Rz. 255
Der Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses verjährt gem. § 195 BGB in drei Jahren nach Fälligkeit.
Rz. 256
Inwieweit der Anspruch auf Ausstellung oder Berichtigung eines Zeugnisses tariflichen oder vertraglichen Ausschlussfristen unterfällt, ist umstritten. Zum Teil wird angenommen, dass tarifliche Verfallfristen nur die kurzfristige Abwicklung des Arbeitsverhältnisses bezwecken, nicht aber unabdingbare Ansprüche beschneiden wollen (ArbG Siegen v. 30.5.1980, EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 43 = ARST 1980, 192; ArbG Siegen v. 26.9.1989 – 1 Ca 221/89, n.v.; LAG Hamm v. 2.5.1991 – 4/18 Sa 1389/90, n.v.; LAG Hamm v. 21.12.1993 – 4 Sa 1123/93, n.v.). Das BAG geht demgegenüber mit der überwiegenden Instanzrechtsprechung davon aus, dass tarifliche Verfallklauseln auch den Anspruch auf Zeugniserteilung als Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis erfassen (vgl. BAG v. 4.12.1985 – 5 AZR 607/84, BAGE 42, 41; BAG v. 4.10.2005 – 9 AZR 507/04, juris). Auch vertragliche Verfallklauseln erfassen den Anspruch, sofern alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, ausgeschlossen werden (vgl. LAG Hamm v. 10.4.2002 – 3 1598/01, NZA-RR 2003, 463).
Rz. 257
Für die Verwirkung des Anspruchs auf Erteilung eines Zeugnisses gelten im Übrigen die allgemeinen Grundsätze (vgl. BAG v. 4.10.2005 – 9 AZR 507/04, juris; LAG München v. 11.2.2008 – 6 Sa 539/07, juris).
Rz. 258
Die Verwirkung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer sein Recht über einen längeren Zeitraum nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment) und beim Arbeitgeber die Überzeugung hervorgerufen wurde, der Arbeitnehmer werde sein Recht nicht mehr durchsetzen (Umstandsmoment). In der Instanzrechtsprechung wurde das Zeitmoment bei einer Untätigkeit des Arbeitnehmers etwa nach Ablauf von 10–12 Monaten (vgl. LAG Düsseldorf v. 11.11.1994 – 17 Sa 1158/94, DB 1995, 1135; LAG Hamm v. 3.7.2002 – 3 Sa 248/02, NZA-RR 2003, 73), nach 15 Monaten (vgl. LAG Köln v. 8.2.2000 – 13 Sa 1050/99, NZA-RR 2001, 139), nach 21 Monaten (LAG München v. 11.2.2008 – 6 Sa 539/07, juris) angenommen. Bei der Beurteilung des Umstandsmoment ist von Bedeutung, ob eine verantwortliche Beurteilung noch möglich ist, weil z.B. Vorgesetzte, die allein eine Beurteilung abgeben könnten, nicht mehr im Betrieb oder Unternehmen beschäftigt sind.
Rz. 259
Von Ausgleichsquittungen, in denen der Arbeitnehmer auf alle etwaigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verzichtet, werden unabdingbare Ansprüche, zu denen auch der Zeugnisanspruch zählt, nicht umfasst, sofern dies nicht mit genügender Sicherheit aus der Ausgleichsquittung hervorgeht (BAG v. 20.8.1980 – 5 AZR 759/78, NJW 1981, 1285). Wegen der besonderen Bedeutung des Zeugnisses für den Berufsweg des Arbeitnehmers kann der Rücksicht auf das Verkehrsinteresse nicht schlechthin der Vorrang vor dem Interesse des Arbeitnehmers an einem Zeugnis eingeräumt werden. Es muss auf alle Fälle sichergestellt sein, dass ein Arbeitnehmer nicht unbedacht in einer ganz allgemein gefassten Erklärung auch auf ein Zeugnis verzichtet, ohne sich über diese Tatsache und über die Tragweite eines solchen Verzichtes im Klaren zu sein (so schon KG v. 21.12.1910, OLGE 22, 304, 306). Dies gilt umso mehr, als mancher, der einer Ausgleichsklausel zustimmt, dabei möglicherweise nur an finanzielle Ansprüche – wie Lohn, Urlaub, Mehrarbeitsvergütung oder Sonderzahlung – denkt, ohne sich klarzumachen, dass der Zeugnisanspruch ein "Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis" ist (LAG Hamm, 21.10.1993 – 4 Sa 361/93, n.v.).