A. Allgemeines
Rz. 1
Von zentraler Bedeutung für den Mandanten ist es, die Entziehung der Fahrerlaubnis zu verhindern, die für ihn regelmäßig eine berufliche und wirtschaftliche Härte bedeutet. Bei der Entziehung der Fahrerlaubnis handelt es sich um eine Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 61 Nr. 5 StGB), keine eigenständige Strafe. Die Anordnung dient ausschließlich der Prävention im Hinblick auf die Gefährlichkeit des Täters im Straßenverkehr.
Rz. 2
Hinweis
Wichtig zu wissen ist, dass hieraus gerade nicht folgt, dass die Dauer der Sperrzeit (§ 69a StGB) nach der Schwere der begangenen Straftat zu bemessen ist. Die Dauer der Sperrzeit hängt ausschließlich von der Dauer der voraussichtlichen Ungeeignetheit ab.
B. Tatbestandsmerkmale, Abs. 1
I. Anlasstat
Rz. 3
Aus § 69 Abs. 1 StGB ergibt sich, dass eine sog. Anlasstat Voraussetzung für die Entziehung sein muss. Bei dieser Anlasstat muss ein Tatbezug zum Straßenverkehr bestehen. Die Tat muss nämlich beim Führen eines Kraftfahrzeugs, im Zusammenhang mit dem Führen eines solchen oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen worden sein. In der strafrechtlichen Anlasstat muss sich die fehlende Eignung symptomatisch ausgedrückt haben und der Täter wegen ihr verurteilt worden sein. Der Tatrichter darf nicht solche Umstände bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigen, die unabhängig von der Straftat zu sehen sind (Eignungsmängel) oder erst durch das Tatgeschehen erworben wurden (Verletzungen).
Will das Tatgericht die Fahrerlaubnis entziehen wegen einer Straftat nach § 69 Abs. 1 StGB, also einer solchen Straftat, die nicht im Katalog des Abs. 2 enthalten ist, muss es im Rahmen des Abs. 1 begründen, warum es den Täter für ungeeignet hält, Kraftfahrzeuge zu führen. Dabei muss das Gericht die Tatumstände und die Täterpersönlichkeit jeweils insgesamt würdigen. Das gilt auch mit Blick auf die Dauer einer Sperrfrist gem. § 69a StGB. Diese umfangreiche Würdigung ist sogar bei typischen Verkehrsdelikten vorzunehmen, auch wenn dort die Ungeeignetheit nahe liegen mag.
Rz. 4
Muster 30.1: Nachträgliche Eignungsmängel
Muster 30.1: Nachträgliche Eignungsmängel
Die Fahrerlaubnis ist meinem Mandanten nicht zu entziehen, denn die Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 StGB liegt nicht vor. Entgegen den Ausführungen in der Anklage sind die körperlichen Beeinträchtigungen erst durch den Verkehrsunfall aufgetreten, sie waren nicht im Vorfeld bekannt.
Zum Beweis dieser Tatsache kündige ich bereits jetzt an zu beantragen,
die zeugenschaftliche Vernehmung des meinen Mandanten ständig behandelnden Arztes Dr. _________________________ sowie
die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens.
Der behandelnde Arzt, den mein Mandant von seiner ärztlichen Schweigepflicht entbinden wird, kann bestätigen, dass mein Mandant vor dem Verkehrsunfall ein vollkommen normales Sehvermögen hatte. Das einzuholende Sachverständigengutachten wird aufzeigen, dass es sich bei der teilweisen Erblindung um eine unmittelbare Unfallfolge handelt.
Damit wird feststehen, dass die Eignungsmängel erst nachträglich vorlagen. Der Tatrichter darf nicht solche Umstände bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigen, die unabhängig von der Straftat zu sehen sind (Eignungsmängel) oder erst durch das Tatgeschehen erworben wurden (Verletzungen) (Fischer, § 69 Rn 13).
II. Kraftfahrzeug/Pedelecs
Rz. 5
Hinsichtlich der Definition als Kraftfahrzeug kann auf die Legaldefinition in § 1 Abs. 2 StVG zurückgegriffen werden sowie den "Umkehrschluss" aus Abs. 3. Neuere Verkehrsmittel, wie z.B. Pedelecs, sind an Abs. 3 zu bemessen.
III. Führen eines Kraftfahrzeugs
1. Führen eines Kraftfahrzeugs, Var. 1
Rz. 6
Ein Kraftfahrzeug wird geführt, wenn es in bestimmungsgemäßer Weise in Bewegung gesetzt oder gehalten wird. Hier gelten hinsichtlich des Merkmals "Führen" grundsätzlich keine Besonderheiten gegenüber den Ausführungen hierzu in den anderen Delikten. Allerdings muss das Merkmal ausgelegt bzw. eingeschränkt werden.
Rz. 7
"Führen" setzt nach einem Teil der Rechtsprechung nicht unbedingt eigenhändiges Führen voraus.
Diese Auffassung ist abzulehnen, und zwar schon begrifflich. Jedenfalls wenn von "beim Führen" gesprochen wird, kann nur eigenhändiges Führen gemeint sein. Ein Beifahrer führt kein Kraftfahrzeug, wenn er keinerlei Einfluss auf das Führen des Kfz hat.
Rz. 8
Muster 30.2: Kein Führen eines Kraftfahrzeugs
Muster 30.2: Kein Führen eines Kraftfahrzeugs
Mein Mandant hat kein Kraftfahrzeug geführt. Er hatte das Fahrzeug seinem Bekannten _________________________ überlassen. Diesen kennt er bereits seit Jahren und hat ihm schon öfter sein Fahrzeug überlassen. Nie kam es zu Problemen, Herr _________________________ war stets zuverlässig. Am Tattag sagte _________________________ zwar zu meinem Mandanten, er habe zwei Bier getrunken, dem hat mein Mandant aber nichts beigemessen.
Ein Kraft...