Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 347
Die zwischen Sozialversicherungsträger und Haftpflichtversicherern in zahlreichen Fällen abgeschlossenen Teilungsabkommen sind Rahmenverträge, in denen sich die Vertragspartner (einerseits Haftpflichtversicherer, andererseits Sozialversicherungsträger, vor allem Unfallversicherungsträger und Krankenkassen) verpflichten, alle zukünftigen Schadensfälle, soweit sie die Voraussetzungen für die Anwendung der Teilungsabkommen erfüllen, hiernach abzuwickeln. Teilungsabkommen dienen vielfach dem Zweck, Arbeitsaufwand und damit verbundene Mehraufwendungen einzusparen, die bei einer Bearbeitung der Schadensfälle nach der Rechtslage entstehen würden. Auch soll das mit einer gerichtlichen Klärung zweifelhafter Regressansprüche verbundene Risiko vermieden werden. Der Haftpflichtversicherer verpflichtet sich deshalb, in allen Schadensfällen ohne Rücksicht auf das Bestehen einer Haftpflichtschuld seines Versicherungsnehmers eine in dem Abkommen festgelegte Quote der Aufwendungen des Sozialversicherungsträgers zu zahlen. Sie sind Verträge im Sinne des bürgerlichen Rechts, die regelmäßig zwischen Sozialversicherungsträger und der Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden (zu sog. Rahmen-Teilungsabkommen siehe aber Rdn 353).
Rz. 348
Teilungsabkommen werden mit Hinweis auf eine Kosten- und Arbeitsersparnis befürwortet. Dies mag richtig sein, solange das Teilungsabkommen zwischen den Beteiligten "funktioniert". Die Zahl von Rechtsstreitigkeiten, welche die Anwendung eines Teilungsabkommen zum Gegenstand haben, relativiert indessen diese Feststellung. Weil der Ersatzanspruch nach dem Teilungsabkommen grundsätzlich einer Quotelung unterworfen wird, stellt sich bei Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit des Teilungsabkommen oft die Frage, ob die Abwicklung nach Sach- und Rechtslage für die Beteiligten nicht günstiger sei. Das meist hierzu gebrauchte Argument lautet, dass nach dem "Gesetz der großen Zahl" der Ausgleich zwischen den Partnern herbeigeführt werde. Eine konkrete Überprüfung, etwa in Gestalt einer Vergleichsrechnung, ist bislang, soweit ersichtlich, indessen nicht erfolgt.
Rz. 349
Sozialversicherungsträger und Haftpflichtversicherer sind bei einem Teilungsabkommen die vertragschließenden Parteien. Der Haftpflichtversicherer übernimmt damit zum Zweck der Erfüllung der Verbindlichkeiten seines jeweiligen Versicherungsnehmers eine eigene Verpflichtung. Soweit gelegentlich behauptet wird, ein Teilungsabkommen könne vom Haftpflichtversicherer auch "namens und in Vollmacht" des Schädigers geschlossen werden, ist dies abzulehnen, weil die Vollmacht des Versicherers den Abschluss eines solchen Teilungsabkommen nicht decken würde. Allerdings besagt die Tatsache, dass ein Teilungsabkommen nur im Namen des Versicherers geschlossen wird und auch einen nur gegen diesen bestehenden eigenständigen Regulierungsanspruch des Sozialversicherungsträger schafft, nichts darüber, welche einzelnen Wirkungen dem Teilungsabkommen im Regulierungsgeschehen zukommen. Richtig ist, dass sich Teilungsabkommen nicht unmittelbar rechtlich auf das Haftungsverhältnis mit dem Schädiger auswirken.
Rz. 350
Inhaltlich ist wesentlicher Bestandteil, dass der Sozialversicherungsträger mit dem Teilungsabkommen auf die direkte Inanspruchnahme des Schädigers verzichtet (pactum de non petendo). Insoweit liegt im Teilungsabkommen auch ein Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB). Wird der Schädiger (Schuldner) unter Nichtachtung des Teilungsabkommens in Anspruch genommen (sei es allein, sei es als Gesamtschuldner nach §3 115 Abs. 1 S. 4, 116 VVG), so kann er einwenden, der Sozialversicherungsträger habe auf eine Inanspruchnahme des Schädigers mit Abschluss des Teilungsabkommens verzichtet. Findet das Teilungsabkommen Anwendung, ist der Sozialversicherungsträger auf die Ansprüche aus dem Teilungsabkommen unmittelbar gegen den Haftpflichtversicherer beschränkt. Inwieweit das Stillhalteabkommen zu beachten ist, hängt von den Vereinbarungen im Teilungsabkommen und deren Auslegung ab (z.B. Abwicklung nach Sach- und Rechtslage nach Überschreitung eines bestimmten Höchstbetrages).
Rz. 351
Mit dem Teilungsabkommen wird dem Sozialversicherungsträger ein vertraglicher Erfüllungsanspruch (anstelle des Haftpflichtanspruchs) gegen den Haftpflichtversicherer gegeben. Auf vertraglicher Grundlage wird damit die unmittelbare Aktivlegitimation des Sozialversicherungsträgers zu einer Klage gegen den Haftpflichtversicherer erreicht, und dies nicht nur im Rahmen der Kraftfahrzeug-Versicherung (§ 115 VVG), sondern auch für den Bereich der Allgemeinen Haftpflichtversicherung, bei der der Haftpflichtversicherung außerhalb des Teilungsabkommens im Verhältnis zum Sozialversicherungsträger nur Drittschuldner ist. Um hier den Haftpflichtversicherer direkt in Anspruch nehmen zu können, muss der Sozialversicherungsträger ein Urteil gegen den Schädiger erwirken und dann einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragen, durch den ihm der Versicherungsanspr...