Rz. 369

Es besteht keine gesetzliche Ausschlussfrist, innerhalb derer eine Abmahnung auszusprechen ist (BAG v. 13.12.1989, RzK I 1 57; BAG v. 14.12.1994, AP Nr. 15 zu § 611 BGB Abmahnung).

 

Rz. 370

Spricht der Arbeitgeber allerdings erst geraume Zeit nach dem beanstandeten Verhalten eine Abmahnung aus, entfaltet diese nur noch eine abgeschwächte Warnfunktion (LAG Nürnberg v. 14.6.2005, LAGE § 611 BGB 2002 Abmahnung Nr. 3). Das Fehlverhalten des Arbeitnehmers wirkt sich dann durch die Zwischenzeit, in der er vertragstreu geblieben ist, nicht mehr so schwerwiegend aus, dass es im Fall einer Kündigung überhaupt noch beachtlich wäre (APS/Dörner, § 1 KSchG Rn 409; vgl. zum Verlust der Warnfunktion einer Abmahnung nach längerer Zeit einwandfreier Führung des Arbeitnehmers BAG v. 19.7.2012 – 2 AZR 782/11, Rn 20, BAG NZA 2013, 91; BAG v. 18.11.1986 – 7 AZR 674/84, zu II 5 der Gründe; BAG, EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 4).

 

Rz. 371

Der Arbeitgeber kann sein Abmahnungsrecht jedoch auch vollständig verwirken. Allerdings reicht für eine Verwirkung der reine Zeitablauf nicht aus. Hinzutreten muss ein sog. Umstandsmoment (BAG v. 14.12.1994, AP Nr. 15 zu § 611 BGB Abmahnung).

 

Rz. 372

Dabei gilt, dass die Anforderungen an das erforderliche Umstandsmoment umso geringer sind, je länger der Zeitraum zwischen dem Zeitpunkt ist, an dem der Arbeitgeber von der Pflichtverletzung Kenntnis erlangt hat, und demjenigen, an dem er die Abmahnung aussprechen will (vgl. LAG Köln v. 28.3.1988, LAGE § 611 BGB Abmahnung Nr. 10). Das LAG Köln ist davon ausgegangen, dass das Recht des Arbeitgebers, ein nicht vertragsgemäßes Verhalten des Arbeitnehmers abzumahnen, nach einem Jahr verwirkt sein kann. Im entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zunächst schriftlich darüber informiert, dass er sich wegen der vom Arbeitnehmer begangenen Pflichtverletzung weitere Schritte vorbehalte. Die schriftliche Abmahnung erteilte er indes erst mehr als ein Jahr später, ohne dass dafür ein plausibler Grund ersichtlich war.

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