Dr. iur. Berthold Hilderink, Prof. Dr. Martin Becker
Rz. 1232
Bei einer verhaltensbedingten Kündigung wird eine Wiedereinstellung regelmäßig nur im Fall der nachträglichen Rehabilitierung des Arbeitnehmers nach einer Verdachtskündigung in Betracht kommen. Eine verhaltensbedingte Kündigung setzt nämlich grds. schuldhafte Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers voraus, welche für die Zukunft die Gefahr der Wiederholung solcher Pflichtverletzungen bedingen. Es ist kaum vorstellbar, dass eine bei Ausspruch der Kündigung berechtigte negative Prognose durch ein Wohlverhalten des Arbeitnehmers während der verbleibenden Dauer des Arbeitsverhältnisses widerlegt wird (Preis, Anm. zu LAG Köln v. 10.1.1989, LAGE § 611 BGB Einstellungsanspruch Nr. 1; Raab, RdA 2000, 147, 153 unter III 1b). Immerhin sind Fälle denkbar, in denen es nachträglich zu einer Entlastung des Arbeitnehmers kommen kann (BAG v. 14.12.1956, AP Nr. 3 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht: Entlastung nach fristloser Kündigung wegen NSDAP-Mitgliedschaft). Ist freilich das Arbeitsverhältnis wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung gekündigt worden, mag sich später die Unschuld des Arbeitnehmers herausstellen, auch können nachträglich Umstände bekannt werden, die den Verdacht ausräumen. Im Fall einer (auch fristlosen) Verdachtskündigung ist demgemäß ein Wiedereinstellungsanspruch grds. anerkannt (BAG v. 14.12.1956, AP Nr. 3 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht; BAG v. 4.6.1964, AP Nr. 13 zu § 626 BGB Verdacht strafbare Handlung; BAG v. 20.8.1997 – 2 AZR 620/96, NZA 1997, 1340; MüKo-BGB/Henssler, § 626 BGB Rn 282; Zborowska, Die außerordentliche Verdachtskündigung, 2015, S. 310 ff., 326 ff.). Allein die Einstellung des eingeleiteten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens gem. § 170 Abs. 2 S. 1 StPO führt noch nicht zu einem Wiedereinstellungsanspruch (BAG v. 20.8.1997 – 2 AZR 620/96, NZA 1997, 1340).