Gesetzestext

 

1Gegen Entscheidungen der Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren nach den Vorschriften dieses Abschnitts kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden. 2Für das Verfahren gilt § 62 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Gegen die Festsetzung der Vergütung des gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalts ist grundsätzlich nach § 56 die Erinnerung gegeben. Dies gilt uneingeschränkt für Strafsachen (VV Teil 4) und für Verfahren nach VV Teil 6. Für Bußgeldsachen gilt dies nur eingeschränkt, nämlich insoweit, als ein gerichtliches Verfahren anhängig geworden ist. Ist es nicht zu einem gerichtlichen Verfahren gekommen, so ist die Verwaltungsbehörde für die Festsetzung der Vergütung zuständig (§ 55 Abs. 7). Eine Erinnerung nach § 56 kommt dann nicht in Betracht. Ebenso wie die gerichtlichen Entscheidungen des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle sollen aber auch die Entscheidungen der Verwaltungsbehörde richterlich überprüfbar sein. Diese Lücke wird durch § 57 geschlossen, der für diese Fälle den Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 62 OWiG vorsieht und damit die Überprüfung der Verwaltungsentscheidungen sachgerecht den ordentlichen Gerichten überträgt. Ohne diese Verweisung wäre an sich der Weg zu den Verwaltungsgerichten gegeben.

 

Rz. 2

Im Gegensatz zu § 56 ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung jedoch nicht auf das Festsetzungsverfahren nach § 55 beschränkt, sondern gilt für alle Entscheidungen der Verwaltungsbehörde nach Abschnitt 8 des RVG.

B. Regelungsgehalt

I. Persönlicher Anwendungsbereich

 

Rz. 3

Die Vorschrift des § 57 gilt für jeden im Bußgeldverfahren bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt, in der Regel für den Pflichtverteidiger. Soweit auch anderweitige Vertreter bestellt werden können, ist § 57 entsprechend anwendbar.

II. Sachlicher Anwendungsbereich

1. Überblick

 

Rz. 4

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nach dem Wortlaut des § 57 gegen Entscheidungen der Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren nach den Vorschriften "dieses Abschnitts" gegeben. Der Anwalt kann daher gegen sämtliche Entscheidungen der Verwaltungsbehörde, die diese in Verfahren nach Abschnitt 8 des RVG erlässt, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen. Im Gegensatz zu § 56, der die Erinnerung nur gegen Entscheidungen im Rahmen des Vergütungsfestsetzungsverfahrens nach § 55 gewährt, enthält § 57 eine solche Einschränkung nicht. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist daher auch gegen andere Entscheidungen der Verwaltungsbehörde außerhalb des Verfahrens nach § 55 gegeben. Dies ist auch sachgerecht, weil alle Entscheidungen der Verwaltungsbehörde ebenso wie die Entscheidungen in Strafsachen, gerichtlichen Bußgeldsachen und Verfahren nach VV Teil 6 gerichtlich überprüfbar sein müssen. Die Beteiligten müssen die Möglichkeit haben, eine richterliche Entscheidung herbeiführen zu können (Art. 19 Abs. 4 GG).

2. Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde

 

Rz. 5

Die Vorschrift des § 57 darf nicht so verstanden werden, dass der Rechtsbehelf des Antrags auf gerichtliche Entscheidung in allen Bußgeldsachen gegeben ist. Dieser Rechtsbehelf greift vielmehr nur dann, wenn das Verfahren ausschließlich vor der Verwaltungsbehörde stattfindet, also dort auch endet.

 

Rz. 6

Soweit auf Einspruch hin die Sache an das erstinstanzliche Gericht abgegeben wird, sind ab dann die ordentlichen Gerichte zur Entscheidung berufen, also z.B. zur Vergütungsfestsetzung nach § 55, zur Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51 oder auch zur Entscheidung, inwieweit der Betroffene unmittelbar in Anspruch genommen werden kann (§§ 52, 53). In diesen Fällen bleibt es bei der Anwendung des § 56. Eine Anfechtung kommt nur im Rahmen dieser Vorschrift in Betracht. Sobald das Verfahren in das gerichtliche Verfahren übergeht, endet die Entscheidungskompetenz der Verwaltungsbehörde und folglich auch die Möglichkeit eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung.

 

Rz. 7

Ist es dagegen nicht (mehr) zum gerichtlichen Verfahren gekommen, etwa infolge Einstellung oder Einspruchsrücknahme vor der Verwaltungsbehörde, endet das Verfahren also dort, so kommt § 57 zur Anwendung.

3. Entscheidung der Verwaltungsbehörde im Festsetzungsverfahren nach § 55

 

Rz. 8

Ebenso wie § 56 gilt § 57 primär für solche Entscheidungen der Verwaltungsbehörde, die diese im Rahmen der Vergütungsfestsetzung nach § 55 trifft. Gegen Entscheidungen im Rahmen der Festsetzung nach § 55 kann der Anwalt Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen, wenn er der Auffassung ist, die festgesetzte Vergütung sei zu gering bemessen.[1]

4. Entscheidung der Verwaltungsbehörde über die Notwendigkeit von Reisekosten nach § 46 Abs. 2 S. 1, 2

 

Rz. 9

Im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde entscheidet diese darüber, ob anstehende Geschäftsreisen des gerichtlich bestellten oder beigeordneten Anwalts notwendig sind. Lehnt die Verwaltungsbehörde die Festsetzung ab, ist hiergegen der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 57 gegeben.

5. Entscheidung der Verwaltungsbehörde über sonstige Auslagen nach § 46 Abs. 2 S. 3

 

Rz. 10

Gleiches gilt für die Entscheidung der Verwaltungsbehörde betreffend die Notwendigkeit sonstiger Auslagen (§ 46 Abs. 2 S. 3). Auch gegen diese Entscheidungen ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 57 gegeben.

6. Entscheidung über die Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51 Abs. 3 S. 2

 

Rz. 11

Nach § 51 Abs. 3 S. 2 ist im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde diese zuständig, über eine beantragte Pauschgebühr...

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