Rz. 1087

Anknüpfungspunkt des Kündigungsschutzes ist die Arbeitgeberkündigung. Bei Vorliegen sämtlicher Tatbestandsmerkmale des § 17 Abs. 1 MuSchG ist jede Kündigung des Arbeitgebers unwirksam, weil sie gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, § 134 BGB. Dies muss in den zeitlichen Grenzen der §§ 4, 7 KSchG geltend gemacht werden. Für die Kündigung im Insolvenzfall bestimmt § 113 Abs. 2 InsO, dass die Unwirksamkeit der Kündigung des Insolvenzverwalters auch innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG geltend zu machen ist, auch wenn die Arbeitnehmerin sich auf andere als die in § 1 Abs. 2 und 3 des KSchG bezeichneten Gründe beruft. Damit ist für diesen Fall auch im Hinblick auf die Nichtigkeit gem. § 134 BGB i.V.m. § 17 Abs. 1 MuSchG die vorgenannte Klagefrist einzuhalten.

 

Rz. 1088

Die Nichtigkeitsfolge des § 17 Abs. 1 MuSchG bezieht sich auf jede Kündigungsart, damit auf die ordentliche und die außerordentliche Beendigungskündigung sowie auf die ordentliche und außerordentliche Änderungskündigung, schließlich auf die an sich unzulässige Teilkündigung.

 

Rz. 1089

Entscheidend für den besonderen Kündigungsschutz in zeitlicher Hinsicht ist der Zugang der Kündigung. Gleichgültig ist für den besonderen Kündigungsschutz auch der Anlass der Kündigung, insb. eine Kündigung im Zuge einer Massenentlassung oder einer Betriebsstilllegung.

 

Rz. 1090

Selbst wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses offensichtlich unzumutbar wäre, unterfällt eine solche Kündigung dem § 17 Abs. 1 MuSchG. Der Arbeitgeber hat ohne vorherige Zustimmung der Behörde keine Kündigungsmöglichkeit. Die gesetzgeberische Entscheidung ist insoweit eindeutig. Der Grundsatz, nach dem Dauerschuldverhältnisse bei Vorliegen eines wichtigen Grundes außerordentlich kündbar sind, ist zugunsten der werdenden Mutter durchbrochen.

 

Rz. 1091

Die Rspr. macht allenfalls im Zusammenhang mit den Zahlungsansprüchen aus Annahmeverzug, § 615 i.V.m. §§ 293 ff. BGB, eine Ausnahme. Der Arbeitgeber kommt dann ausnahmsweise nicht in Annahmeverzug nach unwirksamer Kündigung, wenn die schwangere Arbeitnehmerin sich so verhält, dass unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles, der Gepflogenheiten des Arbeitslebens sowie des Sinnes und Zweckes des Mutterschutzes die Annahme der Leistung wegen Unzumutbarkeit zu Recht unterbleibt (BAG v. 26.4.1956 – GS 1/56, NJW 1956, 1554). Dies sei anzunehmen, wenn sich die Arbeitnehmerin so verhält, dass bei Annahme der Arbeitsleistung Leib, Leben, Freiheit, Gesundheit oder andere Persönlichkeitsrechte oder Eigentum des Arbeitgebers, seiner Angehörigen oder anderer Betriebsangehöriger so gefährdet sind, dass hier ein Vorrang des Interesses an der Nichtbeschäftigung ggü. dem Interesse am Erhalt des Verdienstes anzunehmen ist. Es geht hierbei um ungewöhnlich schwere rechtswidrige Verstöße der Arbeitnehmerin nicht nur gegen ihre Vertragspflichten, sondern auch gegen allgemeine Verhaltenspflichten.

 

Rz. 1092

Der vorherige Verzicht auf den besonderen Kündigungsschutz des § 17 MuSchG durch die Arbeitnehmerin ist unwirksam (LAG Berlin v. 31.10.1988 – 9 Sa 72/88, LAGE § 9 MuSchG Nr. 9). Dagegen kann in einer Ausgleichsquittung ein wirksamer nachträglicher Verzicht auf den besonderen Kündigungsschutz liegen. Aus dem Inhalt der Ausgleichsquittung muss aber eindeutig und ausdrücklich ein solcher Verzicht hervorgehen. Verzichtet eine Arbeitnehmerin in einer Ausgleichsquittung auf Kündigungsschutz, kann die Arbeitnehmerin die Erklärung nicht nachträglich mit der Begründung anfechten, sie habe bei der Abgabe der Erklärung nicht gewusst, dass sie im Zeitpunkt der Kündigung schwanger war (LAG Hessen DB 1992, 1529).

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