A. Begriffe
I. Resorptionsphase
Rz. 1
Der Alkohol geht erst nach einer gewissen, von Trinkgeschwindigkeit und Füllzustand des Magens abhängigen Zeit ins Blut über. Diese sog. "Resorptionsphase" dauert – je nach Umständen – 20 Minuten bis max. zwei Stunden.
II. Resorptionsdefizit
Rz. 2
Ein geringer Teil des Alkohols geht durch Nahrungsausscheidung verloren. Dieses Resorptionsdefizit beträgt zwischen 10–15 % des aufgenommenen Alkohols, nach reichlichem Essen sogar bis zu 30 % (BGH NJW 1991, 852).
III. Eliminationsphase
Rz. 3
Mit der Aufnahme des Alkohols im Blut beginnt bereits dessen Abbau (Eliminationsphase). Der Alkoholabbau ist von Mensch zu Mensch und Situation zu Situation unterschiedlich. Deshalb lässt sich kein individueller Abbauwert ermitteln (BGH NStZ 2001, 418). Er beträgt aber mindestens 0,1 ‰ und max. 0,24 ‰. In Großversuchen hat sich ein stündlicher Abbauwert von 0,15 ‰ als realistischer Durchschnittswert herausgestellt.
IV. Reduktionsfaktor
Rz. 4
Bei der Berechnung der Blutalkoholkonzentration wird ein um einen Reduktionsfaktor vermindertes Körpergewicht zugrunde gelegt. Der Reduktionsfaktor berücksichtigt das Verhältnis zwischen Körpermasse und Blutanteil. Je höher der Fettanteil, desto niedriger der Reduktionsfaktor. Er beträgt bei einem normalen Körperbau bei Männern 0,7 und bei Frauen 0,6.
B. Widmark’sche Formel
Rz. 5
Mit Hilfe der Widmark’schen Formel lässt sich die maximale Blutalkoholkonzentration dadurch errechnen, dass man das Gewicht der Alkoholmenge durch das um den Reduktionsfaktor verminderte Körpergewicht des Betroffenen teilt. Dies ergibt dann einen Annäherungswert. Will man genauer rechnen, müsste man das Resorptionsdefizit und den Alkoholabbau berücksichtigen.
C. Alkoholgehalt
I. Durchschnittliche Werte
Rz. 6
Im Durchschnitt enthält ein Liter Wein 80–96 g Alkohol, ein Liter Bier 38–43 g und ein Schnaps (0,02 l) etwa 6 g Alkohol.
II. Volumen-Prozent
Rz. 7
Wenn man die Alkoholkonzentration des jeweiligen Getränkes kennt, kann man das anteilige Alkoholgewicht selbst errechnen. Alkohol hat nur 80 % des spezifischen Gewichts von Wasser. Man braucht deshalb nur die jeweilige in Prozent angegebene Alkoholkonzentration mit dem Faktor 8 zu multiplizieren, um das in einem Liter des Getränkes enthaltene Alkoholgewicht zu errechnen.
D. Berechnungsbeispiel
I. Berechnungsbeispiel der Blutalkoholkonzentration nach 0,75 Liter Wein mit 12 % Alkohol
1. Mann mit 100 kg Körpergewicht
Rz. 8
Alkoholmenge in Gramm, dividiert durch reduziertes Körpergewicht = 72 g Alkohol, dividiert durch 70 kg = 1,03 ‰.
2. Frau mit 60 kg Körpergewicht
Rz. 9
72 g Alkohol, dividiert durch reduziertes Körpergewicht von 36 = 2 ‰.
II. Mit Abbau und Resorptionsdefizit
Rz. 10
Die zuvor genannte Berechnung erlaubt nur eine grobe Annäherung. Wollte man genauer rechnen, müsste man ein durchschnittliches Resorptionsdefizit von etwa 10 g Alkohol und einen Abbau von ca. 0,15 ‰ pro Stunde berücksichtigen.
E. Achtung: Medikamente
Rz. 11
Immer wieder ziehen Mandanten den festgestellten Alkoholwert mit dem Hinweis auf eine vorausgegangene Medikamenteneinnahme in Zweifel. Diese Mandanten kann man getrost darauf hinweisen, dass Alkohol nur von Alkohol kommt und Tabletten oder sonstige Medikamente nicht etwa den Alkoholwert erhöhen, sondern allenfalls die Wirkung des Alkohols verstärken. Die Berufung auf eine Medikamenteneinnahme führt somit eher zu Nachteilen.
Rz. 12
Letztendlich hilft nicht einmal die Behauptung, ein Alkohol enthaltendes Medikament (z.B. Klosterfrau Melissengeist) eingenommen zu haben. Solche Medikamente enthalten so wenig Alkohol, dass man kritische Alkoholwerte nur durch einen hohen Missbrauch, der für sich alleine schon ein Verschulden begründete, erreichen könnte.