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In die Mediation kamen zwei Töchter des Erblassers aus dessen erster Ehe, seine Witwe und deren beide Kinder aus ihrer ersten Ehe. Die Beziehung zwischen den vier Kindern und der Witwe war sehr harmonisch.

Der Nachlass bestand aus einem Grundstück mit Haus, wertvollem Inventar und Barvermögen.

Zwischen dem Erblasser und seiner zweiten Ehefrau gab es ein Testament, in dem sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt hatten. Nach dem Tod des Vaters wollten die Kinder des Verstorbenen dieses Testament respektieren, sie wollten ihre Ansprüche zurückstellen, bis auch ihre Stiefmutter gestorben wäre. Die Witwe wohnte im Haus und lebte vom Vermögen.

Die beiden leiblichen Kinder des Verstorbenen hatten sich allerdings anwaltlich beraten lassen und erfahren, dass sie die Pflichtteilsansprüche, die sie auf den Tod des Vaters erheben könnten, nur drei Jahre lang würden geltend machen können, danach seien diese Pflichtteilsansprüche verjährt. Der Rechtsanwalt hatte die beiden auch darauf hingewiesen, dass sie – da sie ja nicht leibliche Kinder der Witwe seien – nach deren Tod nicht erbberechtigt wären. Sie waren also gezwungen, ihre Pflichtteilsansprüche sofort nach dem Tod des Vaters geltend zu machen, um nicht Gefahr zu laufen, ihr väterliches Erbe gänzlich zu verlieren.

Diese Rechtsberatung hatte verständlicherweise sehr viel Unruhe in die Familie gebracht, und auf Anraten der Rechtsanwälte wurde ein Mediationsverfahren vereinbart. Im diesem Mediationsverfahren regelten alle fünf Beteiligten in einem notariellen Erbvertrag, dass auch nach dem Tode der Witwe alle vier Kinder zu gleichen Teilen erben würden. Alle vier übernahmen aber auch die Verpflichtung, anteilig für die Witwe zu sorgen, sollte diese in wirtschaftliche oder pflegerische Not geraten.

Mit dieser Lösung waren die Bedürfnisse aller Beteiligten befriedigt. Die Abkömmlinge des Erblassers erhielten nach dem Tod der Stiefmutter voraussichtlich mehr als der Pflichtteil jetzt wert war. Die Abkömmlinge der Witwe hatten für ihre Mutter Frieden erreicht und die Versorgung der Mutter auf vier Personen erweitert. Die Witwe war keinen Bargeldansprüchen der Stiefkinder ausgesetzt.

Alle Beteiligten waren vor dem Abschluss des notariellen Erbauseinandersetzungsvertrags sowohl über die Risiken als auch die Vorteile dieser Lösung wiederum durch ihre Rechtsanwälte informiert.

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