I. Überblick
Rz. 1
Die Vergütung in Strafsachen richtet sich nach Teil 4 VV. Neben den Gebühren nach Teil 4 VV gelten die Allgemeinen Gebühren nach Teil 1 VV, die Gebühren nach Teil 2 VV Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels (Abschnitt 1), Einvernehmen (Abschnitt 2) und Beratungshilfe (Abschnitt 5) sowie die Auslagen nach Teil 7 VV. Ferner gilt § 34 RVG für Beratung und Gutachten; es handelt sich dabei nicht um eine Einzeltätigkeit nach Teil 4 Abschnitt 3 VV.
Rz. 2
Wird ein Anwalt in Strafsachen gerichtlich bestellt oder beigeordnet, so erhält er dieselben Gebühren wie ein Wahlanwalt. Allerdings erhält er nur die unterhalb der Mittelgebühr liegenden Festgebühren (siehe im Einzelnen § 4).
Rz. 3
Soweit die in Teil 4 VV bestimmten Gebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit nicht zumutbar sind, kann sowohl der Pflichtverteidiger als auch der Wahlanwalt die Bewilligung einer zusätzlichen Pauschgebühr verlangen (§§ 42, 51 RVG).
II. Beratung
Rz. 4
Ist der Anwalt ausschließlich mit einer Beratung in einer Strafsache beauftragt, gilt § 34 Abs. 1 RVG. Es handelt sich nicht um eine Einzeltätigkeit nach Teil 4 Abschnitt 3 VV. Der Anwalt soll auf eine Gebührenvereinbarung hinwirken (§ 34 Abs. 1 S. 1 RVG). Kommt diese nicht zustande, gilt eine Vergütung nach bürgerlichem Recht als geschuldet, also nach § 612 BGB (§ 34 Abs. 1 S. 2 RVG). Soweit der Anwalt einen Verbraucher berät, gilt im Falle eines ersten Beratungsgesprächs (Erstberatung) eine Höchstgrenze von 190,00 EUR und im Falle einer weiter gehenden Beratung eine Höchstgrenze in Höhe von 250,00 EUR (§ 34 Abs. 1 S. 3 RVG). Soweit nichts anderes vereinbart ist, wird die Beratungsgebühr auf die Gebühren einer nachfolgenden Tätigkeit angerechnet (§ 34 Abs. 2 RVG). Siehe im Einzelnen § 6.
III. Gutachten
Rz. 5
Ist der Anwalt mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt, gilt ebenfalls § 34 RVG. Der Anwalt soll auch hier auf eine Gebührenvereinbarung hinwirken (§ 34 Abs. 1 S. 1 RVG). Kommt diese nicht zustande, gilt wiederum eine Vergütung nach bürgerlichem Recht als geschuldet (§ 34 Abs. 2 S. 2 RVG), hier nach § 632 BGB. Soweit der Anwalt das Gutachten für einen Verbraucher erstellt, gilt eine Höchstgrenze in Höhe von 250,00 EUR (§ 34 Abs. 2 S. 3 RVG). Eine Anrechnung der Gutachtengebühr auf die Gebühren einer nachfolgenden Tätigkeit ist nicht vorgesehen (siehe im Einzelnen § 6).
IV. Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels
Rz. 6
Ist der Anwalt in einer Strafsache lediglich damit beauftragt, zu prüfen, ob ein Rechtsmittel, also eine Berufung, eine Revision oder gegebenenfalls eine Beschwerde Aussicht auf Erfolg hat, ohne dass dem Anwalt bereits die Verteidigung oder Vertretung im Rechtsmittelverfahren übertragen worden ist, so erhält er eine Gebühr nach den Nrn. 2100 ff. VV.
Rz. 7
Soweit sich die Gebühren im Rechtsmittelverfahren nach Betragsrahmen richten, erhält der Anwalt eine Gebühr nach Nr. 2102 VV in Höhe von 36,00 EUR bis 384,00 EUR; die Mittelgebühr beträgt 210,00 EUR. Diese Gebühr ist anzurechnen, wenn es anschließend zur Durchführung des Rechtsmittelverfahrens kommt (Anm. zu Nr. 2102 VV).
Rz. 8
Richten sich die Gebühren im Rechtsmittelverfahren nach dem Gegenstandswert (§ 2 Abs. 1 RVG), erhält der Anwalt die wertabhängige Prüfungsgebühr der Nr. 2100 VV (Vorbem. 2 Abs. 3 VV) mit einem Gebührenrahmen von 0,5 bis 1,0 (Mittelgebühr 0,75). Auch diese Gebühr ist anzurechnen, wenn es anschließend zur Durchführung des Rechtsmittelverfahrens kommt (Anm. zu Nr. 2100 VV).
Rz. 9
Möglich ist auch, dass beide Prüfungsgebühren (Nrn. 2100 und 2102 VV) anfallen, wenn die Gebühren sich sowohl nach Betragsrahmen als auch nach dem Wert richten.
Beispiel 1: Prüfung der Erfolgsaussicht einer Berufung, die Berufung wird nicht eingelegt
Der Mandant ist vom Amtsgericht verurteilt worden. Er hat selbst Berufung eingelegt und beauftragt anschließend den Anwalt, zu prüfen, ob eine Berufung Aussicht auf Erfolg habe. Der Anwalt rät hiervon ab. Zur Durchführung der Berufung kommt es nicht.
Der Anwalt kann lediglich eine Gebühr nach Nr. 2102 VV abrechnen.
1. |
Prüfungsgebühr, Nr. 2102 VV |
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220,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
240,00 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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45,60 EUR |
Gesamt |
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285,60 EUR |
Rz. 10
Beispiel 2: Prüfung der Erfolgsaussicht einer Revision, die Revision wird durchgeführt
Der Mandant ist vom Landgericht verurteilt worden. Er beauftragt seinen Verteidiger, Revision einzulegen. Anschließend beauftragt er ihn, zunächst zu prüfen, ob die Durchführung der Revision Erfolg habe. Der Anwalt bejaht dies. Die Revision wird durchgeführt und ohne Hauptverhandlung verworfen.
Die Einlegung der Revision zählt noch zum erstinstanzlichen Verfahren (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 RVG). Für die Prüfung der Erfolgsaussicht des Rechtsmittels als neue Angelegenheit entsteht die Vergütung nach Nr. 2102 VV, die hier allerdings bei der Höchstgebühr liegen dürfte. Diese Prüfungsgebühr ist nach Anm. zu Nr. 2102 VV auf die Verfahrensgebühr des Revisionsverfahrens (Nr. 4130 V...