Rz. 48
Hinzu kommen kann bereits im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde eine Zusätzliche Gebühr nach Nr. 5115 VV. Diese entsteht im Falle
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der nicht nur vorläufigen Einstellung des Verfahrens (Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 5115 VV), |
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der Rücknahme des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid (Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 5115 VV), |
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der Rücknahme des Bußgeldbescheids durch die Verwaltungsbehörde nach Einspruch und Erlass eines neuen Bußgeldbescheids, gegen den kein Einspruch eingelegt wird (Anm. Abs. 1 Nr. 3 zu Nr. 5115 VV). |
Rz. 49
Die Zusätzliche Gebühr entsteht nicht, wenn eine auf die Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit des Verteidigers nicht ersichtlich ist (Anm. Abs. 2 zu Nr. 5115 VV). Die Darlegungs- und Beweislast für das ausnahmsweise Fehlen der Mitwirkung des Anwalts liegt also beim Gebühren- oder Erstattungsschuldner.
Rz. 50
Im Falle der Rücknahme ist diese selbst schon ausreichende Mitwirkung des Anwalts. Es genügt sogar schon, wenn der Anwalt dem Betroffenen rät, den Einspruch zurückzunehmen.
Rz. 51
Im Fall einer Einstellung wird der Anwalt i.d.R. eine Einlassung abgegeben haben, die als Mitwirkung ausreicht. Es genügt auch hier, dass der Anwalt dem Betroffenen rät, eine Einlassung abzugeben. Nicht ausreichend ist die bloße Bestellung oder der bloße Antrag auf Akteneinsicht.
Rz. 52
Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem Rechtszug, in dem die Hauptverhandlung vermieden wurde (Anm. Abs. 3 S. 1 zu Nr. 5115 VV). Maßgebend sind also die Verfahrensgebühren des erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahrens, die allerdings bei Geldbußen bis 5.000,00 EUR mit den Verfahrensgebühren vor der Verwaltungsbehörde identisch sind. Lediglich bei einer Geldbuße in Höhe von mehr als 5.000,00 EUR liegt die gerichtliche Verfahrensgebühr (Nr. 5105 VV) über der vorgerichtlichen.
Rz. 53
Für den Wahlanwalt bemisst sich die Gebühr immer nach der Rahmenmitte (Anm. Abs. 3 S. 2 zu Nr. 5115 VV). Es handelt sich insoweit also um eine Festgebühr.
Beispiel 12: Verfahren vor der Verwaltungsbehörde mit zusätzlicher Verfahrensgebühr wegen Einstellung durch die Verwaltungsbehörde
Der Anwalt wird im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde als Verteidiger tätig. Das Verfahren wird aufgrund der vom Verteidiger abgegebenen Einlassung zur Sache von der Verwaltungsbehörde eingestellt. Auszugehen ist von der Mittelgebühr.
Der Anwalt erhält neben der Grundgebühr und der Verfahrensgebühr jetzt eine Zusätzliche Gebühr nach Nr. 5115 VV. Die Höhe dieser Gebühr bemisst sich nach der Höhe der jeweiligen Verfahrensgebühr des Stadiums, in dem die Hauptverhandlung vermieden worden ist. Die Zusätzliche Gebühr entsteht immer in Höhe der Mittelgebühr (Anm. Abs. 3 zu Nr. 5115 VV).
I. |
Bußgeld unter 60,00 EUR |
1. |
Grundgebühr, Nr. 5100 VV |
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110,00 EUR |
2. |
Verfahrensgebühr, Nr. 5101 VV |
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71,50 EUR |
3. |
Zusätzliche Gebühr, Nrn. 5115, 5107 VV |
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71,50 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
273,00 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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51,87 EUR |
Gesamt |
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324,87 EUR |
II. |
Bußgeld zwischen 60,00 EUR und 5.000,00 EUR |
1. |
Grundgebühr, Nr. 5100 VV |
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110,00 EUR |
2. |
Verfahrensgebühr, Nr. 5103 VV |
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176,00 EUR |
3. |
Zusätzliche Gebühr, Nrn. 5115, 5109 VV |
|
176,00 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
482,00 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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91,58 EUR |
Gesamt |
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573,58 EUR |
III. |
Bußgeld über 5.000,00 EUR |
1. |
Grundgebühr, Nr. 5100 VV |
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110,00 EUR |
2. |
Verfahrensgebühr, Nr. 5105 VV |
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187,00 EUR |
3. |
Zusätzliche Gebühr, Nrn. 5115, 5111 VV |
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220,00 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
537,00 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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102,03 EUR |
Gesamt |
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639,03 EUR |
Rz. 54
Beispiel 13: Verfahren vor der Verwaltungsbehörde mit zusätzlicher Verfahrensgebühr wegen Einstellung durch die Staatsanwaltschaft
Der Anwalt wird als Verteidiger im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde tätig, die eine Einstellung ablehnt. Im Zwischenverfahren nach § 69 OWiG stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren aufgrund der vom Verteidiger abgegebenen Einlassung ein. Auszugehen ist von der Mittelgebühr.
Das Zwischenverfahren nach § 69 OWiG zählt gem. Vorbem. 5.1.2 Abs. 2 VV ebenfalls noch zum Verfahren vor der Verwaltungsbehörde. Dass das Verfahren nicht von der Verwaltungsbehörde, sondern von der Staatsanwaltschaft eingestellt wurde, ist unerheblich. Die weitere Tätigkeit im Zwischenverfahren kann allenfalls im Rahmen des § 14 Abs. 1 RVG zu höheren Gebühren führen. Abzurechnen ist daher wie im vorangegangenen Beispiel 12.
Rz. 55
Beispiel 14: Verfahren vor der Verwaltungsbehörde mit zusätzlicher Verfahrensgebühr wegen Einstellung, überdurchschnittliche Gebühren
Der Verteidiger gibt im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde eine umfassende Einlassung ab. Es ergeht ein Bußgeldbescheid, gegen den Einspruch eingelegt wird. Daraufhin wird nochmals eine Einlassung abgegeben und das Verfahren noch vor der Verwaltungsbehörde eingestellt. Die gesamte Tätigkeit war überdurchschnittlich, sodass eine um 30 % erhöhte Mittelg...