Was gehört zum Anfangsvermögen?
Das Anfangsvermögen umfasst alle dem Ehegatten am Stichtag zustehenden rechtlich geschützten Positionen mit wirtschaftlichem Wert, also auch alle ihm zustehenden objektiv bewertbaren Rechte, die beim Eintritt des Güterstands bereits entstanden sind. Hierzu zählen auch geschützte Anwartschaften und vergleichbare Rechtsstellungen, die einen Anspruch auf künftige Leistung gewähren.
Zurechnung bestimmter Vermögensgegenstände
Grundbesitz, den die Eheleute vor der Ehezeit rechtsgeschäftlich oder im Wege der Erbfolge erworben haben, zählt zum Anfangsvermögen des betreffenden Ehegatten. Desgleichen wird Grundbesitz, den ein Ehegatte während der Ehezeit von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erhält, nach Abzug eventueller Verbindlichkeiten seinem Anfangsvermögen hinzugerechnet. Diese Aufzählung ist abschließend.
Durch diesen Mechanismus wird der Erwerb im Ergebnis aus dem auszugleichenden Vermögenszuwachs während der Ehe ausgenommen. Hintergrund der Regelung ist, dass Erwerb auf dieser Basis in aller Regel in keinem inneren Zusammenhang mit der ehelichen Lebensgemeinschaft steht, sondern allein auf den persönlichen Beziehungen des einen Ehegatten beruht.
Schenkung
Der Begriff der Schenkung i. S. v. § 1374 Abs. 2 BGB entspricht einer Vermögensbewegung i. S. v. § 516 Abs. 1 BGB. Sie setzt eine Zuwendung voraus, durch die der Schenker die Substanz seines Vermögens vermindert und das Vermögen des Beschenkten entsprechend vermehrt, wobei beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Bei gemischten Schenkungen ist nur der unentgeltliche Teil dem Anfangsvermögen hinzuzurechnen.
Erwerb von Todes wegen
Als Erwerb von Todes wegen gilt der Erwerb aufgrund gesetzlicher oder testamentarischer Erbfolge, durch Erbvertrag oder aufgrund eines Vermächtnisses oder eines Pflichtteils sowie der aufgrund einer Erbauseinandersetzung erlangte Grundbesitz. Eine Verfügung zugunsten Dritter für den Todesfall erfüllt die Voraussetzung des § 1374 Abs. 2 BGB. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung des Erwerbs von Todes wegen ist der Anfall der Erbschaft.
Zukünftiges Erbe
Ein Erwerb mit Rücksicht auf ein zukünftiges Erbe erfordert nicht, dass der Erwerbende aktuell schon Erbe wäre. Es genügt, wenn die Zuwendung einen zukünftigen Erbgang nach der Vorstellung der Beteiligten vorwegnehmen soll, was insbesondere anhand von objektiven Indizien festgestellt werden kann (z. B. typische Nebenabsprachen bei Grundstückszuwendungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge wie Vereinbarungen eines Wohnrechts der Übertragenden oder Ausgleichszahlungen an Geschwister).
Kompliziert wird es, wenn ein Ehegatte während der Ehezeit Immobilieneigentum im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erhalten und hierfür Gegenleistungen erbracht hat.
Immobilienerwerb auf Raten
Die Eheleute stritten über den Ausgleich ehelichen Zugewinns, insbesondere um die Bewertung des im Wege der vorweggenommenen Erbfolge in 2 Teilschritten auf den Ehemann übertragenen Grundbesitzes. Zunächst war ihm das hälftige Miteigentum an dem Familienheim übertragen worden; im Gegenzug hatte er auf seinen Gesellenlohn im väterlichen Betrieb verzichtet. Bei Erhalt der 2. Miteigentumshälfte einige Jahre später übernahm er eine Verpflichtung zur "Hege und Pflege" seiner Mutter.
Hier ist die 1. Teilübertragung nicht als privilegiert i. S. d. § 1374 Abs. 2 BGB anzusehen, weil sie aufgrund des Lohnverzichts nicht unentgeltlich erfolgt war. Wegen der Feststellung des Gegenwertes der übernommenen Pflegeverpflichtung kann auf die Maßstäbe der im Jahr 1995 eingeführten Pflegeversicherung und damit der Leistungskomplexe nach SGB XI zurückgegriffen werden. Für Zeiträume vor 1995 muss auf den von den Parteien erwarteten täglichen Zeitaufwand abgestellt werden.
Darlegungslast
Grundsätzlich ist derjenige, der sich auf den privilegierten Erwerb beruft, in vollem Umfang darlegungs- und beweisbelastet für dessen Voraussetzungen. So hat der Beschenkte im Fall des Streits um eine Schenkung im Einzelnen darzulegen und zu beweisen, dass sämtliche Voraussetzungen der §§ 516 ff. BGB für ein wirksames Schenkungsversprechen vorliegen. Das gilt allerdings nicht bei einem Bestreiten des Erwerbs "ins Blaue hinein". Will ein Ehegatte die erbenrechtliche Stellung des anderen Ehegatten bestreiten und hatte er diese Stellung während des Zusammenlebens über Jahre hinweg nie in Zweifel gezogen, so ist sein qualifiziertes Bestreiten geboten.
Liegen die Zuwendung oder die Erbschaft längere Zeit zurück, bestehen oft Beweisschwierigkeiten. Hier kann man sich bei Behörden Unterlagen beschaffen (z. B. Erbschaftsteuererklärung, Erbschaftsteuerbescheid) oder die Nachlassakte beiziehen.