derselben Urkunde Gütertrennung zu vereinbaren...