Dr. iur. Uwe Langohr-Plato
Rz. 184
Im Mittelpunkt von § 4 BetrAVG steht die sog. "Portabilität" i.S.v. § 4 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG. Damit wird das Ziel verfolgt, die Mobilität der Arbeitnehmer zu fördern und die Ansprüche der Versorgungsberechtigten möglichst auf nur einen Versorgungsträger zu konzentrieren (Blumenstein, BetrAV 2004, 237; Höfer, DB 2004, 1427; Förster/Cisch, BB 2004, 2126).
Rz. 185
Im Gegensatz zu der Übernahme der Versorgungszusage durch den neuen Arbeitgeber, also der "Weitergabe" der vertraglichen Verpflichtungen des alten Arbeitgebers im Wege der Einzelrechtsnachfolge und damit der rechtlichen Haftung für Inhalt und Umfang dieser Zusage ("haftungsbefreiende Übernahme"), wird bei der Portabilität nicht die Versorgungszusage selbst, sondern nur deren Wert "übertragen". Dieser Wert wird quasi als "Initialbaustein" oder Einmalprämie in das Versorgungssystem des neuen Arbeitgebers eingebracht. Der "Übertragungswert" spiegelt also nur den Gegenwert der unverfallbaren Anwartschaft wider; er kann vom neuen Arbeitgeber zur Finanzierung eines völlig anderen Versorgungsplans verwendet werden. Eine inhaltliche Identität von Leistungsarten, Leistungsumfang und/oder Leistungsvoraussetzungen ist nicht erforderlich (so auch Höfer, DB 2004, 1427; Schnitker/Grau, NJW 2005, 11).
Rz. 186
Die Portabilität führt also zum rechtlichen Untergang der ursprünglichen Versorgungsverpflichtung beim alten Arbeitgeber (vgl. § 4 Abs. 6 BetrAVG) und zur Erteilung einer von der ursprünglichen Zusage (haftungs-)rechtlich unabhängigen Neuzusage, auf die die Regelungen zur Entgeltumwandlung entsprechend Anwendung finden, § 4 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG.
Rz. 187
Der Gesetzgeber folgt damit der Erkenntnis, dass unter haftungsrechtlichen Erwägungen die Übertragung von Versorgungsrisiken – die auch in der Vergangenheit allenfalls bei einem Arbeitsplatzwechsel innerhalb eines Konzerns Relevanz erlangt hat – kaum praktikabel ist. Nur ganz wenige Arbeitgeber dürften ein Interesse daran haben, sich auf inhaltliche Vertragsrisiken und ggf. auch administrative Aufwendungen einzulassen, die sie nicht selbst beeinflusst haben (so auch Höfer, DB 2004, 1427). Diese Risikosituation entfällt dann, wenn sich die Haftung des neuen Arbeitgebers – wie jetzt normiert – nur auf die dem Übertragungswert entsprechende Erteilung einer wertgleichen Neuzusage beschränkt, denn die Rahmenbedingungen dieser Neuzusage (Inhalt und Umfang der Zusage, Verwaltungsaufwand) kann der neue Arbeitgeber selbst bestimmen.
aa) Freiwillige Portabilität
Rz. 188
§ 4 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG regelt zunächst den Grundsatz der freiwilligen, d.h. einvernehmlich im Rahmen eines dreiseitigen Vertrages zwischen altem Arbeitgeber, neuen Arbeitgeber und Versorgungsberechtigten vereinbarten Portabilität. Danach ist arbeitsrechtlich die Portabilität zwischen allen fünf Durchführungswegen der betrieblichen Altersversorgung vereinbar, d.h. die beim alten Arbeitgeber bestehende Versorgungszusage kann grds. unabhängig vom bisherigen Durchführungsweg in jeden vom neuen Arbeitgeber vorgegebenen Durchführungsweg nach dessen Spielregeln "portiert" werden.
Rz. 189
Insoweit obliegt es dem Versorgungsberechtigten selbst, zu entscheiden, ob eine solche Übertragung für ihn sinnvoll ist oder nicht. Hat z.B. die Versorgung beim alten Arbeitgeber eine Absicherung für den Fall der Invalidität beinhaltet, ggf. mit einer leistungsmäßig attraktiven Zurechnung von Dienstzeiten, und bietet der neue Arbeitgeber dagegen nur eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung ohne jegliche Invaliditätsabsicherung an, so ist dies nur eine graduelle Verschiebung des Leistungsplans. Bei identischem Barwert sind beide Versorgungspläne gleichwertig, d.h. der versicherungsmathematische Wert der Versorgung wird nicht verändert, sondern nur die inhaltliche Ausgestaltung der Zusage. Sollte er diese inhaltliche Änderung ggü. seiner alten Zusage nicht für attraktiv erachten, so kann er die Portabilität dadurch ausschließen, dass er einer solchen Übertragung die erforderliche Zustimmung verweigert. Dies hätte dann zur Konsequenz, dass seine unverfallbare Anwartschaft vollumfänglich beim alten Arbeitgeber verbleibt und die durch die Portabilität beabsichtigte Konzentration der Altersversorgungsansprüche auf den aktuellen Arbeitgeber gerade nicht eintritt.
bb) Rechtsanspruch auf Portabilität
Rz. 190
Der Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf Portabilität ist in § 4 Abs. 3 BetrAVG geregelt. Verpflichtet sind auf der einen Seite der ehemalige Arbeitgeber oder der bisherige Versorgungsträger und auf der anderen Seite der neue Arbeitgeber.
Rz. 191
Grds. muss der ehemalige Arbeitgeber den Übertragungswert auf den neuen Arbeitgeber übertragen. Der Anspruch richtet sich gegen den Versorgungsträger, wenn der ehemalige Arbeitgeber die versicherungsvertragliche Lösung nach § 2 Abs. 2 S. 2 oder Abs. 3 S. 2 BetrAVG gewählt hat oder soweit der Arbeitnehmer die Versicherung oder Versorgung mit eigenen Beiträgen fortgesetzt hat (§ 4 Abs. 3 S. 2 BetrAVG). Nach Ansicht des Gesetzgebers liefe das Recht des Arbeitnehmers ohne diese Verpflichtung der Versorgungs...