Rz. 16

Während die Grundgebühr sich stets nach demselben Gebührenrahmen bemisst und für die zusätzliche Verfahrensgebühr der Nr. 5116 VV ein fester Gebührensatz (1,0) nach dem Gegenstandswert vorgesehen ist, gelten für die Gebühren im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren je nach Höhe des Bußgelds unterschiedliche Gebührenrahmen.

 

Rz. 17

Insoweit sieht das Gesetz für die Tätigkeit vor der Verwaltungsbehörde und für die Tätigkeit im ersten Rechtszug drei verschiedene Gebührenrahmen vor. Je nach Höhe des Bußgeldes, hinsichtlich dessen der Anwalt verteidigt, entstehen unterschiedlich hohe Gebühren.

 

Rz. 18

Nach der bis zum 25.7.2015 geltenden ursprünglichen Gesetzesfassung wurde gestaffelt nach:

Bußgeldern unter 40,00 EUR (alte Punktegrenze),
Bußgeldern von 40,00 bis 5.000,00 EUR,
Bußgeldern über 5.000,00 EUR.

Diese vormalige Staffelung sei hier erwähnt, um ältere Gerichtsentscheidungen nachvollziehen zu können, die unter Berücksichtigung der neuen Staffelung nach wie vor Geltung haben.

 

Rz. 19

Da zum 1.5.2014 die "Punktegrenze" von 40,00 EUR auf 60,00 EUR angehoben worden war (§ 56 Abs. 1 OWiG), hat der Gesetzgeber zum 25.7.2015 auch das RVG dahingehend geändert, dass nunmehr folgende Staffelung gilt:

Bußgelder unter 60,00 EUR (neue Punktegrenze),
Bußgelder von 60,00 bis 5.000,00 EUR,
Bußgelder über 5.000,00 EUR.
 

Rz. 20

Da nur die Staffelung geändert worden ist, haben ältere Entscheidungen nach wie vor Bedeutung. Gegebenenfalls muss dann auf die neue Staffelung "umgerechnet" werden.

 

Rz. 21

Bei der Bestimmung des Gebührenrahmens ist Folgendes zu beachten:

Ist zum Zeitpunkt der Beauftragung des Verteidigers der Bußgeldbescheid bereits erlassen, so ist der festgesetzte Betrag maßgebend (Vorbem. 5.1 Abs. 2 S. 1 VV).

Ist ein Bußgeldbescheid noch nicht erlassen, was der Regelfall sein dürfte, dann richtet sich der Gebührenrahmen nach der Höhe des drohenden Bußgelds zum Zeitpunkt der Auftragserteilung.[4] Es kommt nicht darauf an, ob überhaupt ein Bußgeld verhängt wird, also ob die Sache zuvor eingestellt oder ob nur eine Verwarnung ausgesprochen wird.[5] Hinsichtlich der Berechnung des drohenden Bußgelds ist dabei wie folgt vorzugehen:

Sind in einer Rechtsverordnung Regelsätze vorgesehen, also insbesondere bei straßenverkehrsrechtlichen Ordnungswidrigkeiten, ist auf die Regelsätze abzustellen (Vorbem. 5.1 Abs. 2 S. 3 VV).
Ist dagegen ein Bußgeldrahmen vorgegeben, dann ist die mittlere Bußgeldandrohung ausschlaggebend (Vorbem. 5.1 Abs. 2 S. 2 VV).
 

Beispiel 2: Berechnung der maßgebenden Gebührenstufe bei Bußgeldrahmen

Der Anwalt wird im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde als Verteidiger tätig. Die vorgeworfene Tat ist mit einem Bußgeld von 10,00 bis 100,00 EUR bedroht.

Es gilt Vorbem. 5.1 Abs. 2 S. 2 VV. Das mittlere Bußgeld ist maßgebend, also

 
  (10,00 EUR + 100,00 EUR) : 2 = 55,00 EUR.
 

Rz. 22

Hat der Mandant mehrere Bußgeldtatbestände tateinheitlich verwirklicht, so ist auf den höchsten Bußgeldtatbestand abzustellen (§ 19 Abs. 2 OWiG).[6] Sind mehrere Bußgeldtatbestände in Tatmehrheit verwirklicht, so sind die einzelnen Geldbußen zu addieren (§ 20 OWiG).[7] Darauf, welches Bußgeld letztlich verhängt wird, kommt es nicht an.[8]

 

Beispiel 3: Berechnung der maßgebenden Gebührenstufe bei Tateinheit

Dem Betroffenen werden tateinheitlich drei Taten vorgeworfen, die jeweils mit einem Bußgeld in Höhe von 30,00 EUR bedroht sind.

Es gilt Vorbem. 5.1 Abs. 2 S. 3 VV. Maßgebend ist die Androhung von 30,00 EUR. Nach § 19 Abs. 2 OWiG darf kein höheres Bußgeld als 30,00 EUR verhängt werden. Es gelten also die Nrn. 5101, 5102 VV.

 

Rz. 23

 

Beispiel 4: Berechnung der maßgebenden Gebührenstufe bei Tatmehrheit

Dem Betroffenen werden tatmehrheitlich drei Taten vorgeworfen, die mit jeweils 30,00 EUR bedroht sind.

Es gilt Vorbem. 5.1 Abs. 2 S. 3 VV. Maßgebend ist die Androhung von 30,00 EUR; allerdings sind die einzelnen Bußgelder jetzt zu addieren, sodass sich ein Betrag in Höhe von 90,00 EUR ergibt (§ 20 OWiG). Einschlägig sind also die Nrn. 5103, 5104 VV und nicht etwa die Nrn. 5101, 5102 VV, weil es jeweils nur um 30,00 EUR geht.

 

Rz. 24

Im Rechtsbeschwerdeverfahren ist dagegen nur ein einziger Gebührenrahmen vorgesehen (Nrn. 5113, 5114 VV). Es wird dort nicht nach der Höhe des Bußgeldes unterschieden.

[4] AG Stuttgart AGS 2008, 547 = NJW-Spezial 2008, 731 = RVGreport 2008, 430.
[5] AG Stuttgart AGS 2008, 547 = NJW-Spezial 2008, 731 = RVGreport 2008, 430.
[6] AnwK-RVG/N. Schneider, Vorbem. 5.1 VV Rn 5; Burhoff/Volpert, Vorbem. 5.1 VV Rn 16.
[7] AnwK-RVG/N. Schneider, Vorbem. 5.1 VV Rn 5; Burhoff/Volpert, Vorbem. 5.1 VV Rn 16.
[8] AnwK-RVG/N. Schneider, Vorbem. 5.1 VV Rn 5; Burhoff/Volpert, Vorbem. 5.1 VV Rn 19 f.

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