Dr. iur. Uwe Langohr-Plato
Rz. 96
§ 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG definiert zudem, dass eine betriebliche Altersversorgung auch dann vorliegt, wenn der Arbeitnehmer Beiträge aus seinem Arbeitsentgelt zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung (= Eigenbeiträge) leistet und der Arbeitgeber mit seiner Versorgungszusage auch die Leistungen aus diesen Eigenbeiträgen umfasst. Für diese Zusagen gelten die Regeln zur Entgeltumwandlung i.d.R. (Ausnahmen sind in § 30e Abs. 2 BetrAVG abschließend aufgeführt) entsprechend.
§ 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG gilt auch für Versorgungszusagen, die vor dem Inkrafttreten der Norm am 1.7.2002 erteilt wurden. In derartigen Fällen sind aber an die Annahme einer vom Arbeitgeber gewollten Umfassungszusage erhöhte Anforderungen zu stellen (BAG v. 15.3.2016 – 3 AZR 827/14 – NZA 2016, 1205 = Langohr-Plato, jurisPR-ArbR 31/2016 Anm. 5; BAG v. 21.3.2017 – 3 AZR 464/15 – BetrAV 2017, 453).
Nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG reicht es nicht aus, dass betriebliche Altersversorgung nach allgemeinen Regeln vorliegt, sondern es muss darüber hinaus deutlich werden, dass der Arbeitgeber auch für die aus Beiträgen der Arbeitnehmer resultierenden Leistungen einstehen will. Der Arbeitgeber hat somit ein Wahlrecht, ob er für diese Arbeitnehmerbeiträge eine entsprechende "Umfassungszusage" erteilt oder ob die Zusage die auf den Arbeitnehmerbeiträgen beruhenden Leistungen nicht umfassen soll. Eine solche "Umfassungszusage" kann sich dabei sowohl aus einer entsprechenden ausdrücklichen Erklärung des Arbeitgebers als auch durch Auslegung seiner Zusage oder konkludent aus den Umständen ergeben. Liegt keine ausdrückliche Zusage vor, müssen die Gesamtumstände den Schluss darauf zulassen, dass die Zusage des Arbeitgebers auch die auf den Arbeitnehmerbeiträgen beruhenden Leistungen umfassen soll.
Wenn aber die gesetzliche Neuregelung auch für bereits vor ihrem Inkrafttreten erteilte Versorgungszusagen Wirkung entfalten soll, dann sind an die Voraussetzungen für die Annahme einer solchen bewussten Umfassungszusage erhöhte Anforderungen zu stellen. Ein Arbeitgeber, der vor Inkrafttreten von § 1 Abs. 2 S. 4 BetrAVG Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt und gleichzeitig in den Versorgungsregelungen einen Eigenbeitrag der Arbeitnehmer vorgesehen hat, hat dies gerade nicht vor dem Hintergrund einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, wonach seine Zusage auch die Einstandspflicht für den von den Arbeitnehmern zu finanzierenden Teil des Leistungsversprechens auslösen konnte, getan.
Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass eine Zusage i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG vorliegt, obliegt dabei dem Versorgungsberechtigten, der Ansprüche aufgrund der Einstandspflicht nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG geltend macht.
Bei einer beitragsorientierten Versorgungszusage reicht es insoweit nicht aus, dass die arbeitsvertragliche Versorgungszusage zwar von einem anteilig zwischen Arbeitgeber und Versorgungsberechtigten zu tragenden Beitrag ausgeht, aber hinsichtlich Inhalt und Umfang der versicherten Leistungen generell auf die Satzung und/oder die Versicherungsbedingungen des externen Versorgungsträgers verweist und damit hinsichtlich der zugesagten Leistungen nicht zwischen Arbeitgeberbeitrag und Eigenbeitrag differenziert. Damit wird lediglich eine Lastenverteilung und eine Berechnungsweise für die Höhe der Versorgungsleistungen vereinbart, die als solche nicht für die Annahme einer Einstandspflicht des Arbeitgebers auch für die aus den Eigenbeiträgen des Mitarbeiters finanzierten Versorgungsleistungen ausreicht (BAG v. 15.3.2016 – 3 AZR 827/14, NZA 2016, 1205 = BetrAV 2016, 445 = Langohr-Plato, jurisPR-ArbR 31/2016 Anm. 5).
Dies hat u.U. für den sich mit einem Eigenbeitrag an der Finanzierung der Altersversorgung beteiligenden Mitarbeiter zur Konsequenz, dass er – bezogen auf seinen Eigenbeitrag – ein nicht unerhebliches Verlustrisiko tragen, wenn eine insoweit erforderliche Umfassungszusage nicht ausdrücklich und eindeutig vereinbart worden ist. Dann greift nämlich weder der in § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG normierte Verschaffungsanspruch gegen den Arbeitgeber noch der gesetzliche Insolvenzschutz durch den Pensions-Sicherungs-Verein, der nämlich nur für einen Leistungsausfall bei Insolvenz des Arbeitgebers haftet und nicht für wirtschaftliche Risiken von Versorgungsträgern einstehen muss.