Dr. Michael Bühler, Dr. Nicholas Kessler
Rz. 29
Im Prinzip gilt für internationale Schiedsvereinbarungen das Gleiche wie für nationale. Grundlegend unterscheiden sie sich aber in der Frage nach dem anwendbaren Recht, die sich wie bei allen Verträgen mit Auslandsbezug stellt. Wegen der Vielzahl von möglichen Konstellationen können hier nur einige sehr allgemeine Hinweise gegeben werden.
Zunächst muss unterschieden werden zwischen dem Recht, das auf den Hauptvertrag anwendbar ist (Statut des Hauptvertrages), dem Statut der Schiedsvereinbarung, dem Formstatut, dem Geschäftsfähigkeitsstatut sowie dem Statut des Schiedsverfahrens, das regelmäßig durch das Recht am Sitz des Schiedsgerichts bestimmt wird (lex fori), soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Alle diese Statute können, je nach den Umständen des Einzelfalles, verschiedenen Rechtsordnungen unterliegen.
Rz. 30
Nach der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 (Rom I-VO), die das deutsche IPR im Bereich des Vertragsrechts vollständig ersetzt hat, können die Parteien das auf den Hauptvertrag anwendbare Recht wählen, Art. 3 Rom I-VO. Eine solche Rechtswahl sollte unbedingt erfolgen. Der Ausschluss des Kollisionsrechts in der Rechtswahlklausel, den man immer wieder in Vertragstexten angelsächsischen Ursprungs sieht, ist dabei für den Fall von Schiedsverfahren mit Sitz in Deutschland nicht notwendig, weil mangels abweichender Vereinbarung die Rechtswahl automatisch als Verweis auf das Sachrecht eines Staates gilt, nicht auf dessen Kollisionsrecht (§ 1051 Abs. 1 S. 2 ZPO; vgl. auch Art. 20 Rom I-VO). Das Schiedsgericht muss die Rechtswahl der Parteien zwingend beachten. Fehlt eine Rechtswahl, wird jedenfalls ein Schiedsgericht mit Sitz in Deutschland das Recht des Staates anwenden, das mit dem Gegenstand des Rechtsstreites die engste Verbindung aufweist, § 1051 Abs. 2 ZPO.
Rz. 31
Eine Rechtswahl ist auch für die Schiedsvereinbarung selbst zulässig, in der Praxis allerdings selten ausdrücklich vereinbart. Das für den Hauptvertrag vereinbarte Recht muss nicht automatisch auch für die Schiedsvereinbarung gelten, selbst wenn beide in einer Urkunde enthalten sind. Haben die Parteien in der Schiedsvereinbarung einen Schiedsort im Ausland vereinbart, so spricht mehr dafür, dass das Recht am Ort des Schiedsverfahrens gelten soll. Die Tendenz geht dahin, die Schiedsvereinbarung und das Schiedsverfahren nach demselben Recht zu beurteilen, weil dies im Zweifel die größte Kohärenz gewährleistet. Für die Ermittlung des anwendbaren Rechts sind alle Umstände des Falles heranzuziehen. Nach dem Statut der Schiedsvereinbarung beurteilen sich üblicherweise Zustandekommen, Wirksamkeit, Auslegung und Erfüllung der Schiedsvereinbarung (vgl. Art. 10, 12 Rom I-VO).
Rz. 32
In internationalen Schiedsverfahren gibt es immer wieder Versuche, die von zwei Parteien geschlossene Schiedsvereinbarung auf Dritte, namentlich Konzerngesellschaften oder Gesellschafter, zu erstrecken, und zwar nicht nur wenn Strohmanngesellschaften im Spiel sind. Um dies so weit wie möglich auszuschließen, kann es bei bestimmten Verträgen ratsam sein, eine entsprechende klarstellende Klausel in die Schiedsvereinbarung aufzunehmen.
Im internationalen Rechtsverkehr empfiehlt es sich schon aus Beweisgründen, den Schiedsvertrag schriftlich zu vereinbaren. Die Schriftform ist zugleich häufig Voraussetzung für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche.
Sehr zu empfehlen ist eine Vereinbarung über den Ort des Schiedsverfahrens. Fast alle modernen Schiedsgesetze gehen von der "Sitztheorie" aus, so auch § 1025 Abs. 1 ZPO. Zwar handelt es sich beim Schiedsort bzw. Sitz des Schiedsgerichts nur um ein formales Legaldomizil, weil weder die Parteien noch die Schiedsrichter und auch nicht das Schiedsverfahren irgendeinen sachlichen Bezug zum Land des Schiedsortes haben müssen. Gleichwohl entscheidet der "Ort des Schiedsverfahrens" darüber, welcher "ordre public" und welche zwingenden nationalen Vorschriften auf das Schiedsverfahren anzuwenden sind, welches Prozessrecht subsidiär anzuwenden und welches staatliche Gericht vor, während und nach dem Schiedsverfahren für damit zusammenhängende Fragen (z.B. Ablehnung eines Schiedsrichters, Aufhebung eines Schiedsspruchs) zuständig ist.
Einige wenige Rechtsordnungen erlauben es außerdem (unter bestimmten Voraussetzungen), die sogenannte Aufhebungsklage in der Schiedsvereinbarung auszuschließen. Davon sollte man aber nur nach eingehender Prüfung des Einzelfalles Gebrauch machen. Andere Rechtsordnungen erlauben eine (sonst unübliche) begrenzte Überprüfung der Sachentscheidung (révision au fond), wenn die Parteien nichts anderes vereinbaren. All diese Besonderheiten sind bei der Festlegung des Schiedsortes zu berücksichtigen.
Rz. 33
Auch die für das Schiedsverfahren geltende Sprache sollte zweckmäßiger Weise in der Schiedsvereinbarung vereinbart werden. Nur allzu oft wird die Verfahrenssprache bei Beginn des Schiedsverfahrens andernfalls zum Zankapfel. Von der Vereinbarung von zwei Verfahrens...