Auswirkungen der Kurzarbeit auf die bAV
Die Auswirkungen der Kurzarbeit beziehungsweise die Reduzierung des Entgelts auf die betriebliche Altersversorgung (bAV) und die zu empfehlenden Vorgehensweisen sind für Entgeltumwandlungen und arbeitgeberfinanzierte betriebliche Vorsorgezusagen unterschiedlich.
Arbeitgeberfinanzierte bAV: Auswirkungen der Kurzarbeit
Zunächst ist festzuhalten, dass das Arbeitsverhältnis auch bei Kurzarbeit fortbesteht. Damit läuft insbesondere die gesetzliche Unverfallbarkeitsfrist einer Altersversorgung nach § 1b BetrAVG weiter. Das gilt auch, wenn das Unternehmen die Arbeit vorübergehend vollständig einstellt (sogenannte "Kurzarbeit Null"). Sofern die Versorgungsordnung für den Fall von Kurzarbeit keine spezielle Regelung vorsieht, ist die Art des Versorgungsplanes entscheidend für die jeweiligen Konsequenzen und für die Frage, welche Vorgehensweise sachgemäß ist:
Bei dienstzeitabhängigen Versorgungsplänen (also beispielsweise "Zehn Euro Altersrente pro Dienstjahr") sind Zeiten der Kurzarbeit grundsätzlich entsprechend der Regelung für Teilzeitbeschäftigte in der Versorgungsordnung zu berücksichtigen. Bei "Kurzarbeit Null" könnte die Zeit der Kurzarbeit damit komplett unberücksichtigt bleiben, wobei oftmals in Versorgungsplänen sogar explizit geregelt ist, dass in Zeiten eines ruhenden Arbeitsverhältnisses keine Anwartschaften erworben werden.
Bei gehaltsabhängigen Zusagen (zum Beispiel "Altersrente in Höhe von x Prozent des Brutto-Jahresgehalts vor Eintritt des Versorgungsfalls") erscheint es angebracht, Zeiten der Kurzarbeit bei einer Dauer von wenigen Monaten für die Ermittlung der Leistungshöhe auszuklammern (fiktives "Normal"-Gehalt) beziehungsweise sie bei längerer Zeitspanne entsprechend dem durchschnittlichen Beschäftigungsgrad zu berücksichtigen.
Bei gehaltsabhängigen beitragsorientierten Leistungszusagen sinkt der bAV-Beitrag während der Kurzarbeit beziehungsweise wird ausgesetzt. Es sei denn, es gibt eine abweichende Regelung.
Enge Voraussetzungen für die Kürzung der Arbeitgeberzusage zur bAV
Viele Unternehmen erwägen in der aktuellen Situation eine Reduktion der kollektiven arbeitgeberfinanzierten Zusagen: Hierbei sind die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zu beachten, die das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Form der "Drei-Stufen-Theorie" für den Rechtsbegründungsakt Betriebsvereinbarung konkretisiert hat.
Insbesondere für Eingriffe in die dritte Stufe (noch erdienbare Teile) genügen laut BAG bereits sachlich-proportionale ("willkürfrei, nachvollziehbare und anerkennenswerte") Gründe, die grundsätzlich auch bei einer wirtschaftlich ungünstigen Entwicklung vorliegen können. Weitreichende wirtschaftliche Auswirkungen der Corona-Krise auf ein Unternehmen könnten im Einzelfall gegebenenfalls als solche gesehen werden. Allerdings sollte hier nicht unberücksichtigt bleiben, dass die aktuelle Phase (hoffentlich) nur vorübergehend ist. Grundsätzlich schätzen es Arbeitnehmer sehr wert, wenn der Arbeitgeber während der Phase der Kurzarbeit das bestehende Niveau der bAV beibehält.
Auswirkungen der Kurzarbeit auf die Entgeltumwandlung
Eine Entgeltumwandlung ist weiterhin möglich, wenn der "Kurzlohn" hierfür ausreicht. Eine Umwandlung des Kurzarbeitergeldes, bei dem es sich ja nicht um tatsächliches Entgelt, sondern nur um eine Lohnersatzleistung handelt, ist allerdings ausgeschlossen.
Bei "Kurzarbeit Null" besteht die Möglichkeit, die Beitragszahlung durch Mitarbeiter über sogenannte "Eigenbeiträge" aus versteuertem und gegebenenfalls verbeitragtem Entgelt fortzusetzen (§ 1a Abs. 4 BetrAVG).
