Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 17
Die Bindung der ordentlichen Gerichte bezieht sich auf die Frage, ob ein Versicherungsfall vorliegt. Das Gleiche gilt hinsichtlich des Vorliegens eines Dienstunfalls.
Rz. 18
Versicherungsfälle im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung sind ausweislich des § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.
Rz. 19
Nehmen die Versicherungsbehörden einen Arbeitsunfall an, tritt zugunsten des Betriebsunternehmers ohne Weiteres der Ausschluss der Haftung gemäß § 104 SGB VII ein. Verneint dagegen die Versicherungsbehörde das Vorliegen eines Arbeitsunfalls, scheidet § 104 SGB VII aus. Erhebt in diesem Fall der Verletzte eine Schadensersatzklage gegen seinen Betriebsunternehmer, hat das Zivilgericht den Unfallhergang zu prüfen und über den Anspruch ebenso zu entscheiden, als wenn ein beliebiger Dritter gegen den Unternehmer Klage erhoben hätte. Selbst wenn sich dabei ein Tatbestand ergibt, welcher das Vorliegen eines Arbeitsunfalls im Sinne des § 8 SGB VII rechtfertigen würde, darf das ordentliche Gericht nicht von sich aus in Abweichung von dem Bescheid des Versicherungsträgers § 104 SGB VII zugrunde legen. Vielmehr bleibt hier die Entscheidung der Versicherungsbehörde maßgebend.
Rz. 20
Bejaht ein Unfallversicherungsträger seine Einstandspflicht aus § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII, so verneint er damit zugleich eine Zuordnung der Unfallverletzung zu einer nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 SGB VII versicherten Tätigkeit. An diese Entscheidung des Unfallversicherungsträgers ist der Zivilrichter nach § 108 SGB VII gebunden. Nichts anderes gilt, falls der UVT die Versicherung des Unfalls nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII angenommen hat und die Entscheidung darüber bindend geworden ist. An diese Feststellung ist der Zivilrichter nach § 108 SGB VII gebunden. Der Haftungsfall darf keinem weiteren Unternehmer nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII zugeordnet werden.
Rz. 21
Lässt die Versicherungsbehörde offen, ob ein Arbeitsunfall vorliegt, und lehnt Ansprüche des Verletzten deshalb ab, weil ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Krankheit und dem Unfall nicht besteht, so kann die Frage des Arbeitsunfalls in dem Verfahren vor den Versicherungsbehörden nicht mehr zur Entscheidung gelangen. Infolgedessen ist der Zivilrichter nicht an die Entscheidung gebunden. Er hat vielmehr selbst zu prüfen, ob ein Arbeitsunfall vorliegt, und muss nach dem Ergebnis dieser Prüfung über die Anwendbarkeit des § 104 SGB VII entscheiden. Diese Vorschrift bezieht sich ihrem Wortlaut nach ausdrücklich auch auf diejenigen Fälle, in denen der Verletzte keinen Anspruch auf Rente hat, ohne dass es darauf ankommt, aus welchem Grund die Rente seitens des Versicherungsträgers versagt worden ist.