Rz. 137
Das ENZ dient der Nachlassabwicklung außerhalb des Inlandes. Es ist nicht allein zur Anwendung im jeweiligen Inland gedacht, sondern soll vielmehr die Abwicklung eines Erbfalls mit Auslandsbezug ermöglichen. Das ENZ dient dabei nicht nur den Erben, sondern aller unmittelbar am Nachlass berechtigter. Es steht mithin nicht in Konkurrenz zum deutschen Erbschein.
a) Internationale Zuständigkeit
Rz. 138
Die internationale Zuständigkeit für das Verfahren zur Beantragung des ENZ ergibt sich aus Art. 4 ff. EuErbVO. Danach fällt die internationale Zuständigkeit dem Land zu, in welchem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Bei einer getroffenen Rechtswahl gemäß Art. 5 EuErbVO können die Erben durch Vereinbarung einer Gerichtsstandsvereinbarung die Zuständigkeit verschieben.
b) Sachliche Zuständigkeit
Rz. 139
Die sachliche Zuständigkeit zur Beantragung des ENZ ist in § 34 IntErbRVG geregelt. Danach ist gem. § 34 Abs. 4 IntErbRVG das Amtsgericht als Nachlassgericht ausschließlich zuständig zur Beantragung. Eine Besonderheit galt bei der Beantragung in Baden-Württemberg: In Württemberg nahm der Bezirksnotar gem. Art. 73 ff. AGBGB und in Baden der Notar gemäß § 33 LFGG die Aufgaben des Nachlassgerichtes wahr. Mit Inkraftreten der Notariatsreform und Neuordnung des Grundbuchwesens zum 1.1.2018 des Landes Baden-Württemberg wurden alle rund 300 bestehenden staatlichen Notariate aufgelöst und freiberuflichen Notaren übergeben. Die Aufgaben der freiwilligen Gerichtsbarkeit wurden, wie im Bund auch, den Amtsgerichten übertragen.
c) Örtliche Zuständigkeit
Rz. 140
Die inländische örtliche Zuständigkeit bestimmt sich wie auch die internationale Zuständigkeit in Art. 4 EuErbVO. Danach ist das Nachlassgericht innerhalb Deutschlands zuständig, an welchem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt seines Todes hatte. Hatte der Erblasser indes keinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland zum Zeitpunkt seines Todes, so ist das Gericht zuständig, in welchem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Fehlt auch dieser, so ist das Amtsgericht Schöneberg (Berlin) zuständig. Das Amtsgericht Schöneberg darf gemäß § 343 Abs. 2 FamFG die Sache aus wichtigem Grund an ein anderes Nachlassgericht verweisen. Eine Verweisung wird in aller Regelmäßigkeit durch das Nachlassgericht Schöneberg getroffen, wenn sich Nachlassmasse von Wert an einem anderen Ort im Inland befindet.
d) Antrag
Rz. 141
Vergleichbar in etwa dem Erbscheinsverfahren (§ 352 Abs. 3 FamFG), hat der Antragsteller eines ENZ in aller Regel die dort gemachten Angaben gem. § 36 Abs. 2 IntErbRVG an Eides statt zu erklären. Er hat zu erklären, dass ihm, dem Antragsteller, nichts bekannt sei, was der Richtigkeit seiner Angaben entgegensteht. Das Gericht kann dem Antragsteller jedoch die Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung erlassen, wenn das Gericht dies für nicht erforderlich erachtet. Anders als beim Erbschein, welcher beispielsweise Grundpfandgläubigern die Beantragung eines Erbscheines gestattet, ist die Beantragung eines ENZ durch Gläubiger nicht vorgesehen. Sie gehören nicht zum Kreis der Antragsberechtigten.
e) Anhörung Beteiligter
Rz. 142
Der Begriff des Beteiligten ist an § 345 FamFG angelehnt und in § 37 IntErbRVG beschrieben. In aller Regel müssen Beteiligte angehört werden, wenn das ENZ in die Rechte der Beteiligten eingreift. Unklar ist aktuell noch, was zu geschehen hat bzw. welche rechtlichen Konsequenzen es hat, wenn ein am Verfahren Beteiligter Einwendungen gegen die Erteilung des ENZ vorbringt. Nach bisheriger Auffassung ist das Nachlassgericht gehalten, für den Fall, dass die Einwendungen nicht durchgreifen, dies im ENZ darzulegen. Werden indes zwei Anträge auf Erteilung eines ENZ mit jeweils feindlichen Anträgen gestellt, so ist der erfolglose Antrag rechtsmittelfähig zurückzuweisen.
f) Gang des Verfahrens
Rz. 143
Vergleichbar wie im deutschen Erbscheinsverfahren gilt für das Antragsverfahren des ENZ der Amtsermittlungsgrundsatz. Dieser ergibt sich zunächst einmal aus Art. 66 Abs. 1 S. 2 EuErbVO. Der Umfang der Amtsermittlungspflicht ergibt sich wiederum aus den lex fori, sodass § 35 Abs. 1 IntErbRVG zur Anwendung kommt. Damit hat das Nachlassgericht die Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären gem. § 26 FamFG. Die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung des ENZ erfolgt durch Erteilung des ENZ gemäß § 39 Abs. 1 S. 1 IntErbRVG. Wird das ENZ indes nicht erteilt, sondern die Erteilung abgelehnt, so ergeht hierüber ge...