Rz. 42
Während des bestehenden Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitnehmer grundsätzlich verpflichtet, jedwede Konkurrenztätigkeit zu Lasten seines Arbeitgebers zu unterlassen. Dieses Wettbewerbsverbot bedarf keiner arbeitsvertraglichen Vereinbarung, sondern folgt aus der dem Arbeitnehmer obliegenden Treuepflicht und beruht auf § 60 Abs. 1 HGB, der auf kaufmännische Angestellte unmittelbar, auf die übrigen Arbeitnehmer entspr. anzuwenden ist. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitnehmer, der sich nicht durch eine zulässige Wettbewerbsvereinbarung nach §§ 74 ff. HGB gebunden hat, hingegen frei, in Wettbewerb zu seinem früheren Arbeitgeber zu treten.
Rz. 43
Verstöße gegen das Wettbewerbsverbot muss der Arbeitgeber alsbald unterbinden können. Wegen der mit einer Unterlassungsklage verbundenen Verfahrensdauer ist er auf einstweiligen Rechtsschutz angewiesen. Effektiver Rechtsschutz lässt sich häufig allein auf diesem Weg erreichen. Einstweilige Verfügungen auf Unterlassung von Wettbewerbsverstößen werden deshalb von der Rspr. im Grundsatz als zulässig anerkannt. Dabei handelt es sich um Leistungsverfügungen, die über die Sicherungsfunktion des § 940 ZPO hinausgehen und dazu führen, dass der Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers – zumindest vorübergehend – erfüllt wird.
Rz. 44
Der Verfügungsanspruch auf Unterlassung setzt neben dem bestehenden Arbeitsverhältnis oder einem nach §§ 74 ff. HGB zulässigen, nachvertraglichen Wettbewerbsverbot erhebliche Indizien für tatsächliche oder geplante Wettbewerbsverstöße voraus. Der Arbeitgeber muss deshalb eine konkrete Besorgnis der Verletzung darlegen und glaubhaft machen. Darüber hinaus kann nur eine ganz konkrete Wettbewerbstätigkeit untersagt werden. Damit wird ein weit gefasster Verfügungsantrag nicht ausgeschlossen, der sich nach den Umständen des Einzelfalles auch auf jegliche Tätigkeit für ein bestimmtes oder mehrere näher bezeichnete Konkurrenzunternehmen beziehen kann.
Rz. 45
Das auf die Treuepflicht des Arbeitnehmers bzw. auf § 60 Abs. 1 HGB gestützte Wettbewerbsverbot gilt während der Dauer des rechtlichen Bestandes des Arbeitsverhältnisses – also bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, auch wenn der Arbeitnehmer freigestellt worden ist. Darüber hinaus ist der Arbeitnehmer an das Wettbewerbsverbot gebunden, solange er aufgrund des allgemeinen oder des betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruchs tatsächlich weiter beschäftigt wird.
An das vertragliche Wettbewerbsverbot soll der Arbeitnehmer, der Kündigungsschutzklage erhoben hat, auch im Falle fristloser Kündigung oder nach Ablauf der Kündigungsfrist gebunden bleiben. Das BAG begründet dies mit dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Der Arbeitgeber, der an der Kündigung festhält, den Arbeitnehmer aber ohne nachvertragliches Wettbewerbsverbot auf Unterlassung in Anspruch nimmt, handelt jedoch gleichermaßen widersprüchlich. Überdies trägt er das Risiko unwirksamer Kündigung.
Rz. 46
Besteht aufgrund einer vom Arbeitnehmer erklärten außerordentlichen Kündigung Streit darüber, ob das Arbeitsverhältnis beendet ist oder fortbesteht, muss der Arbeitgeber, der eine auf Wettbewerbsunterlassung gerichtete Leistungsverfügung beantragt, darlegen und glaubhaft machen, dass die Kündigung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unwirksam ist.
Rz. 47
Mit der Unterlassungsverfügung wird die Hauptsache vorweggenommen und eine Entscheidung getroffen, die nach ihrer Vollziehung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Wegen der Endgültigkeit der Verfügung sind an den Verfügungsgrund hohe Anforderungen zu stellen.
Dies gilt umso mehr, als der Schadensersatzanspruch aus § 945 ZPO keinen vollständigen Nachteilsausgleich gewährleistet. Denn dem Arbeitnehmer, dem zu Unrecht bestimmte Tätigkeiten durch einstweilige Verfügung untersagt worden sind, wird es häufig nicht gelingen, den Nachweis zu führen, dass ihm aus der Vollziehung der Verfügung ein konkreter, bezifferbarer Schaden entstanden ist.
Der These, mit den Voraussetzungen des Verfügungsanspruchs werde zugleich der Verfügungsgrund indiziert, ist deshalb nicht zu folgen. Allein in der Verletzung des Wettbewerbsverbots liegt kein ausreichender Verfügungsgrund, der vielmehr erst dann angenommen werden kann, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, dass ihm aus der Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers erhebliche Nachteile drohen. Eine abstrakte Gefährdungslage reicht hierfür aber aus. Es muss nicht dargelegt werden, dass der Arbeitnehmer tatsächlich bereits Abwerbeversuche unternommen oder Geschäftsgeheimnisse preisgegeben hat.
Rz. 48
Aus der Endgültigkeit der Unterlassungsverfügung folgt weiterhin, dass sie nach ihrem Gegenstand auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt bleiben und zeitlich befristet sein muss. Für die Geltungsdauer der Verfügung bietet sich die Zeitspanne an, die benötigt wird, um bei sofortiger Klageerhebung ein erstinstanzliches Urteil in der Hauptsache zu erwirken.