Dr. iur. Berthold Hilderink, Prof. Dr. Martin Becker
a) Betriebliche/wirtschaftliche Beeinträchtigung
Rz. 134
Durch die personenbedingten Gründe müssen betriebliche oder wirtschaftliche Interessen des Arbeitgebers konkret beeinträchtigt werden (BAG v. 20.5.1988 – 2 AZR 682/87, AP Nr. 9 zu § 1 KSchG 1969 personenbedingte Kündigung; BAG v. 28.2.1990 – 2 AZR 401/89, AP Nr. 25 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit). Erforderlich ist dabei eine konkrete Störung des Austauschverhältnisses von Leistung und Gegenleistung (Beispiele im Einzelnen vgl. Rdn 146 ff.).
b) Fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit
Rz. 135
Die personenbedingte Kündigung ist ferner nur dann sozial gerechtfertigt, wenn eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb desselben Unternehmens nicht infrage kommt (BAG v. 2.11.1989 – 2 AZR 366/89), bei dem die Eignungs- bzw. Fähigkeitsmängel nicht mehr oder nur noch unbedeutend zutage treten (BAG v. 20.5.1988 – 2 AZR 682/87, AP Nr. 9 zu § 1 KSchG 1969 personenbedingte Kündigung; BAG v. 28.4.1998 – 2 AZR 384/97, AP Nr. 2 zu § 14 SchwerbG).
Nach Ansicht des BAG muss der Arbeitgeber ggf. auch einen solchen Arbeitsplatz durch Ausübung seines Direktionsrechtes freimachen und sich diesbezüglich um die erforderliche Zustimmung des Betriebsrates bemühen (BAG v. 29.1.1997 – 2 AZR 9/96, NZA 1997, 709; krit. zu dieser Rspr. v. Hoyningen-Huene/Linck, § 1 KSchG Rn 278 ff.). Zu einer weiter gehenden Umorganisation oder zur Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG ist der Arbeitgeber jedoch nicht verpflichtet (BAG v. 29.1.1997 – 2 AZR 9/96, NZA 1997, 709).
Ebenso wenig ist der Arbeitgeber verpflichtet, durch eine Freikündigung unter Anwendung der Grundsätze des § 1 Abs. 2 KSchG einen freien Arbeitsplatz für den erkrankten Arbeitnehmer zu schaffen (BAG v. 29.1.1997 – 2 AZR 9/96, AP Nr. 32 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit).
Rz. 136
Kommt eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu geänderten Arbeitsbedingungen in Betracht, hat der Arbeitgeber ggf. eine Änderungskündigung auszusprechen (BAG v. 22.9.2005 – 2 AZR 519/04, AP SGB IX, § 81 Rn 10; KR/Griebeling, § 1 KSchG Rn 272; v. Hoyningen-Huene/Linck, § 1 KSchG Rn 281; ErfK/Oetker, § 1 KSchG Rn 106).
Rz. 137
Beispiel 1
Der bisher erlaubte zeitliche Umfang der Tätigkeit eines ausländischen Arbeitnehmers wird durch eine neue Arbeitserlaubnis auf eine Teilzeittätigkeit begrenzt.
Rz. 138
Beispiel 2
Der Arbeitnehmer wurde als Fahrer beschäftigt; er verliert seine Fahrerlaubnis; beim Arbeitgeber könnte er im Lager auf einem freien Arbeitsplatz beschäftigt werden. Sollte die Zuweisung des Lagerarbeitsplatzes durch den Arbeitgeber kraft Direktionsrecht nicht möglich sein, darf der Arbeitgeber gleichwohl keine Beendigungskündigung aussprechen, sondern muss als weniger einschneidendes Mittel die Änderungskündigung erklären.
Rz. 139
Es ist zudem zu prüfen, ob der Arbeitnehmer nach einer Teilnahme an zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen weiterbeschäftigt werden kann (BAG v. 10.3.1977 – 2 AZR 79/76, EzA § 1 KSchG, Krankheit Rn 4).
Rz. 140
Der Arbeitnehmer kann hingegen nicht verlangen, auf einem höherwertigen Arbeitsplatz beschäftigt zu werden (BAG v. 29.3.1990 – 2 AZR 369/89, AP Nr. 50 zu § 1 KSchG 1969 betriebsbedingte Kündigung unter B II 7 b cc und c).