A. Die Leistung der Rechtsschutzversicherung

 

Rz. 1

In § 1 der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB), quasi als Generalklausel für die Rechtsschutzversicherung, ist die Leistung definiert, die die Rechtsschutzversicherung als Schadensversicherer zu erbringen hat.

 

Rz. 2

Aufgabe der Rechtsschutzversicherung ist es, "die für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers oder des Versicherten erforderlichen Leistungen im vereinbarten Umfang (Rechtsschutz) zu erbringen" (§ 1 ARB 2010).

Mit der Änderung der Wortwahl "erbringt … Leistungen" wird der Dienstleistungscharakter der Rechtsschutzversicherung stärker betont.

 

Rz. 3

Diese zunächst abstrakt definierte Leistungspflicht des Rechtsschutzversicherers als Sachversicherer wird dann in weiteren Bestimmungen der ARB konkretisiert, so z.B., wie nachstehend (siehe Rn 4 ff.) behandelt, in § 17 Abs. 3 ARB 2010 die Benennung und Beauftragung des Rechtsanwaltes.

B. Die Anwaltswahl

I. Grundsatz der freien Anwaltswahl

 

Rz. 4

In § 127 Abs. 1 VVG (§ 158m Abs. 1 VVG a.F.) ist zwingend das Recht der freien Anwaltswahl geregelt.

Das Verfahren zur Beauftragung des Anwaltes entsprechend dem Grundsatz der freien Anwaltswahl ist im Einzelnen in § 17 Abs. 3 ARB 2010 geregelt. Hiernach sind drei Fallgestaltungen zu unterscheiden, nämlich:

Benennung und Beauftragung des Rechtsanwaltes durch den Versicherungsnehmer (§ 17 Abs. 3 ARB 2010)
Beauftragung des Rechtsanwaltes auf Verlangen des Versicherungsnehmers
Benennung des Rechtsanwaltes durch die Rechtsschutzversicherung, wenn der Versicherungsnehmer keinen Anwalt benennt und die alsbaldige Beauftragung eines Rechtsanwaltes notwendig erscheint.

Zum Grundsatz der freien Anwaltswahl vgl. die Ausführungen in § 3 dieses Buches (siehe § 3 Rn 8).

II. Benennung des Rechtsanwaltes durch den Versicherungsnehmer

 

Rz. 5

In der Praxis überwiegt heute die unmittelbare Auftragserteilung durch den Versicherungsnehmer. Dieses Recht des Versicherungsnehmers, seinerseits einen Anwalt zu benennen, ist in § 17 Abs. 3 ARB 2010 geregelt. Hiernach kann der Versicherungsnehmer, wenn die Wahrnehmung rechtlicher Interessen nach Eintritt eines Rechtsschutzfalles erforderlich wird, den zu beauftragenden Rechtsanwalt aus dem Kreis der Rechtsanwälte auswählen. Diese Regelung beinhaltet das Recht des Versicherungsnehmers zur freien Wahl eines Rechtsanwaltes im Einklang mit der Regelung des § 3 Abs. 3 BRAO. In dieser Vorschrift ist statuiert, dass jedermann im Rahmen der Gesetze das Recht hat, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art beraten und vertreten zu lassen. Anerkannt ist die Befugnis des Rechtsuchenden, sich den Rechtsanwalt selbst auszusuchen.

III. Speziell: Auswahlrecht für Notare sowie Angehörige steuerberatender Berufe

 

Rz. 6

Beim Rechtsschutzfall, der eine Beratung zum Gegenstand hat, gilt das Auswahlrecht gem. § 5 Abs. 6 ARB 2010 entsprechend für Notare sowie Angehörige steuerberatender Berufe.

Im Auslandsschadenfall gilt dieses Benennungsrecht gem. § 5 ARB Abs. 6 lit. c ARB 2010 ebenfalls für ausländische rechts- und sachkundige Bevollmächtigte.

IV. Beauftragung des Rechtsanwaltes durch Rechtsschutzversicherung

 

Rz. 7

Gemäß der Regelung des § 17 Abs. 3 lit. a ARB 2010 wählt die Rechtsschutzversicherung einen Rechtsanwalt aus, wenn der Versicherungsnehmer dies verlangt, sowie (gem. § 17 Abs. 3 lit. b ARB 2010) in dem Fall, in dem der Versicherungsnehmer keinen Rechtsanwalt benennt und dem Versicherer die alsbaldige Beauftragung eines Rechtsanwaltes notwendig erscheint.

Die vorstehend wiedergegebene Regelung beinhaltet ein Beauftragungsrecht der Rechtsschutzversicherung.

 

Rz. 8

In § 17 Abs. 4 ARB 2010 ist klargestellt, dass in dem Fall, in dem der Versicherungsnehmer den Rechtsanwalt nicht selbst beauftragt hat, dieser von der Rechtsschutzversicherung im Namen des Versicherungsnehmers beauftragt wird.

Weiter beinhaltet diese Regelung die Klarstellung, dass die Rechtsschutzversicherung für die Tätigkeit des Rechtsanwaltes nicht verantwortlich ist.

V. Anwaltsempfehlung durch Rechtsschutzversicherung

 

Rz. 9

Als Konsequenz aus der seitens der Rechtsschutzbranche in immer stärkerem Maße angestrebten Kooperation mit einem bestimmten Anwalt oder bestimmten Anwaltskanzleien folgt, dass die Rechtsschutzversicherungen in der Praxis häufig bestimmte Anwaltskanzleien empfehlen. Dies ist unter bestimmten Voraussetzungen nicht zu beanstanden.

In der Praxis ist es inzwischen so, dass fast alle Rechtsschutzversicherer ein Netz von kooperierenden Anwälten aufgebaut haben und diese vorrangig empfehlen. Hierbei wird selbstverständlich der Versicherungsnehmer immer darauf hingewiesen, dass er das Recht der freien Anwaltswahl hat.

 

Rz. 10

Die unverbindliche Empfehlung einer bestimmten Rechtsanwaltskanzlei durch den Rechtsschutzversicherer im Rahmen einer Deckungszusage gegenüber dem Versicherungsnehmer ist weder standesrechtlich noch wettbewerbsrechtlich zu beanstanden, wenn die empfohlene Rechtsanwaltskanzlei im einschlägigen Rechtsgebiet über Erfahrungen verfügt und/oder vom Rechtsschutzversicherer in der jeweiligen Rechtsfrage für kompetent erachtet wird. Dies gilt auch, wenn zwischen dem Rechtsschutzversicherer und der empfohlenen Rechtsanwaltskanzlei eine (zulässige) Gebührenvereinbarung für Ordnungswidrigkeiten und Strafverfahren besteht.[1]

 

Rz. 11

In dem vom LG Bremen[2] entschiedenen Fall hatte...

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