Dr. iur. Berthold Hilderink, Prof. Dr. Martin Becker
a) Alter
Rz. 245
Ein bestimmtes Lebensalter als solches ist kein Kündigungsgrund (BAG v. 28.9.1961 – 2 AZR 428/60, NJW 1962, 73 = BB 1961, 1382 = DB 1961, 1651; BAG v. 20.11.1987 – 2 AZR 284/86, NZA 1988, 617, 619 = BB 1988, 1466, 1820 = DB 1988, 1501; Worzalla, Beilage 4/91 zu NZA 1991, 15).
Rz. 246
Gem. § 41 S. 1 SGB VI ist die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer berechtigt ist, eine Rente wegen Alters zu beanspruchen, nicht als ein Grund anzusehen, der die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG bedingt. Das Gleiche gilt gem. § 8 Abs. 1 ATG für die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Altersteilzeit.
Rz. 247
Kommt es bei einem Arbeitnehmer wegen dessen fortgeschrittenen Alters zu einer Leistungsminderung, so ist zu beachten, dass der Arbeitgeber einen gewissen altersbedingten Rückgang der Leistungsfähigkeit hinzunehmen hat (BAG v. 20.11.1987 – 2 AZR 284/86, NZA 1988, 617). Eine auf altersbedingten Leistungsabfall gestützte Kündigung kann deshalb lediglich in Ausnahmefällen sozial gerechtfertigt sein (BAG v. 16.3.1961 – 2 AZR 539/59, NJW 1961, 1421 = BB 1961, 642 = DB 1961, 779; BAG v. 6.7.1977 – 4 AZR 116/76, n.v.; Bauer/Lingemann, NZA 1993, 625). Nur wenn der Leistungsabfall im Vergleich mit der Leistung von Arbeitnehmern mit ähnlichen Tätigkeiten und gleichem Lebensalter erheblich stärker ausgeprägt ist, kommt eine Kündigung aus personenbedingten Gründen in Betracht (vgl. LAG München v. 11.2.1955 –817/54, BB 1955, 996; APS/Dörner, § 1 KSchG Rn 251; v. Hoyningen-Huene/Linck, § 1 KSchG Rn 422).
Rz. 248
Häufig ist ab einem bestimmten Lebensalter und einer bestimmten Dauer der Betriebszugehörigkeit eine personenbedingte ordentliche Kündigung des Arbeitnehmers tariflich ausgeschlossen. Will der Arbeitgeber aus diesem Grunde außerordentlich wegen altersbedingten Leistungsabfalles kündigen, sind an eine solche Kündigung aus wichtigem Grund nochmals erhöhte Anforderungen zu stellen, wenn sie nicht wegen Verstoßes gegen das Ultima-Ratio-Prinzip ohnehin ausgeschlossen ist (vgl. dazu BAG v. 12.7.1995 – 2 AZR 762/94, NZA 1995, 1100 = NJW 1996, 2446 = DB 1995, 2617).
Rz. 249
Umstritten ist, ob der Arbeitgeber mit dem Ziel, einen "vernünftigen Altersaufbau" zu erreichen, kündigen kann, wenn der Arbeitnehmer die gesetzliche Grenze für den Bezug der Altersrente erreicht hat und tatsächlich auch Anspruch auf eine Altersrente hat (zust.: KR/Griebeling, § 1 KSchG Rn 640; v. Hoyningen-Huene/Linck, § 1 KSchG Rn 305; Bauer/Lingemann, NZA 1992, 626; abl. APS/Dörner, § 1 KSchG Rn 252). In diesem Fall liegt jedoch keine personenbedingte, sondern eine betriebsbedingte Kündigung vor, deren Rechtswirksamkeit anhand der für betriebsbedingte Kündigungen geltenden Grundsätze zu prüfen wäre (ErfK/Oetker, § 1 KSchG Rn 154; v. Hoyningen-Huene/Linck, § 1 KSchG Rn 305).
b) Arbeitserlaubnis
Rz. 250
Benötigt ein ausländischer Arbeitnehmer, der in Deutschland arbeiten will, eine Arbeitserlaubnis und fehlt oder erlischt diese, hat dies ein Beschäftigungsverbot nach den §§ 284 Abs. 1 S. 1 SGB III, 18 AufenthG zur Folge. In einem solchen Fall ist eine ordentliche personenbedingte Kündigung regelmäßig sozial gerechtfertigt, weil der Arbeitnehmer dann zur Leistung der vertraglich geschuldeten Dienste dauerhaft außerstande ist (BAG v. 7.2.1990 – 2 AZR 359/89, NZA 1991, 341 = BB 1990, 2051). Ist über den Antrag auf Erteilung der Arbeitserlaubnis noch n.rk. entschieden, ist für die soziale Rechtfertigung einer aus diesem Grunde ausgesprochenen Kündigung darauf abzustellen, ob für den Arbeitgeber bei objektiver Beurteilung im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung mit der Erteilung der Erlaubnis in absehbarer Zeit nicht zu rechnen war und der Arbeitsplatz ohne erhebliche betriebliche Beeinträchtigungen für den Arbeitnehmer nicht freigehalten werden konnte (BAG v. 7.2.1990 – 2 AZR 359/89, NZA 1991, 341).
Rz. 251
Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, mit der ordentlichen Kündigung zu warten, bis die Arbeitsgenehmigung rechtskräftig abgelehnt worden ist. Wenn im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung nicht damit zu rechnen ist, dass die Arbeitsgenehmigung in absehbarer Zeit erteilt wird, und der Arbeitsplatz für den Arbeitnehmer ohne betriebliche Beeinträchtigungen nicht freigehalten werden kann, ist eine Kündigung regelmäßig sozial gerechtfertigt (BAG v. 7.2.1990 – 2 AZR 359/89, NZA 1991, 341).
Rz. 252
Der ausländische Arbeitnehmer ist grds. selbst verpflichtet, sich um die Erteilung und rechtzeitige Verlängerung einer Arbeitserlaubnis zu bemühen. Eine generelle Hinweispflicht des Arbeitgebers besteht nicht. Wenn sich der ausländische Arbeitnehmer nicht oder nicht rechtzeitig um die Erteilung bzw. Verlängerung seine Arbeitsgenehmigung bemüht, kommt u.U. eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung in Betracht (KR/Griebeling, § 1 KSchG Rn 291).
Rz. 253
Täuscht der Arbeitnehmer den Arbeitgeber über das Vorliegen einer wirksamen Arbeitserlaubnis, kann der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag anfechten und ggf. sogar außerordentlich kündigen, insb. wenn der Arbeit...