Rz. 30
Der Arbeitnehmer genießt auch bei Abrechnung seines Arbeitsverhältnisses im sozialversicherungsrechtlichen Übergangsbereich im Sinne von § 20 Abs. 2 SGB IV (bisherige Gleitzone) den vollen gesetzlichen Versicherungsschutz.
Rz. 31
Die früheren Nachteile in der Rentenversicherung gibt es seit dem 1.7.2019 nicht mehr. Sie waren die Folge aus der verminderten Beitragsbemessungsgrundlage, die auch zu entsprechend geringeren Rentenansprüchen geführt hatte. Gesetzestechnisch wird die Korrektur durch besondere Regelungen in § 70 SGB VI erreicht, nach dessen Abs. 1a und Abs. 4 S. 3 die rentenversicherungsrechtlichen Entgeltpunkte im Übergangsbereich aus dem (tatsächlichen) Arbeitsentgelt, nicht aus den (verminderten, fiktiven) beitragspflichtigen Einnahmen zu berechnen sind. In der Arbeitslosenversicherung galt dies für die Berechnung des Arbeitslosengelds schon bislang. Denn § 149 SGB III stellt für die Bemessung des Arbeitslosengelds ohnehin auf das pauschalierte Nettoentgelt (Leistungsentgelt) ab, das sich aus demjenigen Bruttoentgelt ergibt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum (tatsächlich) erzielt hat (Bemessungsentgelt), sodass auch hier keine Leistungskürzungen wegen der nach § 20 Abs. 2 und 2a SGB IV verminderten Beitragsbemessungsgrundlage erfolgen.
Rz. 32
Die Leistungen in der Kranken- und Pflegeversicherung richten sich ohnehin nicht nach der Beitragshöhe. Allenfalls für das Krankengeld im Sinne von §§ 44 ff. SGB V könnte nach der Grundregel des § 47 Abs. 1 S. 1 SGB V etwas anderes gelten, nach der nämlich das Krankengeld auf 70 % des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts beschränkt ist, soweit dieses der Beitragsberechnung unterliegt (sog. Regelentgelt). Der Gesetzgeber hat jedoch bereits bei Einführung der Gleitzonenregelung zum 1.4.2003 durch Ergänzung eines § 47 Abs. 1 S. 8 SGB V klargestellt, dass die fiktive Verminderung der Beitragsbemessungsgrundlage nach den Regelungen der Gleitzone bei der Berechnung des Krankengelds nicht zu berücksichtigen sind. Hierbei ist es bis heute geblieben. Soweit dies als "eine erhebliche Durchbrechung des Versicherungsprinzips" bezeichnet worden ist, weil den Leistungen ein höheres Bemessungsentgelt zugrunde gelegt werde als der Beitragsverpflichtung des Beschäftigten, vermochte diese Kritik früher nicht zu überzeugen. Denn auch auf den Midi-Job wurde der volle Krankenversicherungsbeitrag abgeführt, der sich lediglich anders als üblich (nämlich nicht paritätisch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer) aufteilte. Anders als in der Kritik vorgebracht wurde nicht die Solidargemeinschaft bemüht, sondern sprang der Arbeitgeber mit einer ihm oktroyierten Hilfeleistung ein. Das hat sich mit der Gesetzesnovelle zum 1.10.2022 geändert: Nunmehr wird (auch) der Gesamtbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung aus einem verminderten (fiktiven) Bemessungsentgelt berechnet, entgehen der Solidargemeinschaft der gesetzlich Krankenversicherten also Beiträge, obwohl sie zur vollen Leistung verpflichtet sind. Ob dies das "Versicherungsprinzip" durchbricht, sei dahingestellt. Eine Belastung der Krankenkassen bedeutet es jedenfalls ebenso wie bei den Rentenkassen, die ebenfalls trotz verminderter Beiträge die volle Leistung erbringen müssen. Das mag zugunsten "echter" Geringverdiener sozial geboten oder jedenfalls erträglich sein, läuft aber für Normalverdiener zu einer weder sozial- noch arbeitsmarktpolitisch gebotenen Förderung einer Teilzeittätigkeit hinaus, wenn diese etwa ihre Vollzeittätigkeit mit 3.000 EUR brutto monatlich auf 50% absenken.
Rz. 33
In der gesetzlichen Unfallversicherung ergeben sich auch auf der Leistungsseite keine Besonderheiten.