Rz. 44

Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung betrieblicher Versorgungsleistungen bedarf stets einer besonderen Rechts-/Anspruchsgrundlage, dem Versorgungsversprechen.

 

Rz. 45

Das Wesen der betrieblichen Altersversorgung als "freiwillige Sozialleistung" wird auch nicht durch das BetrAVG eingeschränkt. Der Arbeitgeber ist nach wie vor nicht verpflichtet, seinen Mitarbeitern eine arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung zu gewähren. Das BetrAVG stellt allerdings einen gesetzlichen Mindeststandard dar, der zwingend zu beachten ist, wenn Versorgungszusagen erteilt worden sind, regelt also bestimmte Rahmenbedingungen der Ausgestaltung bestehender Versorgungszusagen. Das BetrAVG begründet somit keine Versorgungsverpflichtungen, sondern setzt deren Existenz voraus.

 

Rz. 46

Vielmehr beruht die Leistungspflicht des Arbeitgebers entweder auf einer kollektiv-rechtlichen Vereinbarung (Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, Richtlinien und Vereinbarungen nach dem SprAuG), einem individualrechtlichen Vertrag (Einzelzusage, Gesamtzusage, vertragliche Einheitsregelung) oder einem allgemeinen arbeitsrechtlichen Rechtsgrundsatz (Gleichbehandlung, betriebliche Übung), und kann ausdrücklich oder stillschweigend begründet werden.

I. Tarifvertrag

 

Rz. 47

Grds. ist ein Tarifvertrag geeignet, Ansprüche auf betriebliche Versorgungsleistungen zu begründen. Für diese Tarifverträge gilt das allgemeine Tarifvertragsrecht, d.h. insb. das TVG. Danach haben Tarifverträge normative Wirkung, wirken also unmittelbar und zwingend zwischen den Tarifvertragsparteien (§ 4 TVG), ohne jedoch Inhalt des individuellen Arbeitsvertrages zu werden. Eine Änderung eines tarifvertraglich geregelten Versorgungswerkes ist nur über die Kündigung des bestehenden und den Abschluss eines neuen Tarifvertrages zu realisieren.

 

Rz. 48

Durch einen Tarifvertrag kann nach § 19 Abs. 1 BetrAVG von einigen Mindestnormen des BetrAVG auch zulasten des Arbeitnehmers abgewichen werden, und zwar bei den Regelungen zum Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung einschließlich der Regelung eines Arbeitgeberzuschusses (§ 1a BetrAVG), der Berechnung der Höhe unverfallbarer Anwartschaften nach § 2 BetrAVG (nicht aber bei den Unverfallbarkeitsfristen gem. § 1b Abs. 1 BetrAVG), bei der Abfindung und Übertragung betrieblicher Versorgungsanwartschaften (§§ 3, 4 BetrAVG), beim Auszehrungs- und Anrechnungsverbot (§ 5 BetrAVG) sowie bei der Anpassungsprüfung (§ 16 BetrAVG).

Besondere Bedeutung erlangt der Tarifvertrag im Bereich der Entgeltumwandlung (arbeitnehmerfinanzierten Altersversorgung), da im Hinblick auf § 4 Abs. 3 TVG in § 20 Abs. 1 BetrAVG vorsieht, dass für tarifentlohnte Mitarbeiter eine Entgeltumwandlung nur dann vorgenommen werden kann, soweit dies durch Tarifvertrag vorgesehen oder durch Tarifvertrag zugelassen ist.

Ferner ist ein Tarifvertrag zwingende Voraussetzung für eine seit 2018 zulässige sog. "reine Beitragszusage", § 21 Abs. 1 BetrAVG, bei der Arbeitgeber nur noch für die Beitragszahlung haftet und keinerlei Leistungsgarantien mehr übernimmt.

II. Betriebsvereinbarung

 

Rz. 49

In der Praxis häufiger vorzufinden sind dagegen Versorgungsregelungen, die auf einer Betriebsvereinbarung basieren. Auf den Abschluss einer solchen Betriebsvereinbarung hat der Betriebsrat allerdings keinen Rechtsanspruch, soweit es um die grundsätzliche Frage der Einführung betrieblicher Versorgungsleistungen geht. Die Einführung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gehört ebenso zur freiwilligen Mitbestimmung i.S.v. § 88 BetrVG wie die Auswahl des begünstigten Personenkreises, die Wahl des Durchführungsweges und die Festsetzung des finanziellen Umfanges (Dotierungsrahmen) der Versorgungsansprüche. Demgegenüber unterliegt die darüberhinausgehende konkrete Ausgestaltung des Versorgungswerkes (Verteilung des Dotierungsrahmens) der Mitbestimmung des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 8 oder Nr. 10 BetrVG.

III. Sprecherausschussgesetz

 

Rz. 50

Seit dem 1.1.1989 regelt das Sprecherausschussgesetz (SprAuG) die kollektivrechtliche Interessenvertretung derjenigen leitenden Angestellten, die nach § 5 Abs. 3 BetrVG von der Vertretung durch den Betriebsrat ausgeschlossen sind. Die Wahrnehmung eigener Interessen durch den einzelnen leitenden Angestellten selbst wird durch diese gesetzliche Interessenvertretung allerdings nicht ausgeschlossen, § 25 Abs. 1 S. 2 SprAuG.

 

Rz. 51

Der Sprecherausschuss kann mit dem Arbeitgeber gem. § 28 SprAuG Richtlinien und Vereinbarungen über den Inhalt der Arbeitsverhältnisse leitender Angestellter und damit auch über deren betriebliche Altersversorgung treffen. Hierbei handelt es sich allerdings um keine erzwingbare Mitbestimmung, sondern um einen auf dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 SprAuG) basierenden Gestaltungsfreiraum der Verhandlungsparteien.

 

Rz. 52

Darüber hinaus hat der Arbeitgeber den Sprecherausschuss gem. § 30 Nr. 1 SprAuG rechtzeitig über Änderungen der Gehaltsgestaltung zu unterrichten und diese mit ihm zu beraten. Dieses Mitwirkungsrecht umfasst auch die Neu-/Umgestaltung betrieblicher Versorgungsregelu...

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