Beiträge zur Entgeltumwandlung können bei Kurzarbeit reduziert werden
Viele Arbeitnehmer wünschen in Zeiten von Kurzarbeit eine Beitragsreduktion oder -aussetzung, gegebenenfalls auch eine Beitragsstundung. Wichtig ist, an eine Anpassung der Entgeltumwandlungsvereinbarung zu denken. Zu beachten ist, dass von der Entgeltumwandlung abhängige Arbeitgeberleistungen beziehungsweise -zuschüsse (insbesondere § 1a BetrAVG) sich mit sinkender Entgeltumwandlung ebenfalls reduzieren.
Eine Reduktion beziehungsweise ein Aussetzen der Entgeltumwandlung sollte im Vorfeld genau überlegt werden. Denn in diesem Fall reduziert sich infolge der geringeren Nettoentgeltdifferenz auch das Kurzarbeitergeld. Wird die Entgeltumwandlung bei Kurzarbeit unverändert fortgeführt, bleibt die Nettoentgeltdifferenz und damit das Kurzarbeitergeld annähernd gleich.
Das zeigt das folgende Rechenbeispiel (Arbeitnehmer, LSt-Klasse I, keine Kinder)
Ohne Entgeltumwandlung
Ohne Kurzarbeit | Mit Kurzarbeit (50%) | |
Bruttoentgelt | 2.800 | 1.400 |
Soll-Nettoentgelt | 1.863 | |
Ist-Nettoentgelt | 1.074 | |
Nettoentgelt Differenz | 789 | |
Kurzarbeitergeld (60%) | 473 |
Mit Entgeltumwandlung (in Höhe von 100 Euro)
Ohne Kurzarbeit | Mit Kurzarbeit (50%) | Bei Verzicht auf Entgeltumwandlung | |
Bruttoentgelt | 2.700 | 1.300 | 1.400 |
Soll-Nettoentgelt | 1.809 | ||
Ist-Nettoentgelt | 1.011 | 1.074 | |
Nettoentgelt Differenz | 798 | 735 | |
Kurzarbeitergeld (60%) | 479 | 441 |
Im Beispiel fällt das Kurzarbeitergeld bei Fortführung der Entgeltumwandlung mit 479 Euro monatlich spürbar höher aus als mit 441 Euro monatlich bei Einstellen der Entgeltumwandlung. Es liegt im Beispiel aufgrund steuerlicher Progressionseffekte sogar über dem Kurzarbeitergeld von 473 Euro ohne Entgeltumwandlung.
Vorübergehende Beitragsreduktion in der bAV birgt Probleme
Bei einer Beitragsstundung mit später geplanter Nachzahlung ist zu beachten, dass die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Beitragsgrenzen des § 3 Nr. 63 EStG für die Nachzahlung gegebenenfalls nicht ausreichen. Zudem hindern Beitragsrückstände bei einer Direktversicherung bei etwaigem späteren Ausscheiden des Arbeitnehmers die Anwendung der versicherungsvertraglichen Lösung (§ 2 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG).
Beim Durchführungsweg "Unterstützungskasse" sind insbesondere die Regelungen des § 4d EStG, konkret das Erfordernis laufender Beitragszahlungen, die der Höhe nach gleich bleiben oder steigen, zu nennen, was eine einmalige Nachzahlung der vorübergehend nicht geleisteten Beiträge ausscheiden lässt.
Tipp: Folgen der Kurzarbeit auf die betriebliche Altersversorgung dokumentieren
Von Kurzarbeit betroffene Unternehmen und Arbeitnehmer sollten sich damit beschäftigen, welche Folgen sich für die betrieblichen Versorgungszusagen ergeben. Diese sind abhängig von der Ausgestaltung der Zusage. Sollen Beitragsreduktionen oder -stundungen erfolgen, sind die (tariflichen) Möglichkeiten mit dem Versorgungsträger abzustimmen, wobei arbeits- und steuerrechtliche Rahmenbedingungen zu beachten sind. Es bietet sich an, in einem Nachtrag zur Versorgungsordnung zu dokumentieren, wie in Zeiten der Kurzarbeit mit der bAV umgegangen wird. Dies auch, um den Mitarbeitern die notwendige Transparenz zu geben.
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