Dr. iur. Uwe Langohr-Plato
Rz. 239
Generelle Voraussetzung für den Bezug einer vorzeitigen betrieblichen Altersversorgungsleistung ist die Inanspruchnahme einer gesetzlichen Vollrente vor Vollendung des 65. Lebensjahres. Der entsprechende Hinweis im Gesetz auf den Bezug der gesetzlichen Altersrente "in voller Höhe" hat zur Konsequenz, dass beim Bezug einer gesetzlichen Teilrente nach § 42 SGB VI kein gesetzlicher Anspruch auf eine betriebliche Teilrente entsteht. Den Vertragsparteien steht es allerdings frei, über den Mindestschutz des BetrAVG hinaus im Rahmen einer Versorgungsordnung auch eine betriebliche Teilrente als Versorgungsleistung zu vereinbaren und damit entsprechende vertragliche Leistungsansprüche zu begründen. Demgegenüber ist die mit versicherungsmathematischen Abschlägen belegte vorgezogene gesetzliche Altersrente eine Vollrente i.S.v. § 6 BetrAVG.
Rz. 240
§ 6 BetrAVG regelt nur die Pflicht zur Gewährung vorzeitiger betrieblicher Altersversorgungsleistungen bei Bezug einer vorzeitigen Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Damit werden vom Anwendungsbereich des § 6 BetrAVG auch nur solche Mitarbeiter erfasst, die in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind. Versorgungsberechtigte, die nicht der gesetzlichen Rentenversicherung der BRD unterfallen, haben folglich keinen gesetzlichen Anspruch auf eine vorgezogene betriebliche Altersrente. Dies gilt auch für die Versorgungsberechtigten, die sich durch den Abschluss einer befreienden Lebensversicherung von der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht "freigekauft" haben (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, 24.7.1990 – 3 Sa 254/90, NZA 1991, 939). Um diesem Personenkreis gleichwohl einen flexiblen Übergang in den Ruhestand ermöglichen zu können, empfiehlt es sich, in der Versorgungsordnung entsprechende Regelungen aufzunehmen, die einen vertraglichen Anspruch auf eine vorgezogene Betriebsrente begründen. Insoweit kann auf das Ausscheiden des Versorgungsberechtigten und der fiktiven Prüfung eines bei bestehender Pflichtversicherung gegebenen gesetzlichen Leistungsanspruches abgestellt werden.
Rz. 241
Der Anspruch auf die vorzeitige betriebliche Altersversorgung ist von einem ausdrücklichen Leistungsbegehren des Arbeitnehmers ("auf sein Verlangen") abhängig. Erforderlich ist somit ein entsprechender Antrag des Versorgungsberechtigten ggü. dem Arbeitgeber bzw. ggü. dem die Versorgung durchführenden selbstständigen Versorgungsträger (Unterstützungskasse, Pensionskasse, Lebensversicherer). Ist der Arbeitgeber zwischenzeitlich insolvent geworden, ist der Anspruch gegen den PSV zu richten (BGH v. 9.6.1980 – II ZR 255/78, NJW 1980, 2257). Der Arbeitnehmer muss als Leistungsnachweis dem Antrag die Dokumente beifügen, aus denen sich der Bezug der vorgezogenen gesetzlichen Altersrente ergibt. Eine bestimmte Form oder Frist für den Leistungsantrag des Arbeitnehmers ist nicht erforderlich (BGH v. 9.6.1980 – II ZR 255/78, NJW 1980, 2257).