a) Grund- und Verfahrensgebühr
Rz. 33
Die Vergütung im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde ist in Teil 5 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 VV geregelt. Ergänzend gelten Unterabschnitt 1 (Allgemeine Gebühr) und Unterabschnitt 5 (Zusätzliche Gebühren).
Rz. 34
Es entsteht also zunächst einmal die Grundgebühr (Nr. 5100 VV) für die Einarbeitung in den Fall und eine Verfahrensgebühr, die bereits mit Entgegennahme der Information ausgelöst wird (Vorbem. 5 Abs. 2 VV) (zur Höhe der Verfahrensgebühr siehe Rdn 16 f.)
Rz. 35
Das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde beginnt mit der Aufnahme der Ermittlungen wegen des Verdachts einer Ordnungswidrigkeit. Sofern das Verfahren nicht eingestellt oder der Bußgeldbescheid vom Betroffenen akzeptiert wird, endet das Verfahren mit Eingang der Akten bei Gericht. Es umfasst daher auch Verwarnungsverfahren und das Zwischenverfahren nach § 69 OWiG (Vorbem. 5.1.2 Abs. 1 VV).
Rz. 36
Auch ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird durch die Gebühren mit abgegolten.
Rz. 37
Des Weiteren stellen Anträge auf gerichtliche Entscheidung nach § 62 OWiG keine gesonderte Angelegenheit dar, sondern werden durch die jeweiligen Gebühren mit abgegolten (Vorbem. 5.1 Abs. 1 VV), ausgenommen der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Kostenfestsetzung und den Kostenansatz der Behörde (Vorbem. 5 Abs. 4 Nr. 1 RVG) (siehe hierzu Rdn 227 ff.)
Rz. 38
Eigene Angelegenheiten sind nach Vorbem. 5 Abs. 4 Nr. 1 VV die Verfahren über
▪ |
den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen einen Kostenfestsetzungsbescheid und den Ansatz der Gebühren und Auslagen nach § 108 OWiG, |
▪ |
die Erinnerung gegen die Festsetzung des Urkundsbeamten der Staatsanwaltschaft nach § 108a Abs. 3 S. 2 OWiG (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG). |
und nach Vorbem. 5 Abs. 4 Nr. 2 VV Beschwerdeverfahren gegen
▪ |
gerichtliche Entscheidungen nach Vorbem. 5 Abs. 4 Nr. 1 VV, |
▪ |
gegen die Entscheidungen über die Erinnerung nach § 108a Abs. 3 S. 2 OWiG. |
Diese Verfahren zählen nicht zum Verfahren vor der Verwaltungsbehörde (siehe dazu Rdn 227 ff.).
Beispiel 5: Verfahren vor der Verwaltungsbehörde
Der Anwalt wird im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde als Verteidiger tätig. Es ergeht ein Bußgeldbescheid, den der Betroffene akzeptiert.
Für die erstmalige Einarbeitung erhält der Anwalt die Grundgebühr nach Nr. 5100 VV. Daneben entsteht nur die Verfahrensgebühr nach Nrn. 5101, 5103, 5105 VV, je nach Höhe des drohenden Bußgeldes.
I. |
Bußgeld unter 60,00 EUR |
1. |
Grundgebühr, Nr. 5100 VV |
|
110,00 EUR |
2. |
Verfahrensgebühr, Nr. 5101 VV |
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71,50 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
201,50 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
38,29 EUR |
Gesamt |
|
239,79 EUR |
II. |
Bußgeld zwischen 60,00 EUR und 5.000,00 EUR |
1. |
Grundgebühr, Nr. 5100 VV |
|
110,00 EUR |
2. |
Verfahrensgebühr, Nr. 5103 VV |
|
176,00 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
306,00 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
58,14 EUR |
Gesamt |
|
364,14 EUR |
III. |
Bußgeld über 5.000,00 EUR |
1. |
Grundgebühr, Nr. 5100 VV |
|
110,00 EUR |
2. |
Verfahrensgebühr, Nr. 5105 VV |
|
187,00 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
317,00 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
60,23 EUR |
Gesamt |
|
377,23 EUR |
Rz. 39
Anträge auf gerichtliche Entscheidung gehören nach Vorbem. 5.1 Abs. 1 VV noch zum Verfahren vor der Verwaltungsbehörde (ausgenommen die Fälle der Vorbem. 5 Abs. 4 Nr. 1 VV). Dies gilt insbesondere für Anträge auf gerichtliche Entscheidung über die Verweigerung einer Wiedereinsetzung. Sie lösen keine gesonderten Gebühren aus, insbesondere nicht nach den Nrn. 5113, 5114 VV, können aber zu einer Erhöhung nach § 14 Abs. 1 RVG führen.
Beispiel 6: Verfahren vor der Verwaltungsbehörde mit Wiedereinsetzungsantrag
Der Anwalt wird im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde als Verteidiger tätig. Es ergeht ein Bußgeldbescheid, gegen den Einspruch eingelegt wird. Die Behörde weist den Einspruch wegen Fristversäumung als unzulässig zurück. Daraufhin beantragt der Verteidiger gem. § 52 OWiG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Verwaltungsbehörde gibt dem Antrag statt.
Es liegt nur eine Angelegenheit vor. Gesonderte Gebühren entstehen nicht. Die mit dem Wiedereinsetzungsverfahren verbundene Mehrarbeit kann bei der Abwägung nach § 14 Abs. 1 RVG zu einer höheren Verfahrensgebühr führen. Die Erhöhung soll hier mit 10 % angenommen werden.
I. |
Bußgeld unter 60,00 EUR |
1. |
Grundgebühr, Nr. 5100 VV |
|
110,00 EUR |
2. |
Verfahrensgebühr, Nr. 5101 VV (um 10 % erhöht) |
|
78,65 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
208,65 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
39,64 EUR |
Gesamt |
|
248,29 EUR |
II. |
Bußgeld zwischen 60,00 EUR und 5.000,00 EUR |
1. |
Grundgebühr, Nr. 5100 VV |
|
110,00 EUR |
2. |
Verfahrensgebühr, Nr. 5103 VV (um 10 % erhöht) |
|
193,60 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
323,60 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
61,48 EUR |
Gesamt |
|
385,08 EUR |
III. |
Bußgeld über 5.000,00 EUR |
1. |
Grundgebühr, Nr. 5100 VV |
|
110,00 EUR |
2. |
Verfahrens... |