Dr. Wolfgang Kürschner, Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 21
Das Adhäsionsverfahren wird durch einen Antrag des Verletzten oder seines Erben eingeleitet. Die Antragstellung ist erforderlich: ein Adhäsionsausspruch, dass sich das zuerkannte Schmerzensgeld aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung ergebe, ist rechtsfehlerhaft, wenn der Geschädigte diese Feststellung nicht beantragt hat. Ebenso genügt die bloße Inaussichtstellung oder Ankündigung einer Antragstellung nicht. So vermag die vom Nebenklägervertreter im Prozesskostenhilfeverfahren angekündigte Stellung eines Entschädigungsantrages das von § 404 Abs. 1 S. 1 StPO ausdrücklich verlangte Stellen des Antrages nicht zu ersetzen.
Rz. 22
Der Antrag kann nach § 404 Abs. 1 StPO schriftlich, mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten gestellt werden; er muss den Gegenstand und Grund des Anspruchs bestimmt bezeichnen und soll die Beweismittel enthalten. Die Abgabe ist bereits mit der Anzeigeerstattung möglich. In der Hauptverhandlung ist mündliche Antragstellung ebenfalls genügend, und zwar bis zum Beginn der Schlussvorträge.
Rz. 23
Erfolgt die Antragstellung in der Hauptverhandlung, ist freilich auf das Risiko hinzuweisen, dass das Gericht nach § 406 Abs. 1 S. 5 StPO von einer Entscheidung absieht, weil die Prüfung das Verfahren verzögern würde. Wurde der Adhäsionsantrag außerhalb der Hauptverhandlung gestellt, ist er § 404 Abs. 1 S. 3 StPO dem Angeklagten zuzustellen. Im Fall der nicht erfolgten Zustellung fehlt es an einer von Amts wegen zu prüfenden Verfahrensvoraussetzung.
Rz. 24
Der Antrag muss ausweislich des § 404 Abs. 1 S. 2 StPO Gegenstand und Grund des Anspruchs bestimmt bezeichnen und soll die Beweismittel enthalten. Inhaltlich hat der Adhäsionsantrag den Anforderungen an eine Zivilklage nach § 253 ZPO zu genügen. Wenn der Umfang der beantragten Geldleistung im richterlichen Ermessen steht, muss zwar kein konkreter Betrag geltend gemacht werden. Das Bestimmtheitsgebot verlangt aber zumindest die Angabe einer Größenordnung, um das Gericht und den Gegner darüber zu unterrichten, welchen Umfang der Streitgegenstand haben soll. Für die bestimmte Bezeichnung des geltend gemachten Anspruchs reicht bei einfach gelagerten Sachverhalten die Bezugnahme auf die in der Anklageschrift erhobenen Tatvorwürfe aus. Der Verweis auf das zu erwartende Ergebnis der Hauptverhandlung stellt hingegen keine Konkretisierung dar. Macht der Adhäsionskläger keine Angaben zur Größenordnung des begehrten Schmerzensgeldes, so fehlt es an der erforderlichen Bestimmtheit des unbezifferten Adhäsionsantrags. Die fehlende Angabe zur Größenordnung des begehrten Schmerzensgeldes führt zur Aufhebung der Adhäsionsentscheidung und Zurückverweisung durch das Revisionsgericht, wenn der neue Tatrichter ohnehin erneut mit der Sache befasst wird und nach entsprechender Ergänzung auch über den Adhäsionsantrag neu entscheiden kann. Ist der Antrag unbeziffert und enthält er auch sonst keinen Hinweis auf die Größenordnung oder einen Mindestbetrag, den der Geschädigte als Schmerzensgeld anstrebt, genügt dies den Bestimmtheitsanforderungen nicht. Dieser Mangel kann allerdings bis zum Ende der Hauptverhandlung geheilt werden, etwa durch eine Streitwertangabe oder eine vor Urteilserlass unwidersprochen hingenommene Streitwertfestsetzung seitens des Gerichts.
Rz. 25
Nach § 404 Abs. 2 S. 1 StPO hat die Antragstellung "dieselben Wirkungen wie die Erhebung der Klage im bürgerlichen Rechtsstreit". Wie in diesem führt der Adhäsionsantrag daher ebenfalls z.B. zur Hemmung der Verjährung; die Wirkung tritt mit Eingang des Antrags bei Gericht ein (S. 2). Antragsgegner kann nur ein Beschuldigter sein, also nicht andere, auch wenn diese zivilrechtlich (mit-)haften sollten. Für die Antragstellung des Verletzten besteht kein Anwaltszwang. Eine Rücknahme des Antrags ist nach § 404 Abs. 4 StPO bis zur Verkündung des Urteils zulässig.