Rz. 33
§ 109 Abs. 1 S. 1 GewO bestimmt hinsichtlich des Zeitpunkts der Zeugniserteilung, dass der Arbeitnehmer "bei" Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis hat, und weiter, dass das Arbeitszeugnis Angaben zu "Art und Dauer der Tätigkeit" enthalten muss (§ 109 Abs. 1 S. 2 GewO). Das Ausbildungszeugnis, welches der Ausbildende dem Auszubildenden bei Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses auch ohne Verlangen zu erstellen hat (§ 16 Abs. 1 S. 1 BBiG), muss ferner Angaben über das Ziel der Berufsausbildung enthalten (§ 16 Abs. 2 S. 1 BBiG). Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben im Zeugnis auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis "erstrecken" (§ 109 Abs. 1 S. 3 GewO), sog. qualifiziertes Zeugnis. Auf Verlangen des Auszubildenden sind im qualifizierten Ausbildungszeugnis darüber hinaus Angaben über seine besonderen fachlichen Fähigkeiten aufzunehmen (§ 16 Abs. 2 S. 2 BBiG).
1. Einfaches Zeugnis
Rz. 34
Das sog. einfache Zeugnis ist stets schriftlich auf Firmenbogen mit Angaben zum Arbeitgeber abzufassen, muss "Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit … enthalten", wie es in der Legaldefinition des § 109 Abs. 1 S. 2 GewO heißt. Der Arbeitnehmer, welcher ein einfaches Zeugnis verlangt, kann vom Arbeitgeber nicht darauf verwiesen werden, dass dieser ihm ggf. schon eine Arbeitsbescheinigung ausgestellt hat. Die Arbeitsbescheinigung nach § 312 Abs. 1 SGB III erfüllt eine andere Funktion als das einfache Zeugnis.
Rz. 35
Aus dem einfachen Zeugnis müssen die Angaben zur Person des Beschäftigten mit Namen, Vornamen, akademischen Graden und Berufen zweifelsfrei hervorgehen. Anschrift und Geburtsdatum sind nur mit seinem Einverständnis aufzunehmen. Ein- und Austrittsdaten sind genau anzugeben und die Art der Beschäftigung bzw. des Aufgabengebietes genau zu beschreiben. Das einfache Zeugnis muss auf dem Firmenbogen mit Namen und Anschrift des Arbeitgebers geschrieben, mit "Zeugnis" überschrieben und mit Ort, Ausstellungsdatum und Unterschrift unterzeichnet sein.
Rz. 36
Muster 32.1: Einfaches Zeugnis für eine Angestellte
Muster 32.1: Einfaches Zeugnis für eine Angestellte
Fa. _________________________
Zeugnis
Frau _________________________, geb. am _________________________ in _________________________, stand in der Zeit vom _________________________ bis _________________________ in unseren Diensten. Sie erledigte die gesamte Korrespondenz und schrieb die Auftragsbestätigungen und Rechnungen für unseren Betrieb.
Ort, Datum
Unterschrift Arbeitgeber
2. Qualifiziertes Zeugnis
Rz. 37
Ein ordnungsgemäßes qualifiziertes Arbeitszeugnis muss sich nach dem Gesetz über die folgenden vier Punkte verhalten, nämlich über
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die Dauer des Arbeitsverhältnisses, |
▪ |
die Art des Arbeitsverhältnisses, |
▪ |
die Leistungen des Arbeitnehmers, |
▪ |
das Verhalten des Arbeitnehmers. |
Rz. 38
Das qualifizierte Zeugnis enthält demnach stets die im einfachen Zeugnis enthaltenen Angaben zu Art und Dauer der Beschäftigung sowie zusätzlich die Bewertung der Leistungen und der Führung des Arbeitnehmers im Dienst (LAG Hamm v. 27.2.1997, NZA-RR 1998, 151), oder wie es nunmehr in der Legaldefinition des § 109 Abs. 1 S. 3 GewO heißt: "… sich die Angaben … auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis erstrecken". Mit dem Wort "Führung", wie es vormals in § 630 S. 2 BGB a.F., § 113 Abs. 2 GewO a.F., § 73 S. 2 HGB a.F. hieß, war nicht etwa die sozialethische Führung des Arbeitnehmers zu verstehen, sondern dessen Sozialverhalten im Betrieb; dem trägt das neue Recht mit der Verwendung des Wortes "Verhalten" Rechnung (§ 109 Abs. 1 S. 3 GewO).
Rz. 39
Bei einem qualifizierten Zeugnis ist zunächst nach der Art der zu beurteilenden Personen zwischen Arbeits-, Dienst-, Ausbildungs- und Praktikantenzeugnis zu unterscheiden. In der Privatwirtschaft wird im Allgemeinen vom "Arbeitszeugnis" gesprochen, bei leitenden Angestellten und im öffentlichen Dienst dagegen vom "Dienstzeugnis". Auszubildende erhalten ein "Ausbildungszeugnis" und Praktikanten ein "Praktikantenzeugnis".
Rz. 40
Bei einem qualifizierten Zeugnis ist des Weiteren zwischen dem Zwischenzeugnis und dem Schlusszeugnis zu unterscheiden. Das Zwischenzeugnis ist eine Beurteilung des Arbeitnehmers bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis, das Schlusszeugnis eine solche im Fall des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis. Für beide Zeugnisse gelten hinsichtlich Form und Inhalt im Wesentlichen die gleichen Grundsätze (Berscheid, WPrax Heft 21/1994, 3). Ein qualifiziertes Zeugnis muss alle wesentlichen Tatsachen und Bewertungen angeben, die für die Gesamtbeurteilung des Arbeitnehmers von Bedeutung und für Dritte von Interesse sind (BGH v. 22.9.1970, AP Nr. 16 zu § 826 BGB; LAG Hamm v. 16.3.1989, EzBAT § 61 BAT Nr. 13).
Rz. 41
Ein qualifiziertes Zeugnis muss als einheitliches Ganzes erteilt werden, es darf sich nicht bloß auf Leistung oder Verhalten beschränken (LAG Frankfurt am Main v. 23.1.1968, NJW 1968, 2028; LAG Köln v. 30.3.2001, BB 2001, 1959). Der Wunsch des Mitarbeiters, einen der beiden qualifizierenden Teile auszukl...