Rz. 265
Der Rechtsanwalt, dem nicht die Verteidigung des Beschuldigten oder die Vertretung eines anderen Beteiligten übertragen ist, erhält für einzelne Tätigkeiten die Gebühren nach Teil 4 Abschnitt 3 VV, also nach den Nrn. 4300 ff. VV. Vorgesehen sind fünf Gebührentatbestände mit unterschiedlichen Gebührenrahmen.
Rz. 266
Vorbem. 4.3 VV stellt klar, dass der Anwalt die Verfahrensgebühr für eine Einzeltätigkeit nur dann erhält, wenn ihm nicht die Verteidigung übertragen worden war. Abgegolten werden also
▪ |
Tätigkeiten, für die ein Verteidiger die Gebühren nach Nrn. 4100 ff. VV oder Nrn. 4200 ff. VV erhalten würde sowie |
▪ |
Einzeltätigkeiten, die gar nicht in den Anwendungsbereich der Nrn. 4100 ff. VV fallen, wie z.B. Gnadengesuche (Nr. 4303 VV). |
Rz. 267
Der Anwalt erhält die Verfahrensgebühr für jede Einzeltätigkeit gesondert. Insoweit handelt es sich jeweils um eigene Angelegenheiten i.S.d. § 15 RVG (Vorbem. 4.3 Abs. 3 VV). Allerdings ist § 15 Abs. 6 RVG zu beachten. Der Anwalt kann bei mehreren Einzeltätigkeiten insgesamt nicht mehr erhalten, als er erhalten würde, wenn er zum Verteidiger bestellt worden wäre.
Rz. 268
Wird dem Anwalt, der mit Einzeltätigkeiten beauftragt ist, anschließend die Verteidigung übertragen, so ist die Verfahrensgebühr bzw. sind die Verfahrensgebühren für die Einzeltätigkeiten anzurechnen (Vorbem. 4.3 Abs. 4 VV).
Rz. 269
War der Anwalt umgekehrt zuvor als Verteidiger beauftragt und wird er, nachdem sein Verteidigerauftrag beendet ist, später mit einer Einzeltätigkeit beauftragt, erhält er die Gebühren nicht erneut. Eine weitere Tätigkeit kann allerdings beim Gebührenrahmen berücksichtigt werden.
Rz. 270
Eine Grundgebühr entsteht nicht, da diese nur in Angelegenheiten nach Teil 4 Abschnitt 1 VV entsteht.
Beispiel 177: Strafanzeige
Der Anwalt ist beauftragt, eine Strafanzeige zu erstatten.
Es liegt eine Einzeltätigkeit nach Nr. 4302 Nr. 2 VV vor.
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 4302 Nr. 2 VV |
|
181,50 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
201,50 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
38,29 EUR |
Gesamt |
|
239,79 EUR |
Rz. 271
Beispiel 178: Wahrnehmung eines Hauptverhandlungstermins
Der Anwalt ist beauftragt, einen Hauptverhandlungstermin wahrzunehmen, ohne dass ihm die Verteidigung übertragen ist.
Mangels Verteidigungsauftrag gelten die Nrn. 4100 ff. VV nicht. Der Anwalt erhält in diesem Fall nur die Gebühr nach Nr. 4301 Nr. 4 VV.
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 4301 Nr. 4 VV |
|
275,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
295,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
56,05 EUR |
Gesamt |
|
351,05 EUR |
Rz. 272
Beispiel 179: Wahrnehmung mehrerer Zeugenvernehmungstermine
Das AG Köln lässt im Wege der Rechtshilfe vor dem AG München einen Zeugen vernehmen. Mit der Wahrnehmung dieses Termins wird ein Münchener Anwalt beauftragt. Später lässt das Gericht im Wege der Rechtshilfe vor dem AG München einen weiteren Zeugen vernehmen. Der Münchener Anwalt wird erneut beauftragt.
Der Münchener Anwalt wird nach Nr. 4301 Nr. 4 VV vergütet. Hier liegen allerdings zwei Angelegenheiten vor (Vorbem. 4.3 Abs. 3 VV). Die Gebühr nach Nr. 4301 Nr. 4 VV nebst Auslagen entsteht jetzt zweimal. Die Begrenzung des § 15 Abs. 6 RVG wird nicht erreicht.
I. |
Vernehmung Zeuge A |
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 4301 Nr. 4 VV |
|
275,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
295,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
56,05 EUR |
Gesamt |
|
351,05 EUR |
II. |
Vernehmung Zeuge B |
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 4301 Nr. 4 VV |
|
275,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
295,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
56,05 EUR |
Gesamt |
|
351,05 EUR |
Rz. 273
Für den Verkehrsanwalt in Strafsachen gilt nicht Nr. 3400 VV, sondern Nr. 4301 Nr. 3 VV. Der Verkehrsanwalt erhält danach eine Gebühr in Höhe von 44,00 EUR bis 506,00 EUR. Die Mittelgebühr beträgt 275,00 EUR.
Beispiel 180: Tätigkeit als Verkehrsanwalt
Der in München wohnende Mandant ist vor dem AG Hamburg angeklagt worden und hat dort einen Verteidiger bestellt. Zusätzlich bestellt er in München einen weiteren Anwalt, der den Verkehr mit dem Hamburger Verteidiger führen soll.
Mangels Verteidigungsauftrag gelten die Nrn. 4100 ff. VV nicht. Der Anwalt erhält in diesem Fall nur die Gebühr nach Nr. 4301 Nr. 4 VV.
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 4301 Nr. 3 VV |
|
275,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
295,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
56,05 EUR |
Gesamt |
|
351,05 EUR |
Rz. 274
Nur eine Angelegenheit liegt dagegen vor, wenn der Anwalt mit der Einlegung eines Rechtsmittels und anschließend mit dessen Begründung beauftragt wird.
Beispiel 181: Rechtsmittelauftrag und anschließender Auftrag zur Begründung
Der Anwalt wird beauftragt, Revision einzulegen. Später erhält er den Auftrag, die Revision zu begründen.
Der Anwalt hat hier zunächst die Gebühr der Nr. 4302 Nr. 1 VV verdient.
I. |
Einlegen der Revision |
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 4302 Nr. 1 VV |
|
176,00 EUR |
2. |
Po... |