Dr. iur. Holger Bremenkamp, Dr. Wolfgang Kürschner
a) Materieller Kostenerstattungsanspruch
Rz. 26
Da die Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG im Kostenfestsetzungsverfahren gemäß §§ 103 ff. ZPO nicht festgesetzt werden kann und sich durch die durch Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG vorgeschriebene teilweise Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr diese verringert, ist der Anspruchsteller darauf angewiesen, die volle Geschäftsgebühr klageweise geltend zu machen. Voraussetzung hierfür ist natürlich, dass insoweit ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch vorliegt (vgl. Rdn 11 ff.). Die Inanspruchnahme wegen einer Geldforderung begründet dabei nicht ohne Weiteres einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch des in Anspruch Genommenen hinsichtlich der für die außergerichtliche Abwehr des Anspruchs aufgewendeten Anwaltskosten.
b) Einklagen der vollen Geschäftsgebühr
Rz. 27
Die Parteien sind durch die Folge der Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr (Verringerung der Verfahrensgebühr, nicht der Geschäftsgebühr) darauf verwiesen, die volle Geschäftsgebühr klageweise geltend zu machen, zumal die Geschäftsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren gemäß §§ 103 ff. ZPO nicht berücksichtigt werden kann.
Rz. 28
Für die klageweise Geltendmachung der vollen Geschäftsgebühr spricht zudem insbesondere, dass der Rechtsanwalt den hierauf entfallenden Anspruch seines Mandanten auf Verzugszinsen (vgl. § 288 BGB) in voller Höhe geltend macht. Denn bei klageweiser Geltendmachung nur des nicht anrechenbaren Teils der Geschäftsgebühr erhält der Mandant nur für diesen Teil die Verzugszinsen ab Eintritt des Verzugs bzw. der Rechtshängigkeit. Die weiteren Anwaltskosten werden gegebenenfalls nur noch im Rahmen eines prozessualen Kostenerstattungsanspruchs (vgl. §§ 91 ff. ZPO) frühestens ab Eingang des Kostenfestsetzungsantrags verzinst (§ 104 Abs. 1 S. 2 ZPO). Der hierdurch eintretende Zinsschaden kann zu einem Schadensersatzanspruch des Mandanten gegen seinen Rechtsanwalt führen.
c) Freistellungs- oder Zahlungsklage
Rz. 29
Ein Leistungsantrag setzt voraus, dass bereits ein Schaden entstanden ist, der Mandant die Geschäftsgebühr also an den Rechtsanwalt gezahlt hat. Ansonsten besteht nur ein Freistellungsanspruch des Mandanten. Der Leistungsantrag dürfte trotz fehlender Zahlung der Geschäftsgebühr durch den Mandanten jedoch dann möglich sein, wenn der Gegner die Zahlung der offenen Anwaltskosten ernsthaft und endgültig verweigert und der Mandant Geldersatz fordert.
d) Rechtsschutzversicherung und Geschäftsgebühr
Rz. 30
Hat der Rechtsanwalt Ansprüche aus einem Verkehrsunfall zunächst außergerichtlich geltend gemacht und ist hierfür von der Rechtsschutzversicherung des Mandanten eine Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG nebst Postentgeltpauschale und Umsatzsteuer gezahlt worden, ist der dem Mandanten zustehende Ersatzanspruch gegen den/die Schädiger gemäß § 86 VVG auf die Rechtsschutzversicherung übergegangen. Die von der Rechtsschutzversicherung beglichene Anwaltsvergütung für die außergerichtliche Vertretung kann deshalb nur dann für den Mandanten eingeklagt werden, wenn eine entsprechende Ermächtigung der Rechtsschutzversicherung vorliegt. Liegt diese nicht vor, muss im Rahmen der Klage Verurteilung zur Zahlung der Vergütung an die Rechtsschutzversicherung beantragt werden.