Dr. iur. Uwe Langohr-Plato
Rz. 125
Eine Vielzahl insb. älterer Versorgungszusagen steht unter dem Vorbehalt der Erfüllung sog. "Wartezeiten" bzw. "Vorschaltzeiten", d.h. der Anspruch auf die Versorgungsleistung entsteht frühestens mit Ablauf dieser Fristen. Insoweit sind die als Anspruchsvoraussetzungen ausgestalteten Warte- und Vorschaltzeiten streng von den Unverfallbarkeitsfristen zu unterscheiden (vgl. BGH, 25.1.1993 – II ZR 45/92, BB 1993, 679 = ZIP 1993, 379).
Rz. 126
Dem Grundsatz der Vertragsfreiheit folgend, können Wartezeiten uneingeschränkt vereinbart werden. So hat die Rspr. Wartezeiten mit einer über die Dauer der gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen hinausgehenden Laufzeit von bis zu 35 Jahren nicht als unbillige Regelung oder gar Knebelung des Arbeitnehmers gewertet (BAG v. 9.3.1982 – 3 AZR 389/79, BB 1982, 1733 = DB 1982, 2089; LAG Frankfurt am Main v. 20.4.1988 – 8 Sa 923/87, BB 1988, 2179 = DB 1988, 2650; LAG Köln v. 10.11.1992 – 4 Sa 238/92, LAGE Nr. 14 zu § 1 BetrAVG).
Rz. 127
In diesen Fällen kann allerdings die Wartezeit nach § 1b Abs. 1 S. 5 BetrAVG auch außerhalb des Arbeitsverhältnisses und auch noch nach Eintritt des Versorgungsfalles erfüllt werden (BAG v. 14.1.1986 – 3 AZR 473/84, NZA 1986, 782; BAG v. 18.3.1986 – 3 AZR 641/84, NZA 1986, 715; BAG v. 28.2.1989 – 3 AZR 470/87, NZA 1989, 676).
Rz. 128
Im Gegensatz zur Wartezeit, die eine bereits bestehende Versorgungszusage voraussetzt, bezweckt die sog. "Vorschaltzeit", dass erst nach Ablauf einer bestimmten Frist die Versorgungszusage formell wirksam erteilt werden soll. Dies hätte unmittelbare Konsequenzen für den Beginn der Zusagedauer und damit auch für den Beginn der Unverfallbarkeitsfristen. Durch eine entsprechende vertragliche Gestaltung könnte sogar der gesetzliche Unverfallbarkeitsschutz völlig umgangen werden. Um derartige missbräuchliche Gestaltungsvarianten auszuschließen, hat die Rspr. eine entsprechende "Zusage auf den Abschluss einer zukünftigen Versorgungszusage" stets selbst als Versorgungszusage i.S.v. § 1 BetrAVG gewertet, wenn dem Arbeitgeber nach Ablauf der vereinbarten Vorschaltzeit kein Entscheidungsspielraum mehr über den Inhalt und Umfang der zu erteilenden Versorgungszusage verbleibt (BAG v. 13.7.1978 – 3 AZR 278/77, DB 1979, 551; BAG v. 20.3.1980 – 3 AZR 697/78, NJW 1980, 2428; BAG v. 21.8.1980 – 3 AZR 143/80, NJW 1981, 1855; BAG v. 15.12.1981 – 3 AZR 1100/78, BB 1982, 1488 = DB 1982, 855; BGH v. 4.5.1981 – II ZR 100/80, BetrAV 1981, 178; BAG v. 22.9.2020 – 3 AZR 433/19, juris).
Rz. 129
In diesen Fällen, in denen die Zusageerteilung ausschließlich vom Ablauf einer bestimmten Frist abhängt, wirkt sich die Vorschaltzeit also lediglich wie eine Wartezeit aus. Die förmliche Erteilung der Versorgungszusage nach Ablauf der Mindestdienstzeit ist daher für den Zeitpunkt der Unverfallbarkeit ohne jegliche Bedeutung (BAG v. 7.7.1977 – 3 AZR 572/76, NJW 1977, 2376).
Rz. 130
Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn die Erteilung der Versorgungszusage nicht vom Ablauf einer bestimmten Frist, sondern vom im Zeitpunkt der Ankündigung einer Zusageerteilung noch ungewissen Erreichen einer bestimmten Funktion oder Position abhängig gemacht wird. Eine solche statusbezogene Aufnahmevoraussetzung stellt keine Vorschaltzeit i.S.d. vorgenannten Rspr. dar, da dem Arbeitgeber seine Entscheidungsfreiheit über die Erteilung der Versorgungszusage verbleibt. Der Arbeitgeber hat es allein in der Hand, das ob und den Zeitpunkt einer entsprechenden Beförderung zu bestimmen und damit die Versorgungszusage zu gewähren. Für die Unverfallbarkeitsfrist ist damit in derartigen Fallkonstellationen auf die formelle Zusageerteilung abzustellen (BAG v. 20.4.1982 – 3 AZR 1118/79, NJW 1983, 414).