Rz. 167
Nach langjähriger Beschäftigung wird im Allgemeinen ein völlig farbloses Zeugnis des Arbeitgebers dem Gesetz nicht genügen. Dass ein Arbeitnehmer "pünktlich, fleißig, ordentlich und sauber" gewesen ist, sollte selbstverständlich sein. Wird nur dieses "Tugendsortiment" im Zeugnis erwähnt, kann daraus geschlossen werden, der Arbeitnehmer habe es i.Ü., nämlich hinsichtlich der jeden künftigen Arbeitgeber interessierenden Leistungen und Eigenschaften, mangeln lassen.
Rz. 168
Dies gilt vor allem für Gewissenhaftigkeit und Zuverlässigkeit. Je mehr Verantwortung ein Arbeitnehmer aufgrund seiner Stellung im Betrieb hatte, umso wichtiger ist die Antwort auf die Frage, ob er zuverlässig und gewissenhaft war oder ob er mögliche Fehler nicht beachtet und Fehlerquellen nicht erkannt hat. Die Bescheinigung von Zuverlässigkeit lässt auf seine Umsicht Rückschlüsse zu. Bei einem Berufskraftfahrer kann das Weglassen dieses Prädikates zu bedenken Anlass geben, vor allem wenn er Auslieferungsfahrer war. Bei Berufskraftfahrern stellt die Bescheinigung der Unfallfreiheit ein besonderes Prädikat dar (Schleßmann, Das Arbeitszeugnis, S. 224). Für Lohn- und Finanzbuchhalter ist das Prädikat der Zuverlässigkeit das wichtigste Merkmal (OLG Frankfurt am Main v. 24.11.1982 – 9 U 87/80, n.v.).
Rz. 169
Ist ein Arbeitnehmer besonders verantwortungsfreudig und umsichtig, sollte dies in seinem Zeugnis auch erwähnt und entsprechend herausgestrichen werden. Dabei kommt es auf die Fähigkeit des Arbeitnehmers an, sich der Tragweite einer Verantwortung bewusst zu sein, und auf die Bereitschaft, sie innerhalb der übertragenen Zuständigkeit zu übernehmen. Fehlt die Erwähnung der Gewissenhaftigkeit, kann dies auf eine hohe oder höhere Fehlerquote hindeuten, wenn einwandfreies Arbeiten branchen- und berufsspezifisch erforderlich ist. Da auch dem sorgfältigen Arbeitnehmer gelegentlich Fehler unterlaufen können, die für sich allein betrachtet jedes Mal vermeidbar gewesen wären, mit denen aber angesichts der menschlichen Unzulänglichkeit als mit einem typischen Abirren der Dienstleistung erfahrungsgemäß zu rechnen ist, sind kleinere Unachtsamkeiten oder gelegentliche Fehler nicht charakteristisch, sodass dies im Zeugnis nicht erwähnt werden darf (BAG v. 23.6.1960, AP Nr. 1 zu § 73 HGB m. Anm. A. Hueck). Häufen sich die Fehler dagegen, kann dem Arbeitnehmer nicht bescheinigt werden, er habe einwandfrei gearbeitet und sei gewissenhaft und zuverlässig gewesen.