Dr. iur. Berthold Hilderink, Prof. Dr. Martin Becker
Rz. 575
Außerbetriebliche Gründe sind Umstände, die von der Betriebsgestaltung und -führung unabhängig sind, einen konkreten Bezug zum Betrieb des Arbeitgebers haben und sich auf bestimmte Arbeitsplätze auswirken (Hillebrecht, ZfA 1991, 93; KR/Griebeling, § 1 KSchG Nr. 517). Außerbetriebliche Gründe können sich bspw. aus einem Auftragsrückgang oder Umsatzeinbrüchen ergeben (BAG v. 18.10.2006 – 2 AZR 676/05, NZA 2007, 798; BAG v. 8.11.2007, EzA KSchG § 1 betriebsbedingte Kündigung Nr. 157; BAG v. 13.2.2008, NZA 2008, 821). Sie sind nur dann betriebsbedingte Kündigungsgründe, wenn sie einen Überhang an Arbeitskräften auslösen, durch den mittelbar oder unmittelbar das Bedürfnis zur Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt (BAG v. 30.5.1985, EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 36; BAG v. 13.3.1987, EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 44).
Rz. 576
In den meisten Fällen verursachen jedoch außerbetriebliche Gründe für sich allein nicht einen Wegfall von Arbeitsplätzen (KR/Griebeling, § 1 KSchG Rn 518). Dazu bedarf es i.d.R. einer gestaltenden unternehmerischen Entscheidung, die aufgrund der außerbetrieblichen Umstände getroffen wird (vgl. BAG v. 16.12.2004, AP Nr. 133 zu § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung; BAG v. 2.6.2005, AP Nr. 75 zu § 1 KSchG Soziale Auswahl), bspw. wenn der Arbeitgeber aufgrund der außerbetrieblichen Umstände eine innerbetriebliche Restrukturierung durchführt. Die betroffenen Arbeitsplätze fallen dann als unmittelbare Folge der gestaltenden Unternehmerentscheidung weg und nur mittelbar wegen der außerbetrieblichen Umstände (BAG v. 30.4.1987, AP Nr. 42 zu § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung).
Rz. 577
Nur in Fällen, in denen ein Arbeitgeber die von ihm beschäftigte Anzahl von Mitarbeitern von vornherein abhängig von bestimmten Umsatzzahlen gemacht hat, verursacht ein Umsatzrückgang unmittelbar ein betriebliches Erfordernis (BAG v. 15.6.1969, AP Nr. 45 zu § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung). Dies soll nach Ansicht des BAG auch gelten, wenn ein Reinigungsunternehmen die in einem bestimmten Objekt eingesetzten Reinigungskräfte kündigt, weil der Reinigungsauftrag weggefallen ist (BAG v. 12.4.2002, AP Nr. 120 zu § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung). In derartigen Fällen hat sich der Arbeitgeber also durch eine zeitlich vorweggenommene Unternehmerentscheidung selbst gebunden (v. Hoyningen-Huene, NZA 1994, 1009, 1111; Frantzen, NZA 2001, 805, 809; Kaiser, NZA 2005 Beil. 1 S. 31, 32; v. Hoyningen-Huene/Linck, § 1 KSchG Rn 688).