Rz. 612

Eine Kettenschenkung liegt dann vor, wenn der Schenker auf dem Umweg über den Beschenkten einen Dritten unmittelbar hat bedenken wollen. Früher wurde das als Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten beurteilt. Heute kommt es darauf an, ob dem unmittelbar Beschenkten ein eigener Entscheidungsspielraum bleibt.

 

Rz. 613

Entscheidend dafür, dass zwei Schenkungen vorliegen, die in Folge geschehen, ist, dass der Erstbeschenkte über seinen Erwerb frei und selbstständig verfügen kann. Eine Verwendungsvereinbarung oder Verwendungsauflage ist schädlich in dem Sinne, dass es sich dann um eine direkte Schenkung des Schenkers an den Endbeschenkten handelt und der Erstbeschenkte steuerlich nur eine unbeachtliche Durchgangsperson ist. Es handelt sich dann entweder um einen Vertrag zugunsten eines Dritten oder um eine Schenkung unter Auflage. Sie fällt beim unmittelbar Beschenkten unter § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG und beim mittelbar Beschenkten unter Nr. 2, jeweils mit Erwerb vom Schenker. Ein den unmittelbar Beschenkten nicht bindender Wunsch des Schenkers ist hingegen unschädlich. Bloßes Wissen, selbst das Einverständnis des Schenkers damit, dass der unmittelbar Beschenkte mit Mitteln der Schenkung eine Zuwendung ausführen wird, genügt nicht.[1042]

 

Praxishinweis

Zweckmäßigerweise sollte eine Schamfrist eingehalten werden, und die Weitergabe sollte nicht 1:1 geschehen. Wird das alles beachtet, liegt auch kein Gestaltungsmissbrauch vor (§ 42 AO).

 

Rz. 614

Auf die gleiche Weise können Eltern ihren Kindern helfen. Liegt der Wert der Schenkung über dem Freibetrag oder ist der Freibetrag nach einem Elternteil durch Vorschenkungen verbraucht, der Freibetrag nach dem anderen noch nicht, kann der eine Elternteil über den anderen das Kind steuerfrei beschenken.

 

Beispiel

Vater V will seinem Sohn S 600.000 EUR zukommen lassen. Er schenkt ihm 400.000 EUR. Seiner Ehefrau M schenkt er 200.000 EUR zur freien Verwendung, verbunden mit dem Wunsch, auch an den gemeinsamen Sohn S zu denken. M schenkt S nach reiflicher Überlegung auch 200.000 EUR. Alle Schenkungen bleiben steuerfrei.

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