Rz. 12

Streit unter zukünftigen Erben kann vermieden werden, wenn diese bei der Erstellung des Testamentes mitwirken und bereits dort ihre Wünsche und Bedürfnisse äußern und einbringen können. Dies ist manchmal schwierig, weshalb es durchaus auch möglich ist, im Rahmen einer Mediation solche Regelungen vorab zu besprechen und dann in einem Erbvertrag festzulegen.

Wenn dies nicht möglich ist, so können die Erblasser im Testament die Erben im Wege einer Auflage verpflichten, die möglicherweise entstehenden Streitigkeiten in einem Mediationsverfahren zu klären.

 

Rz. 13

 

Formulierungsbeispiel: Mediationsauflage im Testament

Sollten sich aus dem Testament Streitigkeiten ergeben, so sollen die Erben diese Streitigkeiten im Wege eines Mediationsverfahrens mit Hilfe eines zertifizierten (§ 5 MediationsG) und bei einem Mediationsverband anerkannten Mediators zu lösen versuchen.

Hierzu sollen sie sich zu mindestens einer Sitzung bereit erklären. Sollte einer der Erben einen solchen Mediationsversuch ablehnen, so soll er verpflichtet sein, unabhängig vom Obsiegen in einem Rechtsstreit, die dort anfallenden gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten zu übernehmen.

Der EuGH (C-75/16) hat mit seinem Urteil vom 14.6.2017 – aus Anlass eines Verfahrens in Italien – entschieden, dass eine zwingende Mediation zulässig sein kann, wenn die Parteien nicht daran gehindert werden, ihren Zugang zum Gerichtssystem auszuüben. Voraussetzung ist, dass Anwälte beigezogen werden müssen und dass eine Konfliktpartei ein Mediationsverfahren nur abbrechen darf, wenn sie das Vorliegen eines rechtfertigenden Grundes für diese Entscheidung darlegt.

 

Rz. 14

Diese Formulierung kann natürlich nicht in allen Fällen Streitigkeiten verhindern, aber sie zwingt die Beteiligten zumindest dazu, sich einige Stunden zusammenzusetzen und unter professioneller Begleitung die Probleme zu besprechen. Dies ist auch in so genannten Vierergesprächen möglich, bei denen die Parteien mit ihren jeweiligen Anwälten verhandeln.

 

Rz. 15

Worin besteht also der Unterschied zwischen dem kontradiktorischen Verfahren, einem Vierergespräch und der Mediation, und wo liegt der Vorteil eines Mediationsverfahrens?

Ziel einer Mediation ist nicht nur, dass eine Vereinbarung getroffen wird, mit der alle Beteiligten einverstanden sind, sondern auch, dass die Kommunikation zwischen den Konfliktparteien verbessert bzw. ermöglicht wird. Dies gilt umso mehr, wenn ein zukünftiger Umgang notwendig ist. Ziel sollte sein, die Parteien in die Lage zu versetzen, in Zukunft auch ohne Rechtsanwälte miteinander zu reden.

In einem "Vierergespräch" wird indirekt kommuniziert, hier sprechen die Rechtsanwälte für ihre Parteien miteinander. (Der "Advocatus" ist der "Fürsprecher".) In der Mediation wird direkt kommuniziert, die Konfliktparteien reden miteinander. Das bringt mehr Authentizität, keiner kann sich hinter dem Anwalt "verstecken", Gefühle werden offenbar, konstruktiver Streit ist im Beisein und unter der Leitung des Mediators möglich, jeder handelt eigenverantwortlich.

In der Mediation werden die Lösungen von den Parteien in Autonomie und Selbstverantwortung gefunden. Die Parteien "schöpfen" ihr Recht selbst. Den Rechtsanwälten bleibt dann "nur" die vornehme Pflicht, sie bei der Rechtsgestaltung zu unterstützen und zu beraten.

Diese Tätigkeit der Rechtsgestaltung im Gegensatz zur Rechtsanwendung kann für die Konfliktparteien sinnvoller und auch für Rechtsanwälte angenehmer und befriedigender sein.

Um die Konfliktparteien gerade in Erbauseinandersetzungen von den Vorteilen eines Mediationsverfahrens zu überzeugen, ist es hilfreich, wenn ihnen Folgendes deutlich gemacht wird:

In streitigen gerichtlichen Auseinandersetzungen über den mutmaßlichen Willen des Erblassers wird in die Vergangenheit geblickt, in der Mediation liegt der Fokus auf der Gestaltung der Zukunft durch die Lebenden.

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