Rz. 159

Hat der Verkäufer der Gesellschaft Gesellschafterdarlehen gegeben, so sollen diese naturgemäß mit der Veräußerung des Unternehmens abgelöst werden. Dabei liegt es nahe, dass die Gesellschaft das Darlehen an den Veräußerer zurückzahlt. Alternativ kann der Erwerber das Darlehen übernehmen und dem Veräußerer abkaufen.

 

Rz. 160

Bis zur Reform der Insolvenzordnung durch das MoMiG (Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen) und dessen Inkrafttreten am 1.11.2008 waren durchaus beide Alternativen gängig. Mit der Änderung des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO, nachdem nunmehr jede Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens durch den Insolvenzverwalter unabhängig vom Vorliegen einer "Krise" zumindest binnen Jahresfrist (nach der Rückzahlung) anfechtbar ist, werden in der Praxis Gesellschafterdarlehen in der Regel an den Käufer verkauft und abgetreten. Der Nominalwert des Gesellschafterdarlehens, soweit werthaltig, ist im Rahmen der Kaufpreisberechnung als Verbindlichkeit vom Unternehmenswert abzuziehen.

 

Rz. 161

Die vorgenannte Praxis wurde durch ein Urteil des BGH vom 21.2.2013 (IX ZR 32/12)[31] jedenfalls in Frage gestellt. Im Ergebnis haftete im vom BGH zu beurteilenden Sachverhalt der alte Gesellschafter/Veräußerer des Gesellschafterdarlehens neben dem Erwerber des Gesellschafterdarlehens als Gesamtschuldner für die vom Insolvenzverwalter angefochtene Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens an der Erwerber. Die Übertragung der Grundsätze dieses Urteils auf die Transaktionspraxis, welche von der Urteilsbegründung her dogmatisch durchaus vertretbar ist, wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt, weil dem Urteil ein strafrechtlich relevanter Sachverhalt zugrunde lag. Die Gesellschafterforderung wurde an eine Limited abgetreten, die nach Befriedung des (Gesellschafter-)Darlehens durch die Insolvenzschuldnerin für den Insolvenzverwalter nicht mehr "erreichbar" war, so dass der Verdacht eines kollusiven Zusammenwirkens zwischen Zedent und Zessionar der Darlehensforderung nahelag. Gleichwohl kann die Anwendung des Urteils auf Unternehmenstransaktionen nicht ausgeschlossen werden, so dass insbesondere aus Sicht des Veräußerers über zusätzliche Absicherungen nachgedacht werden muss.

 

Rz. 162

Folgende Lösungsmöglichkeiten kommen hierbei in Betracht, wobei die Umsetzung selbstverständlich immer eine Frage der konkreten Verhandlungsposition und des Erwerbers ist:

Abtretungslösung inklusive schuldrechtlicher Verpflichtungen, d.h. der Erwerber verpflichtet sich, (i) das Darlehen für ein Jahr in der Zielgesellschaft zu belassen und (ii) den Verkäufer im Falle einer Inanspruchnahme des Verkäufers durch den Insolvenzverwalter von der Rückzahlungsverpflichtung freizustellen;
zeitlich nachfolgende (ein Jahr später) Abtretung des Darlehens an den Erwerber (geht dinglich erst ein Jahr nach Closing über);
vorübergehende Abtretung an einen Treuhänder und
Einbringungslösung: die Darlehensforderung wird vor Closing vom Verkäufer durch Abtretung in die Zielgesellschaft eingebracht (mit der Folge des Erlöschens durch Konfusion) oder es wird ein Erlassvertrag geschlossen.

Am praktikabelsten ist sicher die Absicherung durch schuldrechtliche Verpflichtungen, wobei diese vom Verkäufer akzeptiert werden muss und auch nur tragfähig ist, wenn ein "potentes" Erwerbsvehikel/Garant eingesetzt wird, der notfalls für die Freistellungsverpflichtung "gut" ist. Vor Umsetzung der Einbringungslösung sollte diese zwingend mit dem steuerlichen Berater abgestimmt werden.

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