Rz. 358
Neben der innerstaatlichen Regelung des § 21 ErbStG existieren im Verhältnis zu einigen (wenigen) Staaten auch bilaterale Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA), die § 21 ErbStG regelmäßig vorgehen. DBA sind völkerrechtliche Verträge, die für Deutschland durch ein Zustimmungsgesetz in Kraft gesetzt werden (Art. 59 Abs. 2 GG). Derzeit bestehen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und folgenden Staaten DBA, die sich (auch) auf die Erbschaft- und Schenkungsteuer beziehen:
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Dänemark |
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Frankreich |
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Griechenland |
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Schweden |
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Schweiz |
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USA. |
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Des Weiteren existier(t)en DBA mit Israel, und Österreich, |
die jedoch jeweils nach Abschaffung der dortigen Erbschaftsteuer gekündigt wurden.
Rz. 359
Die neueren deutschen DBA folgen dem Musterabkommen der OECD auf dem Gebiet der Erbschaft- und Schenkungsteuer, kurz OECD-MA ErbSt genannt. Es wird in einem Kommentar erläutert, den der Steuerausschuss der OECD erarbeitet hat. Er gibt das Verständnis der OECD-Mitglieder wieder und ist eine wertvolle Auslegungshilfe.
Rz. 360
Auch wenn die einzelnen DBA zumeist nicht bzw. nicht vollständig dem Aufbau des OECD-MA entsprechen, sollen die wesentlichen Regelungsbereiche der meisten DBA anhand des OECD-MA kurz erläutert werden. Im konkreten Fall ist aber stets das tatsächlich einschlägige DBA zu Rate zu ziehen und sorgfältig zu prüfen.
a) Geltungsbereich des DBA
Rz. 361
Im I. Abschnitt wird der Geltungsbereich des DBA geregelt.
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In Art. 1 werden die Erwerbe genannt, auf die das DBA anwendbar ist. Das sind Nachlässe und Erbschaften sowie Schenkungen. |
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In Art. 2 werden die Steuern aufgezählt, für die das DBA gilt. In einer Auffangklausel wird bestimmt, dass das DBA auch für alle Steuern gleicher oder im Wesentlichen ähnlicher Art gilt, die nach der Unterzeichnung des DBA neben oder an Stelle der bestehenden Steuern erhoben werden. |
b) Begriffsbestimmungen
Rz. 362
Der II. Abschnitt enthält wesentliche Begriffsbestimmungen.
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Art. 3 Abs. 1 definiert u.a. das steuerpflichtige Vermögen. |
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Art. 3 Abs. 2 enthält eine Auslegungsregel. Bei der Anwendung des Abkommens durch einen Vertragsstaat hat, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert, jeder im Abkommen nicht definierte Ausdruck die Bedeutung, die ihm nach dem Recht dieses Staates über die Steuern zukommt, für die das Abkommen gilt. Daraus ergibt sich folgende Reihenfolge: Definition des DBA, Zusammenhang, in dem der Begriff steht, Bedeutung des Begriffs nach dem Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht des jeweiligen Anwenderstaates. |
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In Art. 4 wird der Wohnsitz definiert. Eine Person mit Wohnsitz in einem Vertragsstaat ist eine Person, die dort unbeschränkt erbschaft- oder schenkungsteuerpflichtig ist. Besteht unbeschränkte Steuerpflicht in beiden Vertragsstaaten (Doppelwohnsitz), kommt es zunächst darauf an, in welchem Vertragsstaat der Steuerpflichtige über eine ständige Wohnstätte verfügt. Verfügt der Steuerpflichtige in beiden Vertragstaaten über eine ständige Wohnstätte, kommt es darauf an, wo sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet. Kann der Mittelpunkt der Lebensinteressen nicht bestimmt werden, ist der gewöhnliche Aufenthalt maßgebend. Besteht der gewöhnliche Aufenthalt in beiden Vertragsstaaten oder in keinem von ihnen, wird auf die Staatsangehörigkeit abgestellt. Lässt sich der Wohnsitz auch danach nicht bestimmen, entscheiden die Vertragsstaaten darüber im gegenseitigen Einvernehmen. |
c) Besteuerungsregeln für die einzelnen Vermögensgegenstände
Rz. 363
Der III. Abschnitt enthält Besteuerungsregeln für einzelne Vermögensarten. Es geht hier um die Besteuerungsrechte des Staates, der nicht der Wohnsitzstaat ist und üblicherweise Belegenheitsstaat genannt wird.
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Nach Art. 5 kann jeder Staat das unbewegliche Vermögen besteuern, das sich auf seinem Gebiet befindet, und zwar auch dann, wenn es einem Unternehmen oder der Ausübung eines freien Berufs dient (Art. 5 Abs. 3). |
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Betriebsvermögen eines Unternehmens kann jeder Staat nach Art. 6 besteuern, wenn sich auf seinem Gebiet eine Betriebsstätte des Unternehmens befindet, zu der das Vermögen gehört. Zugleich wird definiert, wann eine Betriebstätte vorliegt und wann nicht. |