Dr. iur. Berthold Hilderink, Prof. Dr. Martin Becker
Rz. 1306
Der Anspruch auf Wiedereinstellung ist mit einem dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO genügenden Leistungsantrag auf Abgabe einer Willenserklärung prozessual geltend zu machen (BAG v. 6.8.1997 – 557/96, NZA 1998, 254; BAG v. 28.6.2000 – 7 AZR 904/98, NZA 2000, 1097; BAG v. 25.9.2008 – 8 AZR 607/07, NZA-RR 2009, 469; Krieger/Willemsen, NZA 2011, 1128, 1133; zur Titulierung Haidn, Die Zwangsvollstreckung im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren, 2022, S. 154 f.). Der Antrag auf Weiterbeschäftigung ist zur Durchsetzung des Wiedereinstellungsanspruches grds. nicht geeignet. Die Weiterbeschäftigungsverpflichtung des Arbeitgebers setzt nämlich zunächst einen Arbeitsvertrag voraus, dessen Abschluss erst durch die Fiktion des § 894 ZPO erreicht wird (BAG v. 17.3.2015 – 9 AZR 702/13, NZA 2016, 124). Das BAG (v. 27.2.1997 – 2 AZR 160/96, NZA 1997, 757; BAG v. 15.12.2011 – 8 AZR 197/11, NZA-RR 2013, 179) ist allerdings großzügig, was vor dem Hintergrund des § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zweifelhaft erscheint (krit. denn auch APS/Kiel, § 1 KSchG Rn 757; Oberhofer, RdA 2006, 92, 97). Umgekehrt wahrt ein prozessual ordnungsgemäß geltend gemachter Wiedereinstellungsanspruch nicht die Dreiwochenfrist für eine Befristungskontrollklage nach § 17 S. 1 TzBfG (BAG v. 24.6.2015 – 7 AZR 541/13, NZA 2015, 1511).
Rz. 1307
Wendet sich der Arbeitnehmer in einem Prozess in erster Linie gegen die Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung und will er in zweiter Linie (hilfsweise) den Anspruch auf Wiedereinstellung geltend machen, kann er diesen Antrag mit der Kündigungsschutzklage verbinden (Boewer, RdA 2001, 403; ders., NZA 1999, 1177, 1183). Es handelt sich um einen Fall der Eventualklagehäufung (Krieger/Willemsen, NZA 2011, 1128, 1133). Der Antrag auf Wiedereinstellung ist nicht bereits in der Kündigungsschutzklage enthalten. Es handelt sich um zwei unterschiedliche Streitgegenstände. Stellt sich im Laufe des Rechtsstreites der nachträgliche Wegfall des Kündigungsgrundes heraus, kann die Kündigungsschutzklage mit Wirkung des § 7 KSchG zurückgenommen und im Wege der Klageänderung oder -erweiterung auf Wiedereinstellung geklagt werden. Ist bereits mündlich verhandelt worden und stimmt der Gegner einer Klagerücknahme nicht zu, muss notfalls die Abweisung der Kündigungsschutzklage in Kauf genommen werden.