Dr. iur. Karl-Peter Pühler
Rz. 14
Die rechtliche Grundlage für die Gewährung von Leistungen der bAV entspricht den üblichen arbeitsrechtlichen Grundsätzen.
I. Vertragsfreiheit
Rz. 15
Grundsätzlich ist der Arbeitgeber in seiner Entscheidung frei, ob und in welcher Höhe er Leistungen der betrieblichen Altersversorgung einführen möchte. Er kann ebenfalls frei entscheiden, ob er allein die Mittel für die Finanzierung der zugesagten bAV bereitstellen möchte, oder ob er den Arbeitnehmer an der Finanzierung beteiligt. Einschränkungen der Vertragsfreiheit ergeben sich aus den Regelungen des BetrAVG, aus den Mitbestimmungsrechten des Betriebs- oder Personalrats und aus den allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen.
Rz. 16
Wichtig bei der Auslegung von bAV-Zusagen im Kündigungsfall ist, dass den Arbeitgeber bei der Ausarbeitung von Versorgungszusagen eine besondere Sorgfaltspflicht trifft. Dies leitet die Rechtsprechung aus der Tatsache ab, dass bei der Formulierung der Texte von Versorgungszusagen der Arbeitnehmer kaum Verhandlungsparität hat, weil Versorgungszusagen in der Regel sehr komplex ausgestaltet sind. Deshalb gehen nach der Rechtsprechung des BAG unklare Regeln zulasten des Arbeitgebers (Unklarheitenregel).
Rz. 17
Eine in der Praxis wichtige Einschränkung der Vertragsfreiheit ist der seit 1.1.2002 eingeräumte Anspruch auf Entgeltumwandlung. Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber nach § 1a Abs. 1 BetrAVG verlangen, dass Teile seines Entgelts für eine bAV verwendet werden. Dabei ist die Durchführung dieses Anspruchs mittels einer Vereinbarung zu regeln. Soweit die sonstigen Ansprüche des Arbeitnehmers, vor allem der Anspruch auf Entgeltzahlung, durch Tarifverträge begründet sind, bedarf es zur Durchsetzung des Anspruchs auf Entgeltumwandlung einer entsprechenden Öffnungsklausel. Sehen die gültigen Tarifverträge keine Öffnungsklausel vor, können nur übertariflich gewährte Entgeltbestandteile umgewandelt werden. Eine Regelung durch Betriebsvereinbarung reicht in diesem Fall zur Rechtsbegründung nicht aus.
Seit dem 1.1.2019, bei älteren Versorgungszusagen mit Erstbegründung vor dem 1.1.2019 aufgrund einer Übergangsregelung seit dem 1.1.2022, wurde der Anspruch auf Entgeltumwandlung erweitert auf einen Anspruch auf einen Arbeitgeberzuschuss i.H.v. 15 % des vom Arbeitnehmer umgewandelten Betrags. Diese Erweiterung des Anspruchs auf Entgeltumwandlung sieht das Gesetz nur bei den versicherungsförmigen Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds vor. Bei den anderen Durchführungswegen bleibt es weiterhin bei der freien Entscheidung des Arbeitgebers.
II. Versorgungsverhältnis
Rz. 18
Wegen der Komplexität der Materie spricht man bei der Festlegung der beiderseitigen Rechte und Pflichten zwischen dem Versorgungsberechtigten und dem Arbeitgeber von einem Versorgungsverhältnis. Rechtsbegründungsakt ist dabei eine Versorgungszusage, nach der während dem aktiven Arbeitsleben Versorgungsanwartschaften entstehen. Erst mit Eintritt des Versorgungsfalls führen die Versorgungsanwartschaften zu einem Versorgungsanspruch.
Rz. 19
Nach der gesetzlichen Regelung werden Versorgungsleistungen entweder unmittelbar vom Arbeitgeber erbracht (Direktzusage) oder durch einen Dritten über eine mittelbare Versorgungszusage geleistet. Die Versorgungszusage muss dabei sowohl den Leistungsplan als auch den Durchführungsweg, über den die Versorgungsleistungen erbracht werden sollen, festlegen. Auch im Falle der mittelbaren Versorgungszusage haftet der Arbeitgeber für die Versorgungsleistungen subsidiär (§ 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG).
III. Rechtsbegründungsakte
Rz. 20
Wegen der unterschiedlichen Rechtsfolgen bei der Änderung von Versorgungszusagen, zu der auch eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses führt, kommt es auf die Art der Rechtsbegründung der Versorgungszusage an.
1. Individualrechtliche Rechtsbegründung
Rz. 21
Rechtsgrund einer Einzelzusage ist eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer, die Bestandteil des Arbeitsvertrags ist. Notwendiger Inhalt ist dabei der Leistungsplan, aus dem sich Art, Höhe und Voraussetzungen der versprochenen Versorgungsleistungen ergeben. Neben dieser vollständigen Regelung der betrieblichen Altersversorgung besteht auch weit verbreitet die Regelung, dynamisch mit einer Jeweiligkeitsklausel auf eine allgemeine betriebliche Versorgungsregelung kollektiver Art zu verweisen (z.B. eine Betriebsvereinbarung).
Rz. 22
In der Rechtspraxis immer noch weit verbreitet sind Versorgungszusagen, die der Arbeitgeber nicht dem einzelnen Arbeitnehmer, sondern der Gesamtbelegschaft oder einem Teil der Belegschaft erteilt hat. Nach der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts handelt es sich hierbei um vertragliche Einheitsregelungen oder Gesamtzusagen. Beide Begründungsformen haben zwar einen kollektiven Bezug, stellen dogmatisch aber keine einzelvertragliche Rechtsgrundlage dar. Kennzeichnend für diesen Rechtsbegründungsakt ist, dass es gemäß § 151 BGB keiner ausdrücklichen Annahmeer...