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Jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, kann bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Anhörungsbehörde oder bei der Gemeinde Einwendungen gegen den Plan erheben (§ 73 Abs. 4 S. 1 VwVfG). Als einwendungsbefugte (und damit klagebefugte) Private wurden lange Zeit nur Eigentümer und dinglich Berechtigte von durch die planfestzustellende Anlage betroffenen Grundstücken angesehen. Aus der Grundstücksbezogenheit des Planungsrechts folge, dass bei einem Nutzungskonflikt die benachbarten Grundstücke durch die Eigentümer repräsentiert würden. Nunmehr geht der 11. Senat des BVerwG davon aus, dass auch Mieter wegen Immissionen einwendungsbefugt sind. Denn § 41 Abs. 1 BImSchG schütze vor "schädlichen Umwelteinwirkungen" und damit auch andere Anwohner als Eigentümer. Einwendungsbefugt ist auch der Pächter eines Kleingartens, der dort ein Haus bewohnt, das Scheinbestandteil des Grundstücks (§ 95 Abs. 1 BGB) sein kann.
Einwendungen können bei abschnittsweiser Planfeststellung auch gegen vorangehende Planfeststellungsbeschlüsse erhoben werden, wenn diese zu einer zwangsläufigen Betroffenheit im "eigenen" Planfeststellungsabschnitt führen.
Nach § 73 Abs. 4 S. 3 VwVfG sind mit Ablauf der Einwendungsfrist alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Somit wird durch die Novelle zum Verwaltungsverfahrensrecht für alle von Bundesbehörden durchgeführten Planfeststellungsverfahren die so genannte materielle Präklusion eingeführt. Vor der Novellierung wurde die materielle Präklusion von Einwendungen lediglich in spezialgesetzlich geregelten Fachplanungsbereichen geregelt (z.B. Bundesfernstraßenrecht und Eisenbahnplanfeststellungsrecht). Für landesrechtlich geregelte Planfeststellungen und durch Behörden der Länder im Auftrag ausgeführte bundesrechtlich angeordnete Planfeststellungen ist allerdings nicht das VwVfG, sondern das jeweilige VwVfG des Landes anzuwenden (vgl. § 1 Abs. 3 VwVfG).
Der Ausschluss verspätet erhobener Einwendungen dürfte nur dann greifen, wenn die Vorschriften über die Dauer der Auslegung eingehalten worden sind. Dies folgt aus dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs, wie er in § 73 VwVfG für das Planfeststellungsverfahren ausgeprägt worden ist. Eine verkürzte Auslegung dürfte allenfalls dann für die Präklusionswirkung unschädlich sein, wenn sie sich im konkreten Fall nicht erkennbar auf die Rechtswahrung der Betroffenen ausgewirkt hat.
Die Ausschlusswirkung tritt auch dann nicht ein, wenn bei der ortsüblichen Bekanntmachung der Auslegung des Plans nicht ordnungsgemäß über Ort und Zeitraum der Auslegung und über den Umstand, dass etwaige Einwendungen bei den in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stellen innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen sind, belehrt worden ist (vgl. § 73 Abs. 5 S. 1 und 2 VwVfG).
Insoweit ist die Planfeststellungsbehörde im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des Verfahrens abhängig von den Gemeinden, die den Plan bekannt machen. Versäumen es diese, auf die Ausschlusswirkung in der Bekanntmachung hinzuweisen, entfällt die Präklusionswirkung. Dies wird aber angesichts der in der Praxis verwendeten Formulare kaum einmal der Fall sein.
Ein Wegfall der Präklusionswirkung kann auch dann entstehen, wenn bei nachträglichen Planänderungen im Auslegungsverfahren nach § 73 Abs. 3 oder nach § 73 Abs. 8 VwVfG die Anhörungsbehörde ohne Hinweis auf die Präklusionswirkung den Plan nochmals auslegt. Unterlässt die Behörde bei Auslegung von umfangreichen Tekturplänen den Hinweis auf die Präklusionswirkung und legt sie auch nicht lediglich die Tektur, sondern die Gesamtplanung (mit den umfangreichen Änderungen) erneut aus, kann sie sich nicht auf die früher gegebenen Hinweise zur Präklusionswirkung im Rahmen der früheren Bekanntmachungen über Planauslegungen berufen. Fordert die Anhörungsbehörde zudem außerhalb des § 73 Abs. 8 VwVfG Gemeindebürger, die sich durch die Planänderung "neu" betroffen fühlen, zur Einreichung von Einwendungen auf, ohne die Präklusionswirkung zu erwähnen, so vermittelt sie – ggf. auch ungewollt – den Eindruck, das Verfahren insgesamt nochmals nach dem § 73 Abs. 3 und 5 VwVfG aufnehmen zu wollen. Hieran soll auch der Hinweis nichts ändern, dass nur zur "Information" ausgelegt worden ist. Denn aus der Sicht der Einwendungsführer könne dies nur heißen, dass bereits erhobene Einwendungen weiterhin Bestand haben, dass Neueinwendungen zusätzlich erhoben werden können und die früheren Hinweise auf den Einwendungsschluss keinen Bestand mehr haben.
§ 73 Abs. 4 S. 3 VwVfG begründet eine auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu beachtende materielle Verwirkungspräklusion. Das BVerwG und das BVerfG halten diese Gesetzestechnik für verfassungsrechtlich unbedenklich.
Die deutschen Präklusionsregelungen warfen allerdings die Frage ihrer Unionsrechtskonformität auf. Die zugrunde liegenden EU-Richtlinien verpflichteten die Mitgliedstaaten, der betroffenen Öffentlich...