Dr. iur. Uwe Langohr-Plato
Rz. 242
§ 6 BetrAVG regelt einen Versorgungsfall kraft Gesetzes. Dabei beschränkt sich die gesetzliche Bestimmung allerdings auf Regelung des Anspruchs dem Grunde nach. Über die Höhe des Anspruches auf vorzeitige betriebliche Altersversorgung hat der Gesetzgeber bewusst keine Regelungen getroffen, sondern dies grds. der Disposition der Vertragsparteien überlassen.
Rz. 243
Soweit betriebliche Versorgungsleistungen über eine Pensionskasse erbracht werden, sind die vorgezogenen Versorgungsleistungen allerdings der Höhe nach auf die für den einzelnen Versorgungsberechtigten zum Zeitpunkt des Abrufes vorhandenen Deckungsmittel beschränkt (vgl. VerBAV Nr. 5/72 v. 28.11.1972, VerBAV 1972, 321). Entsprechendes gilt für Direktversicherungen, bei denen sich die Höhe der vorgezogenen Versorgungsleistungen nach dem jeweiligen Geschäftsplan des Versicherers regelmäßig auf das geschäftsplanmäßige Deckungskapital ohne Stornoabschläge beschränkt (vgl. Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen, VerBAV 1979, 346; Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, § 6 Rn 174 ff.).
Rz. 244
Ausgehend von der Tatsache, dass durch die vorgezogene Altersrente einerseits die tatsächliche Dienstzeit und damit die Betriebstreue des Versorgungsberechtigten reduziert und andererseits die Rentenlaufzeit entsprechend verlängert wird, ist als Ausgleich hierfür bei unmittelbaren Pensionszusagen und Unterstützungskassenzusagen allgemein die Zulässigkeit von Leistungskürzungen anerkannt (vgl. Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, § 6 Rn 90 f.).
Rz. 245
Soweit die Vertragsparteien individual- oder kollektivrechtlich entsprechende Leistungskürzungen vereinbaren, unterliegen diese Vereinbarungen den Grundsätzen von Recht und Billigkeit (BAG v. 20.4.1982 – 3 AZR 1137/79, NJW 1982, 1015). Unbillige Leistungskürzungen sind gem. § 315 Abs. 3 BGB unwirksam (BAG v. 1.6.1978 – 3 AZR 216/77, NJW 1979, 124).
Rz. 246
Kürzungen bei der Inanspruchnahme der vorgezogenen betrieblichen Altersversorgung entsprechen den Grundsätzen von Recht und Billigkeit, wenn hierdurch lediglich der durch die vorzeitige Inanspruchnahme bedingte finanzielle Mehraufwand des Arbeitgebers ausgeglichen wird (BAG v. 1.6.1978 – 3 AZR 216/77, NJW 1979, 124). Zu berücksichtigen sind dabei neben der verkürzten Betriebszugehörigkeit und der verlängerten Rentenlaufzeit auch die Zinsverluste aufgrund des vorzeitigen Abrufes der betrieblichen Versorgungsleistung und die Zusatzbelastungen aus der Anpassungsprüfung nach § 16 BetrAVG (vgl. Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, § 6 Rn 90). Danach sind solche Kürzungsregelungen zulässig, die entweder auf den zum Zeitpunkt des Ausscheidens erdienten Anspruch abstellen oder einen versicherungsmathematischen Abschlag in der Größenordnung von 0,3 bis 0,7 % pro Monat der vorgezogenen Inanspruchnahme vorsehen (BAG v. 20.4.1982 – 3 AZR 1137/79, NJW 1982, 1015; BAG v. 26.3.1985 – 3 AZR 236/83, NZA 1986, 232; BAG v. 25.2.1986 – 3 AZR 485/84, NZA 1987, 199; BAG v. 13.3.1990 – 3 AZR 338/89, NZA 1990, 692; BAG v. 23.5.2000 – 3 AZR 228/99, BB 2001, 154; BAG v. 23.1.2001 – 3 AZR 164/00, DB 2001, 1887; Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, § 6 Rn 120 f.). Aktuell geht das BAG allerdings davon aus, dass versicherungsmathematische Abschläge nur bis max. 0,5 % pro Monat der vorgezogenen Inanspruchnahme billigem Ermessen entsprechen (vgl. u.a. BAG v. 29.4.2008 – 3 AZR 266/06, NZA 2008, 1417; BAG v. 17.6.2008 -3 AZR 783/06, NZA 2008, 1208).
Rz. 247
Zulässig sind ferner solche Regelungen, die hinsichtlich der Höhe der nach § 6 BetrAVG zu zahlenden vorgezogenen Altersrente auf das ratierliche Berechnungsverfahren gem. § 2 BetrAVG abstellen (BAG v. 1.6.1978 – 3 AZR 216/77, NJW 1979, 124). Diese versicherungsmathematischen Abschläge können auch zusätzlich zu der dienstzeitabhängigen ratierlichen Kürzung nach § 2 BetrAVG vereinbart werden.
Rz. 248
Die Höhe der vorgezogenen betrieblichen Altersversorgung und damit auch die Art und Weise der Berechnung eventueller Leistungskürzungen muss in der Versorgungsordnung ausdrücklich geregelt werden, wobei die bei kollektivrechtlich geregelten Versorgungsordnungen bestehenden zwingenden Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates (BAG v. 1.6.1978 – 3 AZR 216/77, NJW 1979, 124) gewahrt werden müssen. Fehlt es an einer solchen ausdrücklichen Kürzungsregelung, so ist der Arbeitgeber nach der st. Rspr. des BAG nur zu einer unter entsprechender Anwendung der Berechnungsgrundsätze des § 2 BetrAVG dienstzeitabhängigen ratierlichen Kürzung berechtigt, da mit einer solchen Mindestkürzung der Arbeitnehmer generell rechnen muss (BAG v. 1.6.1978 – 3 AZR 216/77, NJW 1979, 124; BAG v. 11.9.1980 – 3 AZR 185/80, DB 1981, 944). Dagegen sind alle anderen Kürzungsmethoden nur bei ausdrücklicher Vereinbarung in der Versorgungsordnung zulässig (BAG v. 11.9.1980 – 3 AZR 185/80, DB 1981, 944; BAG v. 13.3.1990 – 3 AZR 338/89, NZA 1990, 692).
Rz. 249
Die vorstehend genannten Grundsätze zur Berechnung der Höhe einer vorgezogenen betrieblichen Altersrente gelten grds. auch für den mit einer unverfallbaren V...