Zusammenfassung
Ist die Ehescheidung unvermeidlich, wird – wenn nicht etwas anderes vereinbart war – der Zugewinnausgleich durchgeführt. Diese besondere Form der Vermögensauseinandersetzung kann vor allem dann "spannend" sein, wenn Grundbesitz vorhanden ist. Die am 1.9.2009 in Kraft getretene Reform des Güterrechts hat viele Neuerungen mit sich gebracht.
1 Gleiche Teilhabe am Gewinn
Gegenüberstellung der Vermögen
Scheiden tut weh – auch weil sich die Ehegatten in der Regel hinsichtlich ihres Vermögens auseinandersetzen müssen: Im Fall der Ehescheidung ist auf Antrag eines Ehegatten der Zugewinn real auszugleichen.
Hierzu werden die beiderseitigen Vermögensmassen der Eheleute gegenübergestellt. Derjenige Ehegatte, dessen Endvermögen (= Vermögen am Ende des Güterstands) sein Anfangsvermögen (= Vermögen zu Beginn des Güterstands) übersteigt, hat in der Ehezeit einen Zugewinn in Höhe des Differenzbetrags erzielt. Übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den des anderen, so hat der Erstere die Hälfte des Unterschiedsbetrags als Zugewinnausgleich an den anderen zu zahlen.
So funktioniert der Zugewinnausgleich grundsätzlich
Die Ehefrau bringt in die Ehe ein Grundstück im Wert von 25.000 EUR als einzigen Vermögenswert ein; der Ehemann demgegenüber Bargeld in Höhe von 5.000 EUR. Nach 10 Jahren wird die Ehe geschieden. Das Grundstück hat jetzt einen Wert von 50.000 EUR; weitere Vermögenswerte besitzt die Ehefrau nicht. Dem Ehemann gehören jetzt eine Briefmarkensammlung im Wert von 20.000 EUR und ein Bausparguthaben in Höhe von 40.000 EUR. Der Zugewinn der Frau beträgt 25.000 EUR (50.000 EUR Endvermögen abzüglich 25.000 EUR Anfangsvermögen), der des Mannes 55.000 EUR (60.000 EUR Endvermögen abzüglich 5.000 EUR Anfangsvermögen). Der Zugewinn des Mannes übersteigt den Zugewinn der Frau um 30.000 EUR. Er muss folglich 15.000 EUR, die Hälfte des Unterschiedsbetrags, als Zugewinnausgleich zahlen.
In der Praxis gestalten sich die Fälle meist komplizierter – erst recht, wenn nunmehr auch negatives Anfangsvermögen berücksichtigt wird.
Geldforderung
Die Zugewinnausgleichsforderung ist grundsätzlich nur auf Geld gerichtet. Eine anderweitige Vereinbarung über die Form des Ausgleichs ist zwischen den Ehegatten möglich und gerade bei vorhandenem Grundbesitz durchaus sinnvoll, da sonst die Gefahr der Zerschlagung des Grundbesitzes besteht.
Vertragliche Vereinbarungen
Diese Grundsätze für den Zugewinnausgleich stehen unter dem Vorbehalt, dass die Ehegatten nicht durch notariellen Ehevertrag eine abweichende Regelung getroffen und etwa bestimmte Vermögensgegenstände vom Zugewinnausgleich ausgeschlossen haben. Nach der Güterrechtsreform sind hier einige Besonderheiten zu beachten.
2 Reform des Güterrechts
Zahlreiche Neuerungen
Am 1.9.2009 trat das Gesetz zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts in Kraft. Es brachte im Zugewinnausgleichsrecht einige neue Regelungen, die den Ausgleich "gerechter" machen sollen.
Das bisherige Grundkonzept des Zugewinnausgleichs blieb dabei aufrechterhalten, da es sich auch in der Praxis bewährt hat.
Das hat sich beim Zugewinnausgleich seit 1.9.2009 geändert
Besonderheiten
Im Wesentlichen geht es um folgende Neuerungen:
- Nunmehr sind negatives Anfangs- und negatives Endvermögen zu berücksichtigen.
- Die Kappungsgrenze bezüglich der Höhe der Ausgleichsforderung hat sich geändert.
- Die Auskunftspflichten wurden erweitert.
- Der vorzeitige Zugewinnausgleich wurde erleichtert.
- Zur Sicherung der Ausgleichsforderung hat der Arrest an Bedeutung gewonnen.
Mit der Güterrechtsnovelle wurde auch eine Neufassung der Wohnungsüberlassung nach Scheidung der Ehe und der Aufteilung der Haushaltsgegenstände (früher: Hausrat) vorgenommen. Insoweit wurde die Hausratsverordnung aufgehoben und in modifizierter Fassung in das BGB (§§ 1568a und b BGB) und das neue FamFG integriert.
Weitere Reform nötig?
Der beabsichtigte "große Wurf" im Familienrecht ist mit diesem Gesetz nach Einschätzung mancher Fachleute nicht gelungen.
Besonders kritisiert werden die Regelungen zu dem negativen Anfangsvermögen (§ 1374 Abs. 3 BGB) sowie der Auskunft zum Trennungszeitpunkt (§ 1379 Abs. 2 i. V. m. § 1375 Abs. 2 BGB). Insofern erscheint eine "Reform der Reform"nicht ausgeschlossen.