1. Führen eines Kraftfahrzeugs, Var. 1
Rz. 6
Ein Kraftfahrzeug wird geführt, wenn es in bestimmungsgemäßer Weise in Bewegung gesetzt oder gehalten wird. Hier gelten hinsichtlich des Merkmals "Führen" grundsätzlich keine Besonderheiten gegenüber den Ausführungen hierzu in den anderen Delikten. Allerdings muss das Merkmal ausgelegt bzw. eingeschränkt werden.
Rz. 7
"Führen" setzt nach einem Teil der Rechtsprechung nicht unbedingt eigenhändiges Führen voraus.
Diese Auffassung ist abzulehnen, und zwar schon begrifflich. Jedenfalls wenn von "beim Führen" gesprochen wird, kann nur eigenhändiges Führen gemeint sein. Ein Beifahrer führt kein Kraftfahrzeug, wenn er keinerlei Einfluss auf das Führen des Kfz hat.
Rz. 8
Muster 30.2: Kein Führen eines Kraftfahrzeugs
Muster 30.2: Kein Führen eines Kraftfahrzeugs
Mein Mandant hat kein Kraftfahrzeug geführt. Er hatte das Fahrzeug seinem Bekannten _________________________ überlassen. Diesen kennt er bereits seit Jahren und hat ihm schon öfter sein Fahrzeug überlassen. Nie kam es zu Problemen, Herr _________________________ war stets zuverlässig. Am Tattag sagte _________________________ zwar zu meinem Mandanten, er habe zwei Bier getrunken, dem hat mein Mandant aber nichts beigemessen.
Ein Kraftfahrzeug wird geführt, wenn es in bestimmungsgemäßer Weise in Bewegung gesetzt oder gehalten wird.
Schon begrifflich setzt dies voraus, dass das Fahrzeug eigenhändig geführt wird. Mein Mandant hatte, als _________________________ mit dem Fahrzeug fuhr, keinerlei Einfluss auf das Führen des Kfz.
Die Fahrerlaubnis ist daher meinem Mandanten nicht zu entziehen (so auch zutreffend LG Köln NZV 1990, 445; vgl. auch BGH zfs 2003, 95).
2. Bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs, Var. 2
Rz. 9
Hier kommen freilich Verkehrsverstöße in Betracht, gleichfalls solche Taten, bei denen das Kfz zur Durchführung der Tat förderlich war. Letzteres setzt dann aber voraus, dass die Anlasstat tragfähige Rückschlüsse darauf zulässt, dass der Täter bereit ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Interessen unterzuordnen.
Rz. 10
Die Voraussetzungen der Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB können bei "Zusammenhangstaten" danach beispielsweise erfüllt sein, wenn sich der Täter bei einer vergleichbaren früheren Straftat, etwa auf der Flucht, verkehrsgefährdend verhalten hat. Bei Banküberfällen kann die Anordnung nach §§ 69, 69a StGB in Betracht kommen, wenn aufgrund objektiver Umstände bei der Tat mit alsbaldiger Verfolgung und Flucht zu rechnen war und der Täter daher eine verkehrsgefährdende Verwendung des fluchtbereit tatortnah abgestellten Kraftfahrzeugs ersichtlich geplant hat oder mit einer solchen naheliegend rechnen musste. Ebenso dürfte jedenfalls in den Fällen gewaltsamer Entführung des Opfers im Kraftfahrzeug des Täters die Verkehrssicherheit regelmäßig gefährdet sein.
Rz. 11
Ein Täter, der durch die Begehung schwerwiegender oder wiederholter Straftaten zweifellos charakterliche Mängel offenbart, stellt nicht per se zugleich eine Gefahr für die Verkehrssicherheit dar. So liegt dies etwa bei der bloßen Nutzung eines Kraftfahrzeugs zur Suche nach Tatobjekten oder Tatopfern nicht nahe. Auch bei den Kurierfällen, in denen der Täter im Fahrzeug Rauschgift transportiert, sind Belange der Verkehrssicherheit nicht ohne weiteres berührt.
Rz. 12
Muster 30.3: Kein Zusammenhang
Muster 30.3: Kein Zusammenhang
In der Strafsache
gegen _________________________
wegen _________________________
lege ich gegen die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis Beschwerde ein.
Begründung:
Meinem Mandanten wird Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechzehn Fällen vorgeworfen. Teilweise soll er bei der Tatumsetzung ein Kraftfahrzeug genutzt haben, weshalb ihm auf Antrag der Staatsanwaltschaft durch das Amtsgericht – Ermittlungsrichter – die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen wurde, § 111a StPO. Der Ermittlungsrichter meint, mein Mandant habe sich ungeeignet zum Führen eines Kfz erwiesen, da er ein Kfz zur Umsetzung seiner Tat genutzt habe.
Diese Begründung ist rechtlich falsch und unzureichend.
Ungeachtet der Frage der Tatbegehung, zu der mein Mandant weiter schweigt, setzt der (vorläufige) Entzug der Fahrerlaubnis eine "Zusammenhangstat" voraus. Ungeeignetheit im Sinne des § 69 Abs. 1 StGB liegt vor, wenn eine Würdigung der körperlichen, geistigen oder charakterlichen Voraussetzungen und der sie wesentlich bestimmenden objektiven und subjektiven Umstände ergibt, dass die Teilnahme des Tatbeteiligten am Kraftfahrzeugverkehr zu einer nicht hinnehmbaren Gefährdung der Verkehrssicherheit führen würde. Dabei muss sich die Ungeeignetheit gerade aus der verfahrensgegenständlichen Tat bzw. den Taten ergeben (BGH DAR 2003, 128; BGH zfs 2015, 229).
Kommt – wie hier – ausschließlich eine charakterliche Ungeeignetheit in Betracht, muss die Anlasstat selbst tragfähige Rückschlüsse auf die Bereitschaft des Täters zulassen, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Ziel...