Rz. 149
Schulden und Lasten können nach § 10 Abs. 6 ErbStG grundsätzlich nur abgezogen werden, soweit sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerbaren Vermögenserwerben/-gegenständen stehen. Zu nicht der deutschen Steuer unterliegendem Vermögen zählt insbesondere solches, das wegen nur beschränkter Steuerpflicht in Deutschland nicht besteuert wird, darüber hinaus aber auch solches, das wegen sachlicher Steuerbefreiungen nicht besteuert wird. Aus diesem Grund können Schulden und Lasten auf Vermögensgegenständen, deren Erwerb steuerfrei ist, z.B. ein denkmalgeschütztes Bauwerk gem. § 13 Abs. 1 Nr. 2b ErbStG, gar nicht abgezogen werden. Ggf. kann aber auf diese Befreiung verzichtet werden, wenn sich herausstellt, dass die Schulden und Lasten höher als der Wert des Denkmalobjekts sind (vgl. § 13 Abs. 3 ErbStG).
Auf die Befreiung gem. § 13a ErbStG kann nicht verzichtet werden. Soweit § 13a ErbStG keine 100 % Befreiung, sondern nur 85 % Befreiung vorsieht, stehen Schulden und Lasten nur zu 15 % in wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerbaren Vermögenswerten.
Deshalb regelt § 10 Abs. 6 S. 4 ErbStG Folgendes:
Zitat
"Schulden und Lasten, die mit nach § 13a befreitem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, sind nur mit dem Betrag abzugsfähig, der dem Verhältnis des nach Anwendung des § 13a anzusetzenden Werts dieses Vermögens zu dem Wert vor Anwendung des § 13a entspricht."
Rz. 150
Die Abzugsfähigkeit von Schulden und Lasten, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerbefreitem Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen, steuerbefreiten Anteilen an Kapitalgesellschaften (§§ 13a ff. ErbStG) und steuerbefreiten für zu Wohnzwecken vermieteten Grundstücken (§ 13d ErbStG) stehen, ist ebenfalls eingeschränkt.
Rz. 151
Dem Grundsatz des § 10 Abs. 6 S. 3 ErbStG entsprechend ist der Abzug dieser Schulden und Lasten auf den Teil begrenzt, der dem als steuerpflichtig verbleibenden Teil des genannten Vermögens entspricht. Das bedeutet konkret, dass Schulden und Lasten, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerbefreitem Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und steuerbefreiten Anteilen an Kapitalgesellschaften (§§ 13a ff. ErbStG) stehen, nur mit 15 % abgezogen werden können. Wählt der Steuerpflichtige die 100 % Verschonung des Betriebsvermögens, können mit der Übertragung zusammenhängende Schulden, z.B. Rentenverbindlichkeiten, überhaupt nicht abgezogen werden.
Rz. 152
Dieselben Grundsätze gelten nach dem neu eingefügten S. 5 des § 10 Abs. 6 S. 5 ErbStG für Schulden und Lasten, die mit nach § 13d befreitem Vermögen (zu Wohnzwecken vermieteten Grundstücke) in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Sie sind nur mit dem Betrag abzugsfähig, der dem Verhältnis des nach Anwendung des § 13d anzusetzenden Werts dieses Vermögens zu dem Wert vor Anwendung des § 13d entspricht.
Werden z.B. vom Schenker im Gegenzug für die Schenkung eines begünstigten Mietwohnhauses Zahlungs- oder Duldungsverpflichtungen (etwa Wohnrechte) übernommen, können diese nur mit 90 % ihres Steuerwerts abgezogen werden.
Rz. 153
Nutzungsrechte, insbesondere Nießbrauchs- und Wohnrechte können den Verkehrswert mindern. Grundsätzlich werden sie bei der erbschaftsteuerlichen Bewertung von Grundstücken aber nicht (mindernd) angesetzt. Kommt es aber zu einem Nachweis des niedrigeren Verkehrswerts gem. § 198 BewG, werden derartige Nutzungsrechte schon bei der Bewertung verkehrswertmindernd berücksichtigt. Für diesen Fall verhindert § 10 Abs. 6 S. 11 ErbStG, dass Nutzungsrechte an einem Grundstück, die bereits bei der Bewertung des Grundstücks berücksichtigt wurden (vgl. §§ 175 ff. BewG), zusätzlich als Nachlassverbindlichkeit oder Duldungslast abgezogen werden können.
Rz. 154
Durch das JStG 2020 wurden in § 10 Abs. 6 ErbStG die Sätze 5 ff. ergänzt. Demnach gilt nun auch ein anteiliges Abzugsverbot für allgemeine Schulden und Lasten (also ohne wirtschaftlichen Zusammenhang mit bestimmten Erwerbsgegenständen) mit Ausnahme der Pauschale nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG. Diese Gesetzesänderung brachte neben weiteren Abzugsbeschränkungen auch einen erheblichen Bearbeitungs-Mehraufwand, um den Umfang dieser Abzugsbeschränkungen zu ermitteln.
Soweit dem Grunde nach eine Berücksichtigungsfähigkeit von allgemeinen Nachlassverbindlichkeiten bzw. Lasten (ohne wirtschaftlichen Zusammenhang mit einzelnen Erwerbsgegenständen) gegeben ist, regelt § 10 Abs. 6 S. 5 ff. ErbStG, dass diese Schulden und Lasten anteilig den einzelnen Gegenständen des Erwerbs zuzurechnen sind, so dass auch sie stets einem (teilweisen) Abzugsverbot unterliegen, wenn auch nur ein Erwerbsgegenstand ganz oder teilwiese steuerbefreit ist bzw. einer begünstigten Besteuerung unterliegt. Die Details der vorzunehmenden Aufteilung (Verhältnisrechnung) hat die Finanzverwaltung (aus ihrer Sicht) in entsprechenden Erlassen geregelt.