Rz. 2
§ 79 Abs. 1 OWiG nennt die Fälle einer ohne Weiteres zulässigen Rechtsbeschwerde, die jetzt für die Staatsanwaltschaft u.a. noch um den Fall ergänzt wurde, dass das Gericht von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen hat, obwohl ein solches im Bußgeldbescheid festgesetzt worden war bzw. die Staatsanwaltschaft ein Fahrverbot beantragt hatte. Nachfolgend werden nur die für die Verteidigung relevanten Konstellationen behandelt.
I. Mehr als 250 EUR Geldbuße und/oder Fahrverbot
Rz. 3
Die größte praktische Bedeutung für Betroffene hat die Rechtsbeschwerde gegen eine Verurteilung zu mehr als 250 EUR und/oder einem Fahrverbot.
Rz. 4
Für die Berechnung der Wertgrenze kommt es nur auf die reine Geldbuße an; die Verfahrenskosten spielen hier keine Rolle.
Rz. 5
Tipp: Rechtsbeschwerde gegen Fahrverbot
Zu den Erfolgsaussichten einer Rechtsbeschwerde gegen ein Fahrverbot siehe Schmitz.
II. Gesamtgeldbuße
Rz. 6
Unsicherheiten können dann auftreten, wenn mehrere Taten vorliegen und deshalb eine Gesamtgeldbuße gebildet worden ist. Das Zulassungsverfahren ist nämlich nicht schon alleine deshalb entbehrlich, weil das Urteil auf mehr als 250 EUR Geldbuße lautet. Erforderlich ist vielmehr, dass mindestens eine der Taten mit mehr als 250 EUR geahndet worden ist. Ist dies nicht der Fall und wird die im Gesetz genannte Grenze von 250 EUR nur wegen der Bildung einer Gesamtgeldbuße überschritten, bedarf die Rechtsbeschwerde der Zulassung (OLG Köln NZV 1994, 292; OLG Karlsruhe NZV 2005, 329).
III. Beschlussverfahren (§ 72 OWiG)
Rz. 7
Hat das Gericht trotz des rechtzeitig erhobenen Widerspruchs des Betroffenen per Beschluss entschieden, ist die Rechtsbeschwerde ohne Rücksicht auf die Höhe der verhängten Geldbuße ohne Weiteres zulässig. Außerdem schreibt das Gesetz vor, dass der Betroffene über die Widerspruchsmöglichkeit belehrt werden muss, regelt aber nicht den Fall, dass die Belehrung nicht oder fehlerhaft erfolgt ist. War dies der Fall, lässt die Rechtsprechung in entsprechender Anwendung des § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 OWiG die Rechtsbeschwerde durch Analogie zugunsten des Betroffenen zu (OLG Düsseldorf DAR 1999, 129).
IV. Nicht vermögensrechtliche Nebenfolge
Rz. 8
Die Rechtsbeschwerde ist daneben zulässig, wenn eine 250 EUR übersteigende Nebenfolge nicht vermögensrechtliche Nebenfolge, wie z.B. ein Fahrverbot, angeordnet wurde. Die Eintragung im Fahreignungsregister ist indessen auch dann keine nicht vermögensrechtliche Nebenfolge i.S.d. § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG, wenn der Betroffene als Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe wegen der mit der Verurteilung verbundenen Registereintragung ein Aufbauseminar absolvieren und damit entsprechend hohe Kosten aufwenden muss (OLG Hamm DAR 1997, 410). Nebenfolgen vermögensrechtlicher Art sind z.B. die Einziehung gem. § 22 OWiG oder die Verfallsanordnung gem. § 29a OWiG.