Rz. 24
Das deutsche Internationale Erbrecht verweist in Art. 3 Nr. 1 lit. e EGBGB direkt auf die EuErbVO. Die Frage nach dem Erbstatut bemisst sich europäisch einheitlich gem. Art. 21 Abs. 1 EuErbVO und nur noch auffangweise nach Art. 25 EGBGB.
1. Allgemeines
Rz. 25
Eine Nachfolgeplanung ist bereits eine komplexe Aufgabe, wenn ausschließlich nationales Recht Anwendung findet. Umso komplexer wird eine solche Planung, wenn zusätzlich ausländische Sachverhalte zu berücksichtigen sind. Für den Berater ist es daher wichtig, mit kompetenten Partnern zusammenzuarbeiten, denn niemand wird von sich behaupten können, in allen zivil- und steuerrechtlichen Fragen mehrerer Länder Rede und Antwort stehen zu können. In der Regel sorgt hierfür schon die Sprachbarriere. Der Berater sollte sich daher rechtzeitig darum kümmern, ein internationales Netzwerk aufzubauen, um internationale Erbrechtsangelegenheiten umfassend abdecken zu können.
Weiterhin sollte der Berater seinen Mandanten frühzeitig auf die hohe Komplexität internationaler Nachfolgeplanungen hinweisen, denn höhere Komplexität bedeutet auch signifikant höhere Kosten. Je mehr das Vermögen des Mandanten über den Globus verteilt ist, desto notwendiger ist es, sorgfältige Aufzeichnungen darüber zu führen. Der Verbleib von Firmenbeteiligungen und Betriebsvermögen sind für Erben i.d.R. unproblematisch nachzuvollziehen. Anders sieht es hingegen für Bargeldbestände, Guthaben bei Kreditinstituten und Kunstgegenstände aus. Selbst Grundstücke können in manchen Ländern "verlorengehen", weil die Erben in den Unterlagen des Erblassers keine Aufzeichnungen darüber finden und sich die eingesetzten Verwalter nicht genötigt sehen, die Erben über ihr neues Eigentum aufzuklären (solche Fälle sollen in Südamerika bisweilen vorkommen). Durch eine Inventarisierung des zu vererbenden Vermögens können daher ungewollte "Verluste" vermieden werden.
2. Erbstatut
Rz. 26
Anknüpfungsgegenstand (siehe Rdn 9) des Erbstatutes gem. Art. 21 EuErbVO ist die Rechtsnachfolge von Todes wegen. Darunter sind alle Rechtsfragen zu verstehen, die sich daraus ergeben, dass mit dem Tod eines Menschen sein Vermögen auf andere übergeht. Art. 23 EuErbVO formuliert eine Konkretisierung des Umfanges des Erbstatus.
Das Erbstatut umfasst gem. Art. 23 EuErbVO
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die Gründe für den Eintritt des Erbfalls, dessen Zeitpunkt und Ort |
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die Erbfähigkeit |
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die Enterbung und Erbunwürdigkeit |
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den Übergang der Nachlassgüter, Rechte und Pflichten |
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die Annahme und Ausschlagung der Erbschaft |
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die Annahme und Ausschlagung eines Vermächtnisses |
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die Berufung eines Berechtigten |
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die Bestimmung der Erbquoten |
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die Anordnung von Anordnungen und Auflagen |
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die Rechte der Erben, Testamentsvollstrecker und anderer Nachlassverwalter |
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die Nachlassansprüche überlebender Ehegatten oder Lebenspartner |
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die Beschränkung der Testierfähigkeit, insbesondere durch Noterbenrechte und Pflichtteilsrechte |
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die Bestimmung der frei verfügbaren Quote des Nachlasses (disponible/nicht disponible Quote des Nachlasses |
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Schenkungen von Todes wegen nach § 2301 BGB und Verträge zugunsten Dritter auf den Todesfall. |
Rz. 27
Daneben umfasst das Erbstatut auch die Entstehung und Struktur der Erbengemeinschaft. Da die EuErbVO nunmehr durch einen einheitlichen Anknüpfungspunkt Spaltnachlässe vermeiden möchte, hat die Neuregelung auch Auswirkung auf die Erbengemeinschaft, da diese zukünftig allesamt nach dem Recht des Staates begründet werden, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
Demgegenüber ist zu beachten, dass durch den Tod eines verheirateten Erblassers die güterrechtliche Gemeinschaft mit seinem Ehepartner aufgehoben wird. Daher muss nach Beendigung des Güterstandes durch den Tod vor der erbrechtlichen Auseinandersetzung eine Liquidation des ehelichen Vermögens erfolgen. Nur der dem Erblasser nach der güterrechtlichen Auseinandersetzung zuzurechnende Teil seines Vermögens fällt in die Erbmasse.
Rz. 28
Das Erbstatut ist vom Gesellschaftsstatut abzugrenzen. Das Gesellschaftsstatut ist gem. Art. 1 Abs. 2 lit. h EuErbVO von der Anwendung der EuErbVO ausgenommen. Die Einführung der EuErbVO hat aus deutscher Sicht zu keiner veränderten Abgrenzung zwischen Erbstatut und Gesellschaftsstatut geführt. Das Gesellschaftsstatut bestimmt die Innen- und Außenbeziehungen einer juristischen Person. Daher entscheidet es darüber, ob eine Gesellschaft nach dem Tod eines Gesellschafters aufgelöst oder fortgeführt und ob ein Gesellschaftsanteil (überhaupt) vererbt werden kann. Das Gesellschaftsstatut bestimmt, welche gesellschaftsrechtlichen Positionen in den Nachlass fallen, wohingegen das Erbstatut entscheidet, wer zu welchem Anteil Erbe wird (Ausnahme deutsche Personengesellschaft). Praktisch sind zwei Konstellationen denkbar:
Wichtig
1. Ausländisches Erbrecht trifft auf deutsches Gesellschaftsrecht (Gesellschaftsstatut)
Das ausländische Erbstatut ist sicher insoweit anzuwenden, als es darüber befindet, wer den verstorbenen Gesellschaft...